Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine grundstücksbezogene Auslegung des § 6a S. 4 GrEStG. Geltung der vorgelagerten Fünfjahres-Mindesthaltefrist nicht nur für die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der übertragenden, grundbesitzenden Gesellschaft, sondern auch für dessen Beteiligung an der aufnehmenden „abhängigen Gesellschaft”
Leitsatz (redaktionell)
1. Da die Fünfjahresfristen in § 6a S. 4 GrEStG nicht grundstücksbezogen, sondern ausschließlich beteiligungsbezogen auszulegen sind, kann der Zweck der Vor- und Nachbehaltensfrist des § 6a S. 4 GrEStG nur darin bestehen, die Vergünstigung des § 6a GrEStG auf Rechtsvorgänge innerhalb eines zeitlich gefestigten, durch ein Beherrschungsverhältnis gekennzeichneten Konzernverbunds zu beschränken und Rechtsvorgänge von der Begünstigung auszuschließen, die im Zusammenhang mit erst bzw. nur kurzfristig im Konzern gehaltenen Beteiligungen verwirklicht werden.
2. Sind am Umwandlungsvorgang nicht, wie von § 6a S. 3 2. Alt. GrEStG gefordert, mehrere, sondern nur eine von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt, da das herrschende Unternehmen nur an der übertragenden grundstücksbesitzenden Gesellschaft nicht jedoch an der aufnehmenden Gesellschaft innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor Eintragung der Umwandlung ununterbrochen zu mindestens 95 % beteiligt war, scheidet eine Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG aus.
Normenkette
GrEStG § 6a Sätze 4, 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob das beklagte Finanzamt (FA) zu Recht die Begünstigung des § 6a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) versagt hat.
Mit notariell beurkundetem Verschmelzungsvertrag vom 21. Juni 2010 wurde die A GmbH, deren umfangreicher Grundbesitz in den Bezirken mehrerer Finanzämter belegen war, als übertragende Gesellschaft durch Aufnahme gemäß §§ 2 Nr. 1, 4 ff, 46 ff des Umwandlungsgesetzes (UmwG) auf die Klägerin als übernehmende Gesellschaft verschmolzen.
Zum Zeitpunkt der Verschmelzung waren die A GmbH und die Klägerin 100 %ige Tochtergesellschaften der X GmbH. Diese war zum Verschmelzungszeitpunkt seit mehr als fünf Jahren Alleingesellschafterin der A GmbH und seit Mai 2007, also seit ca. drei Jahren, zu mindestens 95 % an der Klägerin beteiligt. X GmbH hatte die 2002 erworbene Beteiligung von 16,79 % an der Klägerin bis Juni 2007 auf 97,52 % bzw. bis 31. Dezember 2007 auf 97,65 % aller Inhaberaktien aufgestockt und im Jahr 2008 die restlichen Anteile der Klägerin erworben.
Die Verschmelzung wurde am 9. September 2010 in das Register der Klägerin eingetragen.
In dem Übergang des Eigentums an den Grundstücken der A GmbH auf die Klägerin aufgrund des Verschmelzungsvertrages vom 21. Juni 2010 sah das FA die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG als erfüllt an. Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 28. März 2011 stellte das FA daher gem. § 17 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG die Besteuerungsgrundlagen für den Erwerbsvorgang der Klägerin fest. Dabei versagte es eine Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG.
Zur Begründung des fristgerecht eingelegten Einspruchs trägt die Klägerin u.a. vor, für den durch Umwandlung verwirklichten Erwerbsvorgang der Klägerin sei gem. § 6a GrEStG keine Grunderwerbsteuer zu erheben.
Mit Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2011 wies das FA den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Zur Begründung der Klage vom 27. Dezember 2011 trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, die Voraussetzungen für die Anwendung des § 6a GrEStG seien im Streitfall erfüllt. Entgegen der Auffassung des FA sei die von § 6a Satz 4 GrEStG geforderte fünfjährige Vorbesitzzeit des herrschenden Unternehmens X GmbH an der Klägerin erfüllt. Zwar sei die X GmbH zum Zeitpunkt der Verschmelzung noch nicht seit mehr als fünf Jahren mit mindestens 95 % an der Klägerin beteiligt gewesen, die Klägerin sei jedoch seit mindestens fünf Jahren finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der herrschenden Gesellschaft eingegliedert gewesen. So sei die X GmbH seit 2002 der mit Abstand wichtigste Financier der Klägerin gewesen. Verkauf, Marketing, IT, Technik und Entwicklung seien im Jahr 2002 zusammengelegt worden. Auch sei, entsprechend der Systematik der §§ 5 und 6 GrEStG, die in § 6a Satz 4 GrEStG normierte Fünfjahresfrist grundstücksbezogen auszulegen. Aus diesem Grund sei die Fünfjahresfrist auf die Beteiligung am übertragenden, grundbesitzenden Rechtsträger zu beschränken und komme vorliegend nicht zur Anwendung, weil die Klägerin die die Grundstücke aufnehmende Gesellschaft und deshalb vor der Verschmelzung nicht Zurechnungsobjekt der Grundstücke gewesen sei. Auch sei es mit Art. 3 des Grundgesetzes (GG) nicht vereinbar, dass die fünfjährige Vorbeh...