Rz. 113

Die Finanzverwaltung hat zu den hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Abbruchkosten und des Restbuchwertes unter Angabe der BFH-Rechtsprechung eine Aufteilung auf die zu unterscheidenden Fälle, wann sofort abziehbare Betriebsausgaben, Herstellungskosten bei neu errichteten Gebäuden oder Anschaffungskosten des Grund und Bodens vorliegen, vorgenommen (H 6.4 EStH (Abbruchkosten)).

 

Rz. 114

Wird das in Abbruchabsicht erworbene Gebäude beseitigt, ohne dass an seiner Stelle ein neues Gebäude oder sonstiges Wirtschaftsgut errichtet oder hergestellt wird, so bestand das alleinige Ziel des Erwerbs des Grundstücks in dem Erwerb des Grund und Bodens.[1] Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Gebäude objektiv noch einen Wert hatte und ob der Steuerpflichtige für den Erwerb des Gebäudes einen Kaufpreisanteil aufwenden musste.[2] Jedenfalls hat der Steuerpflichtige wirtschaftlich auch einen Kaufpreisanteil für das Gebäude zum Zwecke des Erwerbs des Grund und Bodens aufgewendet. Denn das Gebäude selbst stellt für ihn subjektiv keinen Wert dar. Dies rechtfertigt es, den dem Veräußerer vergüteten Wert des erworbenen und dann abgebrochenen Gebäudes beim Erwerber dem Wert des Grund und Bodens hinzuzurechnen. Wird das Gebäude nicht unmittelbar nach dem Erwerb abgebrochen, liegen nachträglich anfallende Anschaffungskosten für den Grund und Boden vor.

 

Rz. 115

Indizien für eine Abbruchabsicht sind entsprechende Vertragsklauseln, eine unterlassene Gebäudenutzung und insbesondere der Abbruch innerhalb von 3 Jahren nach Erwerb. Ein (Teil-)Abbruch des Gebäudes innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Abbruchabsicht.[3] Der für eine Abbruchabsicht sprechende Beweis des ersten Anscheins kann der Steuerpflichtige durch einen Gegenbeweis entkräften, insbesondere derart, dass es zu dem Abbruch erst aufgrund eines ungewöhnlichen, nicht typischen Geschehensablaufs gekommen ist.[4] Nicht erforderlich ist der Vollbeweis des Gegenteils.[5]

 

Rz. 116

Damit ist nicht ausgeschlossen, dass in besonders gelagerten Fällen, z. B. bei großen Arrondierungskäufen, auch bei einem Zeitraum von mehr als 3 Jahren zwischen Erwerb und Beginn des Abbruchs der Beweis des ersten Anscheins für einen Erwerb in Abbruchabsicht spricht.[6]

 

Rz. 117

Für den Beginn der 3-Jahresfrist ist in der Regel der Abschluss des obligatorischen Rechtsgeschäfts maßgebend.[7] Auf den Zeitpunkt der Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch kommt es nicht an.[8]

 

Rz. 118

Die Entscheidung der Frage, ob im Einzelfall der Beweis des ersten Anscheins als entkräftet angesehen werden kann, ist dem Bereich der Beweiswürdigung und nicht dem Verfahrensrecht zuzuordnen.[9] In der Würdigung, ob es im Einzelfall dem Steuerpflichtigen gelungen ist, die Vermutung einer Abbruchabsicht zu widerlegen, hat das FG als Tatsacheninstanz die gesamten Umstände des Streitfalls einzubeziehen.[10]

 

Rz. 119

Für die Entkräftung des Beweises des ersten Anscheins, dass ein Gebäude in Abbruchabsicht erworben wurde, ist nicht der Beweis des Gegenteils, sondern nur der Gegenbeweis erforderlich und ausreichend. Entkräftet der Steuerpflichtige den Beweis des ersten Anscheins, so trifft das Finanzamt (wieder) die objektive Beweislast, dass das Gebäude in Abbruchabsicht erworben wurde. Erwerb in Abbruchabsicht setzt die Absicht voraus, das Gebäude in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb abzubrechen.[11]

 

Rz. 120

Die Erfassung des Wertes des abgebrochenen Gebäudes und der Abbruchkosten in obigen Fällen bei den Anschaffungskosten des Grund und Bodens entspricht dem einkommensteuerrechtlichen Anschaffungskostenbegriff.[12]

 

Rz. 121

War das Gebäude im Zeitpunkt des Erwerbs nicht nur für den Erwerber, sondern objektiv wertlos, entfallen die gesamten Anschaffungskosten auf den Grund und Boden, und zwar auch, wenn der Kaufpreis von den Vertragsparteien auf den Grund und Boden einerseits und auf das – wertlose – Gebäude andererseits aufgeteilt worden ist.[13] Die Aktivierung eines Teils des Anschaffungspreises beim Gebäude und die Abschreibung des Restbuchwerts bei Abbruch des Gebäudes sind in diesem Fall nicht zulässig. Wird auf dem Grundstück später ein Gebäude errichtet, kann der – formell – für das Gebäude gezahlte Preis nicht zu den Herstellungskosten des neuen Gebäudes gerechnet werden.[14]

 

Rz. 122

Wird die im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs vorhandene Neubauabsicht später aufgegeben, das Gebäude aber gleichwohl abgebrochen, dürfen der Gebäude-Restbuchwert und die Abbruchkosten gewinnmindernd ausgebucht werden.[15] Der Erwerber muss aber dann dem Finanzamt nachweisen, dass er im Zeitpunkt des Erwerbs einen Neubau geplant hatte, davon später aber Abstand genommen hat, z. B. weil ihm keine Baugenehmigung erteilt wurde.[16] Wichtig ist also die Neubauabsicht im Zeitpunkt des Erwerbs. Wurde der Entschluss zum Neubau erst nach dem Erwerb gefasst, dann aber wieder fallengelassen, sind Restbuchwert und die Abbruchkosten als Anschaffungskosten des Grund und Bodens zu...

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