Leitsatz

Der Geschäftsführer einer GmbH haftet, wenn er trotz Kenntnis von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft die vollen Löhne auszahlt, auch wenn die Lohnsteueranmeldung unter Umständen falsch war.

 

Sachverhalt

Der Kläger war Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Diese stellte im April 2004 ihren Geschäftsbetrieb ein, bereits im Februar 2003 waren Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Gesellschaft in die Wege geleitet worden. Die GmbH meldete die Lohnsteuer beim Finanzamt in voller Höhe an. In 2006 nahm das Finanzamt den Kläger als Haftenden für die Lohnsteuer nach § 69 AO i. V. m. § 34 AO in Anspruch. Dem trat der Kläger unter anderem mit der Begründung entgegen, die angemeldete Lohnsteuer sei zu hoch gewesen. In einigen Monaten sei gar kein Lohn ausgezahlt worden.

 

Entscheidung

Die Klage hatte im Wesentlichen keinen Erfolg. Der Kläger habe unstreitig seine steuerlichen Pflichten dadurch verletzt, dass er ungekürzte Löhne ausgezahlt habe, obwohl ihm die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GmbH bekannt gewesen seien. Auf die Tatsache, dass im Rahmen eines Insolvenzverfahrens unter Umständen eine Anfechtung in Betracht komme, könne er sich nicht berufen. Auch der Einwand, die Lohnsteueranmeldungen seien falsch gewesen, dringe nicht durch. Gemäß § 166 AO müsse sich der Kläger diesbezüglich das Verhalten der GmbH zurechnen lassen, da er selber in der Lage gewesen wäre, gegen die Lohnsteueranmeldungen Einspruch einzulegen. Dabei sei im Rahmen des § 166 AO auf die Anfechtbarkeit und nicht auf die Änderbarkeit der Steuerfestsetzung abzustellen.

 

Hinweis

Bezüglich der Ausführungen zur Haftung des GmbH-Geschäftsführers für nicht abgeführte Lohnsteuer liegt die Entscheidung auf der Linie der gefestigten Rechtsprechung des BFH (vgl. hierzu Schwarz, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 69 AO Rz. 16 m. w. N.). Von besonderem Interesse sind indes die Ausführungen zur Frage, inwieweit sich der Kläger zurechnen lassen muss, dass die Lohnsteueranmeldungen falsch gewesen sind. Nach Ansicht des Gerichts, die ausführlich begründet wird, ist dem haftenden GmbH-Geschäftsführer der Einwand der falschen Lohnsteuer-Anmeldung abgeschnitten, da er selber gegen die Lohnsteuer-Anmeldung hätte Einspruch eingelegen können. Dabei ist nach Ansicht des Finanzgerichts auf die Anfechtbarkeit der abzustellen und nicht, wie der BFH in einer Entscheidung aus 2001 (Beschluss v. 28.3.2001, Az. VIII B 213/00, BFH/NV 2001, 1217) ausführt, auf die Änderbarkeit. Dieser Ansicht scheint nunmehr auch der BFH zuzuneigen (BFH, Urt. v. BFH Urteil vom 22.04.2015, Az. XI R 43/11, BFH/NV 2015, 1131). Er steht damit nunmehr auf der Seite der ganz h. M. in der Literatur (vgl. nur Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 166 AO Rz. 5). Gleichwohl hat das Finanzgericht die Revision zum BFH zugelassen, so dass die Entscheidung vorerst nicht bestandkräftig ist.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.09.2015, 9 K 9271/10

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