Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzungsverjährung bei leichtfertiger Steuerverkürzung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Festsetzungsfrist für eine leichtfertig verkürzte Steuer beträgt fünf Jahre.
2. Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Verfolgung der zu Grunde liegenden Steuerordnungswidrigkeit noch nicht verjährt ist.
3. Die Verfolgungsverjährung wird zwar nicht durch die Durchsuchung eines Steuerfahndungsbeamten beim Steuerpflichtigen unterbrochen, jedoch durch die gerichtliche Anordnung einer Durchsuchung beim Beschuldigten.
4. Für die verjährungsunterbrechende Wirkung eines Durchsuchungsbeschlusses kommt es nicht darauf an, ob die Durchsuchung auch tatsächlich durchgeführt wird.
Normenkette
AO § 122 Abs. 2 Nr. 1, § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, S. 2, § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 171 Abs. 7, § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 370 Abs. 1, § 377 Abs. 2, § 378 Abs. 1, § 384; FGO § 96; StPO § 170 Abs. 2; OWiG § 31 Abs. 3, §§ 33, 35; EStG § 4 Abs. 4; AO § 108 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der gegen die Klägerin gerichtete Einkommensteuerbescheid 2001 nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ergangen ist.
Auf den Namen der Klägerin war im Streitjahr ein gewerbliches Einzelunternehmen in S angemeldet unter der Firma „LRA” (im Folgenden: LRA). Als Geschäftsführerin dieses Einzelunternehmens war Frau H 1, die Schwägerin der Klägerin, tätig. Die Klägerin selbst war hauptberuflich als Krankenschwester an der Uniklinik S angestellt. Sie entfaltete keine Tätigkeiten für die LRA.
Geschäftsräume der Firma befanden sich auch in der A-Straße 1 in T, in einem der Klägerin gehörenden Gebäude. In diesem Gebäude befand sich auch die Steuerberaterkanzlei des Herrn H 2, des Bruders der Klägerin.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001, welche am 27.11.2002 bei dem Finanzamt S einging, erklärte die Klägerin einen Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. X DM. Sowohl die Steuererklärung als auch die beigefügte Bilanz waren von der Klägerin unterschrieben. In der entsprechenden Gewinnermittlung waren unter dem Posten „Aufwendungen für bezogene Leistungen” eine Zahlung von X DM an Frau R, die Mutter der Frau H 1, sowie eine weitere Zahlung von X € (= X DM) an Frau H 3, die Mutter der Klägerin, gewinnmindernd berücksichtigt. Beide Zahlungen waren mit der Bezeichnung „Vermittlungsprovision” versehen. Frau H 3 gab die Zahlung in ihrer eigenen Einkommensteuererklärung des Jahres 2002 als Einkünfte an und versteuerte sie.
Ebenfalls als Betriebsausgaben enthalten waren Aufwendungen aufgrund einer Rechnung der Firma M GmbH vom 03.12.2001 über X DM zzgl. Umsatzsteuer i.H.v. X DM. Gegenstand der Rechnung war die Instandsetzung von Glasfasertapeten im Umfang von 138,60 qm in dem Gebäude in der A-Straße 1 in T.
Das Finanzamt S veranlagte die Klägerin erklärungsgemäß mit Bescheid vom 06.03.2003.
Aufgrund eines zunächst gegen Frau R wegen der Nichterklärung der erhaltenen Zahlung von X DM geführten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens durchsuchten am 03.05.2006 Beamte der Steuerfahndung die Geschäftsräume der Klägerin in der A-Straße 1 in T. Dabei fanden sie in diesen Geschäftsräumen einen Ordner, in dem sich zwei Gutschriften für die Vermittlung von Anteilen an einer Grundstücksgemeinschaft (Grundstücksgemeinschaft B-Straße 2 in N) befanden, die zum einen an Frau R und zum anderen an Frau H 3 gerichtet waren. Die Beamten leiteten daraufhin ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachtes der Einkommensteuerhinterziehung 2001 gegen die Klägerin ein. Es bestehe der Verdacht, dass die Klägerin Betriebsausgaben für die Vermittlung von Anteilen an Grundstücken geltend gemacht habe, die tatsächlich keine Betriebsausgaben darstellten. Die Einleitung erfolgte am 03.05.2006 um 10:45 Uhr. Ebenfalls am 03.05.2006 um 10:45 Uhr ordnete der Steuerfahndungsbeamte U als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft die Durchsuchung der Geschäftsräume der Firma LRA in der Ermittlungssache gegen die Klägerin an. Dies hielt der Beamte in einem Bericht über eine Durchsuchung vom 05.05.2006 fest. Darüber hinaus ordnete er ebenfalls am 03.05.2006 um 10:45 Uhr die Beschlagnahme der im Verzeichnis vom 03.05.2006 näher bezeichneten Gegenstände an, da sie als Beweismittel von Bedeutung sein könnten. In Beschlag genommen wurden dabei aus den Geschäftsräumen der Firma LRA mehrere Ordner mit Buchführungsunterlagen, ein Postausgangsbuch, Tüten mit Unterlagen und weitere Hefter, jeweils betreffend die Jahre 2001 bis teilweise 2003.
Der steuerstrafrechtliche Ermittlungsbericht über die gegen die beschuldigte Klägerin geführten Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes B vom 02.11.2009 enthielt unter der Überschrift „Strafrechtliche Verfahrenshandlungen” den folgenden Eintrag des Steuerfahndungsbeamten U (Prüfer):
„Bl. 108-110 d.A.) b) Erlass eines von Durchsuchungsbeschlüssen durch das AG B im Steuerstrafverfahren gegen E
27.10.06”
Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Eintrags wird auf ...