Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug; Versagung; formal nicht ordnungsgemäße Rechnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Vorsteuerabzug ist vorliegend ausgeschlossen, weil zum Zeitpunkt der Anzahlung anhand objektiver Umstände erwiesen war, dass die Leistungsempfängerin wusste bzw. vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Bewirkung der Leistung unsicher war.
2. Die streitgegenständliche Rechnung ist in formeller Hinsicht nicht ordnungsgemäß, weil es an der Angabe des Umfangs und der Art der sonstigen Leistung fehlt. Die Rechnungsangaben sollen es den Finanzbehörden ermöglichen, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren. Voraussetzung ist, dass aus den Rechnungsangaben hinreichend deutlich ist, welche Leistung abgerechnet wird. Im Streitfall ist völlig unklar, wofür die „Initialpauschale” berechnet wurde.
Normenkette
UStG § 14; MwStSystRL Art. 65; UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Klägerin zum Vorsteuerabzug aus einer Rechnung der Firma CCF vom 09.12.2008.
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, fungiert als Besitzunternehmen und Organträgerin der QM GmbH (im Folgenden: GmbH). Die GmbH entwickelt, produziert und verkauft Lacke für die industrielle Verarbeitung. Sowohl zur Produktion als auch zum Vertrieb werden weltweit Tochtergesellschaften unterhalten.
In den Jahren 2012/2013 wurde im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der GmbH festgestellt, dass die GmbH den Vorsteuerabzug aus einer Rechnung (Nr. xyz) der Firma CCF (im folgenden CCF) vom 09.12.2008 in Höhe von 104.500 € geltend gemacht hatte.
Hintergrund dieser Rechnung war, dass sich die GmbH im Jahr 2008 aufgrund der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzkrise in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. In dieser Situation wandte sich der Geschäftsführer der GmbH, Herr BQ, an den Präsidenten des Verbandes der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V., Herrn QC, der den Kontakt zur CCF und den für diese Gesellschaft handelnden Herren HC und GM (Inhaber der Einzelfirma) herstellte. Bei Herrn HC handelt es sich um einen …-wissenschaftler aus …, der … keine Anstellung als Hochschullehrer gefunden hatte. Herr GM war pensionierter Leiter der … in C. Ziel der Kontaktaufnahme der GmbH zur CCF war die Erlangung von EU-Fördergeldern, um den Erhalt der insolvenzbedrohten Unternehmensgruppe QM zu sichern. Hierzu übersandte der Geschäftsführer der GmbH am 01.12.2008 einen Antrag auf Bewilligung von Fördermitteln an Herrn QC, den dieser an die CCF weiterleitete.
Am 08.12.2008 traf sich der Geschäftsführer der GmbH mit Herrn HC in E. Herr HC stellte dem Geschäftsführer bei diesem Treffen in Aussicht, EU-Fördergelder (verlorene Zuschüsse und subventionierte Darlehen) für die GmbH zu besorgen. Der über Herrn QC zugeleitete Antrag vom 01.12.2008 sei bereits positiv (vor-)beschieden worden. Die GmbH müsse jedoch noch eine Zahlung (sog. Initialpauschale) in Höhe von 10% der Fördersumme leisten, um ihre Liquidität zu beweisen, da nicht liquide Unternehmen keine Fördermittel erhielten. Es würden ferner 20% Beraterkosten berechnet werden, wovon 15% für das „Netzwerk” und 5% für alte Freunde (Bestechungsgelder) verwendet würden. Von diesen 20% gingen wiederum 10% als Beraterkosten an die Projektleute (Direktorate). Die 20% wären jedoch für die Unternehmen ein durchlaufender Posten, da diese auf die EU-Förderung aufgeschlagen würden, so dass das Unternehmen im Ergebnis nicht wirtschaftlich mit diesen Kosten belastet wäre (vgl. Geschädigten-Vernehmung des Herrn BQ vom 02.11.2010, Bl. 158 der Gerichtsakte). Herr HC teilte Herr BQ dabei mit, dass der Vertrag „nicht zu verhandeln” sei (vgl. Geschädigten-Vernehmung des Herrn BQ vom 02.11.2010, Bl. 159 der Gerichtsakte) und die Anzahlung bis zum Jahresende erbracht werden müsse, da die Fördermittel für deutsche Unternehmen zum Jahresende zugeteilt würden (vgl. Geschädigten-Vernehmung des Herrn BQ vom 02.11.2010, Bl. 162 der Gerichtsakte). Zudem solle die Klägerin selbst keine EU-Stelle und auch keine nationale Förderstelle mit ihrem Antrag kontaktieren (vgl. Geschädigten-Vernehmung des Herrn BQ vom 02.11.2010, Bl. 162 der Gerichtsakte).
Die GmbH schloss bereits am folgenden Tag (09.12.2008) mit der CCF einen schriftlichen Vertrag. Gegenstand des Vertrages war, dass die CCF Dienstleistungen zur Administrierung öffentlicher Fördermittel erbringen sollte. Insbesondere sollten Beratungs- und Umsetzungsleistungen hinsichtlich des Projektes „P” erbracht werden. Wegen der zu erbringenden Leistungen im Einzelnen wird auf Ziff. 1.3.1. bis 1.3.20 des Vertrages verwiesen. Als Vergütung für die unter Ziff. 1 des Vertrages bezeichneten Leistungen wurde in Ziff. 2.1 des Vertrages ein Erfolgshonorar „A” (A) mit Bezug auf die jeweils an die GmbH bzw. deren verbundene Unternehmen ausgezahlten Zuschuss-Fördermittel sowie Honorar „B” (B) für eingesparte Kapitalkosten vereinbart. Dieses Erfolgshonorar war gem. Ziff. 2.2 des Vertrages innerhalb v...