Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrten der Kinder zur Schule als Werbungskosten, bzw. außergewöhnliche Belastungen

 

Leitsatz (amtlich)

Fahrtaufwendungen eines Försters mit Dienst- und Wohnsitz im Forsthaus für die Beförderung seiner Kinder zur Schule sind - auch, wenn öffentliche Verkehrsmittel nicht zur Verfügung stehen - weder als Werbungskosten, noch als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig. Die Aufwendungen für die Beförderung der Kinder zur Schule sind mit dem Kindergeld, bzw. Kinderfreibetrag abgegolten.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 S. 1 Nr. 1, § 33 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig sind die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit der für die Fahrten der Kinder zur Schule entstandenen Aufwendungen sowie der Nachweis der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer.

Die gemäß §§ 26,26 b EStG veranlagten Kläger haben zwei am 24. August 1994 und 27. September 1997 geborene schulpflichtige Kinder. Der Kläger erzielt aus seiner Tätigkeit als Förster Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Von seinem Dienstsitz als Revierförster und dem Wohnsitz der Familie im Forsthaus T werden die Kinder täglich mit dem Auto mangels Anbindung an das öffentliche Nahverkehrsnetz zu ihren Schulen in L gebracht (einfache Entfernung 28 km, vier Fahrten täglich, 130 Tage im Streitjahr).

In ihrer Einkommensteuererklärung 2007 machten die Kläger unter anderem Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 403 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers geltend. Der Betrag errechnete sich unter Berücksichtigung eines vom Arbeitgeber geleisteten Ersatzes für die Aufwendungen in Höhe von 797,64 € und einem ohne Nachweise in pauschalierter Höhe angesetzten Aufwandes von 1250 € (rechnerisch richtig wäre daher 453 € gewesen). Ferner beantragten die Kläger, für die Fahrten zur Schule einen Betrag von 1560 € (für 130 Tage x 4 Fahrten x 10 km x 0,30 €/Kilometer) als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Dabei berücksichtigten die Kläger die Entfernung bis zur von ihrem Wohnsitz aus nächstgelegenen Bushaltestelle in E.

Im Einkommensteuerbescheid 2007 vom 22. Oktober 2009 versagte der Beklagte den Werbungskostenabzug für die Aufwendungen des häuslichen Arbeitszimmers, weil es nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers bilde. Die Aufwendungen für die Fahrten zur Schule sah der Beklagte durch das gezahlte Kindergeld als abgegolten an. Über die Kindergeldbeträge hinausgehende Kosten seien Kosten der privaten Lebensführung gemäß § 12 EStG.

Der Einkommensteuerbescheid erging hinsichtlich verschiedener Punkte vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 AO, auch wegen der Anwendung der neuen Regeln zur Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nummer 6 b EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007).

Mit ihrem Einspruch hiergegen trugen die Kläger vor, das Bundesministerium der Finanzen habe die Finanzämter angewiesen, Aufwendungen für ein Arbeitszimmer vorläufig wieder zu berücksichtigen. Der Kläger nutze sein Büro für mehr als 50 % der gesamten betrieblichen Tätigkeit, ihm stehe für diese Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung.

Wegen der Kosten für die Beförderung der Kinder seien die Voraussetzungen für die Anerkennung als außergewöhnliche Belastungen nach dem Gesetz erfüllt. Außergewöhnlich sei im Streitfall der aufgrund der Stellenvergabe begründete Wohnsitz. Es gebe nicht mehr viele Menschen mit (Zwangs-) Wohnsitz ohne Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz. Zwangsläufig sei dies wegen der Schulpflicht. Als notwendig und angemessen seien die bis zur Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz entstandenen Kosten anzusehen. Obwohl dadurch die Dauer der Fahrt von T zur Schule täglich unzumutbar über 3,5 h dauern würde, würden die Fahrten direkt bis zur Schule nicht in Ansatz gebracht. Das Kindergeld diene nicht der Finanzierung der Schulfahrten und würde überdies nicht ausreichen. Es werde nunmehr beantragt, die Kosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen. Werde eine bestimmte Wohnsitznahme zur Voraussetzung für die Erzielung von Einkünften, könne man Fahrten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nun ihrerseits als Werbungskosten betrachten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2010 wurde bezüglich der im Klageverfahren noch streitigen Punkte Arbeitszimmer und Schulfahrten der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung trug der Beklagte vor, der Kläger sei im Revierdienst tätig. Das Berufsbild eines Revierförsters sei geprägt durch die außendienstliche Arbeit (forstwirtschaftliche Nutzung des Waldes, Leitung der Arbeiten im Revier, Jagd und Jagdaufsicht). Trotz des erforderlichen und zeitaufwändigen Innendienstes liege der qualitative Tätigkeitsschwerpunkt außerhalb des Arbeitszimmers. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 2 EStG lägen daher nicht vor. Im Veranlagungszeitraum 2007 sei aufgrund der gesetzlichen Neuregelung des Steuerän...

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