Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld für das Kind

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.03.2000; Aktenzeichen VI R 61/99)

 

Tenor

1. Die Bescheide vom 18.02.1998 über den Widerruf der Kindergeldbewilligung ab Januar 1997 und die Rückforderung ausbezahlten Kindergelds sowie die Einspruchsentscheidung vom 01.04.1998 werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Vater von H. (geb. … 1976, verheiratet seit 08.08.1997). Henrike (im folgenden: H) studiert an der … Universität …, ihr Ehemann ist berufstätig. Er bezog im Monat August 1997 Nettoeinkünfte in Höhe von 2.511,05 DM, in den Monaten September bis Dezember in Höhe von 15.124,13 DM. H bezog außerdem im Streitjahr Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 8.600 DM, die i.H.v. 5.316 DM am 01.08.1997 (Investmentfonds), im übrigen zum 31.12.1997 gutgeschrieben wurden. Mit Bescheid vom 18.02.1998 hob der Beklagte die ursprünglich bestehende Kindergeldfestsetzung für H ab Januar 1997 auf und forderte gemäß § 37 Abs. 2 AO das ausbezahlte Kindergeld in Höhe von 1.540 DM zurück. Mit weiterem Bescheid vom gleichen Tag setzte die Beklagte ab Januar 1998 das Kindergeld auf 0 DM fest. Gegen beide Bescheide legte der Kläger am 25.02.1998 Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 01.04.1998 wies die Beklagte den Einspruch „gegen den Bescheid … vom 18.02.1998, … wegen der Korrektur der Kindergeldfestsetzung… für die Zeit ab Januar 1997 auf 0 DM und der damit verbundenen Erstattungspflicht in Höhe von 1.540 DM” als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger am 09.04.1998 Klage erhoben und im wesentlichen vorgetragen:

Ihm stehe zumindest für Januar bis August 1997 Kindergeld zu. In dieser Zeit habe H die anteilige Einkunftsgrenze des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG von 8.000 DM nicht überschritten, wenn man ihre Jahreseinkünfte aus Kapitalvermögen zwölftele. Zudem sei er seiner Tochter gegenüber für Januar bis August unterhaltsverpflichtet gewesen, diese Unterhaltsverpflichtung sei durch die Heirat nicht rückwirkend weggefallen. Der Kindergeldanspruch ergebe sich auch aus dem Umstand, daß ein Studierender ohne eigenes Einkommen weiterhin kostenfrei als Familienversicherter in der GKV versichert sei, selbst wenn er verheiratet sei.

Der Kläger hat ergänzend mitgeteilt, daß H ab August 1997 monatlich 600 DM in bar aus ihrem Fondsvermögen entnommen hat.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei unbegründet.

Maßgebend für die Kindergeldberechtigung seien die von H während des gesamten Kalenderjahres bezogenen Einkünfte und Bezüge; denn H habe während des gesamten Kalenderjahres studiert. Diese Einkünfte und Bezüge überstiegen den Grenzbetrag von 12.000 DM, bis zu dem Kindergeldanspruch bestehe. Dies zeige folgende Berechnung:

Einkünfte von H aus Kapitalerträgen:

8.600 DM

Bezüge aus Unterhaltsleistungen des Ehegatten:

8.493 DM

Gesamtsumme:

17.093 DM

./. Kostenpauschale für Bezüge:

360 DM

./. Werbungskostenpauschale Kapitalerträge:

200 DM

zu berücksichtigendes Einkommen:

16.533 DM.

Die Unterhaltsleistungen des Ehegatten seien dabei aus der Hälfte der von ihm seit der Hochzeit bezogenen Einkünfte errechnet; die Einnahmen aus dem Monat August seien anteilig mit 1.863 DM berücksichtigt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Dem Kläger steht Kindergeld für 1997 zu.

1. Gegenstand der Einspruchsentscheidung vom 01.04.1998 war der Bescheid über die „Korrektur der Kindergeldfestsetzung” sowie die Rückforderung ausbezahlten Kindergeldes. Dagegen also – nicht gegen die Festsetzung des Kindergeldes auf 0 DM ab Januar 1998 – richtet sich die Klage. Das Klagebegehren ist dabei nicht auf den Zeitraum bis August 1997 eingeschränkt. Bei der Äußerung des Klägers, es stehe ihm Kindergeld mindestes bis August 1997 zu, handelt es sich um ein hilfsweises Vorbringen für den Fall, daß der Kindergeldanspruch nicht für das ganze Jahr bestehe.

2. Nach § 62 Abs. 1 EStG besteht unter den dort genannten Voraussetzungen Anspruch auf Kindergeld für Kinder im Sinn des § 63 EStG. Das sind u. a. Kinder, die im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandt sind (§§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Nach § 32 Abs. 4 Nr. 2 a EStG ist ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, zu berücksichtigen, wenn es noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird. Weitere Voraussetzung ist, daß die Einkünfte und Bezüge des Kindes, die zur Bestreitung seines Unterhalts oder seiner Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, 12.000 DM im Kalenderjahr nicht übersteigen (Abs. 4 Satz 2).

3. Einkünfte im Sinn des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sind solche des § 2 Abs. 2 EStG (z. B. BFH-Urteil vom 08.05.1992 III R 66/90 BStBl. II 1992, 900). Was zum Begriff „Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind” zählt, ist im Einkommensteuergesetz nicht ausdrücklich geregelt. Nach einhelliger Auffassung sind darunter Zuflüsse in Geld ...

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