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Der Tatbestand der Vorschrift setzt voraus, dass der Gläubiger der Kapitalerträge oder der Vergütungen nach § 50a EStG eine Person ist, der die Kapitalerträge oder Vergütungen nach deutschem Recht oder dem Recht des anderen Vertragsstaats nicht zugerechnet werden. Es muss also eine Situation vorliegen, nach der die dem Steuerabzug unterliegenden Einkünfte nicht dem Gläubiger steuerlich zugerechnet werden, sondern einer anderen Person, dem "Zurechnungssubjekt". Der Begriff des "Gläubigers" ist dabei zivilrechtlich zu verstehen; Gläubiger ist also derjenige, dem zivilrechtlich der Erstattungsanspruch zusteht.[1] Zivilrechtliche Gläubigerstellung und Stellung als steuerliches Zurechnungssubjekt müssen also auseinanderfallen. Dies kann auf deutschem Recht oder dem Recht des anderen Vertragsstaats beruhen.

Unklar ist dabei die Bedeutung des Wortes "oder". Dies kann so verstanden werden, dass zwischen Quellenstaat (Deutschland) und Ansässigkeitsstaat des Gläubigers ein Qualifikationskonflikt hinsichtlich der Zurechnung der Erträge oder Vergütungen bestehen muss. Die Vorschrift wäre dann nicht anwendbar, wenn der Zahlungsempfänger sowohl nach deutschem Recht als auch nach dem Recht des Ansässigkeitsstaats entweder als transparent oder als intransparent beurteilt würde.[2] Das Wort "oder" hat aber eine solche ausschließliche Bedeutung nicht. Vielmehr besagt es nur, dass es für die Anwendung der Vorschrift genügt, wenn die Stellung als Gläubiger und als Zurechnungssubjekt nach einem der Rechte der beteiligten Staaten auseinanderfallen, schließt aber nicht aus, dass dies auch nach dem Recht beider Staaten der Fall sein kann.[3] Die Vorschrift ist daher anwendbar, wenn die Einkünfte steuerlich einer anderen Person zugerechnet werden als dem Gläubiger, unabhängig davon, ob dies nach dem Recht des Quellenstaats, des Ansässigkeitsstaats oder beider der Fall ist.

[1] Zuber/Ditsch, in Littmann/Bitz/Pust, EStG, zu § 50d EStG Rz. 70; Hagena/Klein, ISR 2013, 267f.; Kempelmann, in Hefte zur internationalen Besteuerung, IIFS, Universität Hamburg, Heft 203, 2016, 19.
[2] So Viebrock/Loose/Oskamp, Ubg 2013, 485, 490.
[3] So wird auch bei § 50d Abs. 3 EStG nicht vertreten, dass die Entlastung nur ausgeschlossen ist, wenn der Tatbestand nur einer der Funktionsvoraussetzungen nicht erfüllt ist, nicht aber, wenn beide nicht erfüllt sind, obwohl sie durch das Wort "oder" verbunden sind.

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