Rz. 41

Weitere Voraussetzung für die nachträgliche Besteuerung ist, dass in Bezug auf die Wirtschaftsgüter oder die Anteile im Zeitpunkt der Übertragung oder Überführung keine Besteuerung der stillen Reserven stattgefunden hat, wie sie nach § 4 Abs. 1 S. 3 und 4 EStG für den Fall vorgesehen ist, dass das deutsche Besteuerungsrecht eingeschränkt oder ausgeschlossen ist.[1] Keine Besteuerung stiller Reserven findet z. B. statt, wenn die Übertragung oder Überführung der Wirtschaftsgüter oder Anteile auf die Personengesellschaft zum Buchwert (z. B. nach § 6 Abs. 5 EStG) oder zum Zwischenwert bzw. zu den Anschaffungskosten erfolgte.

 

Rz. 42

§ 50i EStG setzt in sachlicher Hinsicht einen steuerneutralen Vermögenstransfer (Übertragung bzw. Überführung ohne Aufdeckung stiller Reserven) von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens bzw. Anteilen i. S. d. § 17 EStG in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 EStG voraus. Die Besteuerung kann hierbei sowohl aus rechtlichen als auch tatsächlichen Gründen unterblieben sein[2]; der Gesetzeswortlaut ist insoweit offen.

 

Rz. 43

Die Übertragung von Wirtschaftsgütern oder Anteilen i. S. d. § 17 EStG vor dem Stichtag 29.6.2013 setzt einen Veräußerungsvorgang voraus. Der Begriff der Veräußerung umfasst sowohl das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft als auch das dingliche Erfüllungsgeschäft.[3] Ob die Übertragung entgeltlich (Verkauf oder Tausch z. B. gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten) oder unentgeltlich war, ist anders als nach § 6 Abs. 5 EStG unerheblich, solange eine Versteuerung der stillen Reserven unterblieben ist.

 

Rz. 44

Ausreichend ist daneben auch eine Überführung. Damit werden Sachverhalte erfasst, durch die ein Wirtschaftsgut oder Anteile Betriebsvermögen einer Personengesellschaft werden, ohne dass ein Rechtsträgerwechsel stattgefunden hat.[4]

 

Rz. 45

Hat der Stpfl. z. B. ein Wirtschaftsgut an die Personengesellschaft vermietet (= Sonderbetriebsvermögen) oder steuerneutral[5] verdeckt eingelegt[6], kann § 50i EStG ebenfalls zur Anwendung kommen. Fraglich ist, ob auch die fiktive Einlage gem. § 4 Abs. 1 S. 8 Halbs. 2 EStG eine Überführung i. S. d. § 50i S. 1 EStG darstellt.[7]

 

Rz. 46

Entstehen die Wirtschaftsgüter hingegen originär im Betriebsvermögen der Personengesellschaft, liegt keine Übertragung oder Überführung vor und § 50i EStG ist nicht anzuwenden.[8]

 
Praxis-Beispiel

Abgrenzung zu Übertragung/Überführung von Wirtschaftsgütern

Die ABC-GmbH & Co. KG ist originär gewerblich tätig. Sie bringt vor dem Stichtag 29.6.2013 ihren Betrieb in eine GmbH gegen Gewährung von 100 % der Gesellschaftsrechte an der Y-GmbH ein. In der Folge ist die ABC-GmbH & Co. KG als 100 %ige Anteilseignerin der Y-GmbH (nur noch) fiktiv gewerblich tätig i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Nach dem Stichtag ziehen die Gesellschafter A, B und C ins DBA-Ausland.

Es liegt zumindest kein direkter Anwendungsfall des § 50i Abs. 1 S. 1 EStG vor. Zunächst sind die Anteile an der Kapitalgesellschaft erst mit der Einbringung des Betriebs der ABC-GmbH & Co. KG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (= Kapitalerhöhung i. S. d. § 20 UmwStG) entstanden; es fehlt mithin an einem Übertragungs- oder Überführungstatbestand i. S. d. § 50i Abs. 1 S. 1 EStG. Weiterhin sind die gewährten Anteilen zuvor weder Anteile i. S. d. § 17 EStG (Privatvermögen) gewesen noch Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens. Zu beachten ist jedoch § 50i Abs. 1 S. 2 EStG, der ausdrücklich die Einbringungsfälle im Kontext des § 20 UmwStG regelt.

 

Rz. 47

Der Erwerb von Wirtschaftsgütern oder Anteilen von Dritten durch die Personengesellschaft selbst oder eine stpfl., gewinnrealisierende Übertragung durch deren (inländische) Gesellschafter vor dem 29.6.2013 werden von § 50i EStG nicht erfasst, auch wenn sich seither neue stille Reserven gebildet haben sollten.[9] Eine eventuelle Wegzugsbesteuerung richtet sich in diesen Fällen nach den gleichen Vorschriften (§ 4 Abs. 1 S. 3 EStG), wie sie für jene Fälle gelten, in denen Anteile i. S. d. § 17 EStG vor einem Wegzug, jedoch erst ab dem 29.6.2013 auf eine Personengesellschaft i. S. von § 15 Abs. 3 EStG übertragen werden (und dadurch dem Anwendungsbereich des § 6 AStG entzogen wurden).[10]

 

Rz. 48

Kein Übertragungsakt i. S. d. § 50i EStG lag bisher hingegen bei Mitunternehmeranteilen vor, die steuerneutral nach § 6 Abs. 3 EStG oder gem. §§ 20ff. UmwStG eingebracht werden. Hier werden keine "Wirtschaftsgüter" bzw. "Anteile i. S. d. § 17 EStG" in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft übertragen.[11] Zu beachten ist nach der Neuregelung durch das KroatienAnpG nunmehr § 50i Abs. 1 S. 2 EStG, der ausdrücklich die Einbringungsfälle im Kontext des § 20 UmwStG regelt. Im Übrigen wird an dieser Stelle auf die Ausführungen zu § 50i Abs. 1 S. 2 EStG verwiesen.

 

Rz. 49

§ 50i Abs. 1 S. 1 EStG unterscheidet zwischen Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens und Anteilen i. S. d. § 17 EStG, die stets dem Privatvermögen einer natürlichen Person zuzurechnen sind. In anderen Fällen, insb...

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