rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Auswirkungen einer nachträglichen Kaufpreisminderung außerhalb des Begünstigungszeitraums auf bereits beanspruchte Sonderabschreibungen nach Fördergebietsgesetz. kein rückwirkendes Ereignis
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz knüpfen ihrem Wesen nach nicht an ein punktuelles Ereignis an, das es erfordern würde, Änderungen der Bemessungsgrundlage punktuell zu korrigieren. Sie sind Abschreibungen, die neben der regulären Abschreibung in Anspruch genommen werden. Wie diese und zusammen mit dieser dienen sie der Aufwandsverteilung über einen bestimmten Zeitraum.
2. Erhält der Steuerpflichtige nach Ablauf des Begünstigungszeitraums zur Abgeltung seiner Gewährleistungsansprüche eine teilweise Rückzahlung des Kaufpreises, so liegt darin kein Ereignis, das auf die bereits in Anspruch genommene Sonderabschreibung zurückwirkt.
3. Führt die Kaufpreisminderung dazu, dass letztlich mehr Aufwand verteilt wurde, als dem Steuerpflichtigen tatsächlich entstanden ist, besteht im Rahmen des § 21 EStG die Möglichkeit, dies durch den Ansatz negativer Werbungskosten im Erstattungsjahr zu korrigieren.
Normenkette
AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; FöGbG § 4 Abs. 1 S. 5, Abs. 2; EStG 1990 § 7a Abs. 1 S. 3, § 21
Tenor
1. Der Einkommensteueränderungsbescheid 1996 vom 12. Dezember 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 2008 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 23. Dezember 1995 (notariell beurkundetes Angebot vom 22. Dezember 1995, notariell beurkundete Annahme vom 23. Dezember 1995) eine Eigentumswohnung in C zu einem Kaufpreis von 316.870 DM. Gegen Stellung einer Bürgschaft nach § 7 der Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehens- und Anlagenvermittler, Anlageberater, Bauträger und Baubetreuer (Makler- und Bauträgerverordnung) von der D-Bank F (inzwischen EH) zahlte er den kompletten Kaufpreis noch im Kalenderjahr 1995 auf ein Konto des Bauträgers ein. Das Objekt wurde im Verlaufe des Kalenderjahres 1997 fertig gestellt und ab 1. Oktober 1997 zu Wohnzwecken vermietet. Für das Streitjahr 1996 machte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung Sonderabschreibungen für Anzahlungen auf Anschaffungskosten gem. § 4 Abs. 1 Satz 5 Fördergebietsgesetz – FöGbG) in Höhe von 143.493 DM geltend.
Mit Einkommensteuerbescheid 1996 vom 7. April 1998 veranlagte der Beklagte (das Finanzamt) den Kläger insoweit erklärungsgemäß.
Nachdem gegen den Bauträger das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, schloss der Kläger wegen aufgetretener Baumängel mit der EH im Juli 2004 einen Vergleich, aufgrund dessen er einen seine Gewährleistungsrechte abgeltenden Geldbetrag in Höhe von 86.050 EUR (= 168.299,17 DM) erhielt. Im Rahmen einer die Jahre 2002 bis 2004 betreffenden Außenprüfung (vgl. Prüfungsanordnung vom 14. Juli 2006) gelangte der Beklagte zu der Auffassung, in der Minderung des Kaufpreises liege ein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) und setzte unter Berücksichtigung von auf 71.366 DM reduzierten Sonderabschreibungen mit entsprechend geändertem Bescheid vom 12. Dezember 2006 die Einkommensteuer 1996 auf 222.308,18 EUR (= 434.797 DM) fest. Der gegen diesen Bescheid eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Nach Hinweis auf die Möglichkeit der Verböserung nach § 367 Abs. 2 AO berechnete das Finanzamt – unter Beibehaltung der Wertung der Minderung des Kaufpreises als rückwirkendes Ereignis – die Sonderabschreibung mit 59.342 DM und setzte die Einkommensteuer 1996 auf 225.571,75 EUR (= 441.180 DM) fest (vgl. Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 2008).
Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger trägt vor, dass kein rückwirkendes Ereignis vorliege. Ob ein Ereignis steuerlich zurückwirke, sei keine Frage, die nach Verfahrensrecht, sondern ausschließlich nach materiellem Steuerrecht zu beurteilen sei. Bei den laufend veranlagten Steuern, wie der Einkommensteuer, seien die aufgrund des Eintritts neuer Ereignisse materiell-rechtlich erforderlichen steuerlichen Anpassungen regelmäßig nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem sich der maßgebende Sachverhalt ändere. § 21 Einkommensteuergesetz (EStG) knüpfe nicht an ein einmaligespunktuelles Ereignis an. Dies gelte auch für die Absetzung für Abnutzung und Sonderabschreibungen. Es gebe keine materielle Vorschrift, die zu einer Rückwirkung der Anschaffungskostenminderung führe. Vielmehr regele § 7a EStG, dass nachträgliche Anschaffungsoder Herstellungskosten oder deren Minderung ab dem Jahr der Entstehung zu berücksichtigen seien. Dass dem Steuerpflichtigen durch die st...