Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschwisterdarlehen. Zahlung der Darlehenszinsen durch Schuldumwandlung. Berichtigung fehlerhafter Bilanzansätze

 

Leitsatz (redaktionell)

Werden bei einem betrieblichen Geschwisterdarlehen die jeweils fälligen Zinsen nicht ausbezahlt, sondern in der Bilanz einem Konto „sonstige Verbindlichkeiten” zugerechnet mit der Behauptung, die Zinsverbindlichkeit sei durch Schuldumwandlung in ein neues Darlehen der Geschwister erfüllt worden ohne dass der Nachweis erbracht wird, dass die Geschwister entsprechende Forderungsrechte erworben haben, so fehlt es am Nachweis des tatsächlichen Vollzugs des Vertrags. Ein Betriebsausgabenabzug hinsichtlich der Zinsen ist in diesem Fall unzulässig.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 28.11.2007; Aktenzeichen XI B 174/06)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist der Abzug von Zinsen als Betriebsausgabe.

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehegatten. Der Kläger erzielte in den Streitjahren aus dem Betrieb einer Wechselstube Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) und ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG durch Betriebsvermögensvergleich. In seinen Bilanzen zum 31.12.1998, 31.12.1999 und 31.12.2000 waren jeweils eine als „Darlehen Geschwister” bezeichnete Verbindlichkeit in Höhe von 320.000 DM sowie „sonstige Verbindlichkeiten” in Höhe von 83.992,62 DM (1998), 108.232,18 DM (1999) und 133.926,11 DM (2000) passiviert. Dem Posten „sonstige Verbindlichkeiten” wurden die jährlich rechnerisch aufgelaufenen Zinsen für das „Darlehen Geschwister” zu Lasten des Gewinns zugeschrieben. Die Zinsen betrugen laut Gewinn- und Verlustrechnungen 22.867,50 DM in 1998, 24.239,56 DM in 1999 und 25.693,93 DM in 2000.

Nach einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 1998 bis 2000 erkannte das beklagte Finanzamt (FA) das Darlehen steuerlich nicht mehr an, da es einem Fremdvergleich nicht standhalte. Das FA begründete seine Auffassung damit, dass keinerlei Vereinbarungen über die Laufzeit und über die Art und Zeit der Rückzahlung getroffen und seit 1995 keine Zinsen ausbezahlt worden seien. Auch sei die Darlehensforderung in keiner Weise besichert worden. Die aktuelle wirtschaftliche Situation des Klägers lasse vermuten, dass das Darlehen nicht zurückbezahlt werden könne. Der Prüfer löste den zum 31.12.1998 gebildeten Passivposten „sonstige Verbindlichkeiten” sowie die entsprechenden Erhöhungen zum 31.12.1999 und 31.12.2000 gewinnerhöhend auf. Unter Berücksichtigung von Gewerbesteuerrückstellungen und weiteren nicht anerkannten Betriebsausgaben für das Jahr 2000 in Höhe von 4.851,88 DM ergab sich eine Erhöhung des Gewinns von insgesamt 72.316,62 DM (1998), 21.838,56 DM (1999) und 27.067,81 DM (2000).

Mit Bescheiden vom 14. Oktober 2003 änderte das FA die bisherigen, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2000 und Bescheide über Gewerbesteuermessbetrag 1999 und 2000 nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) und den Bescheid über Gewerbesteuermessbetrag 1998 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung. Die dagegen eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidungen vom 3. Juni 2005).

Dagegen richtet sich die Klage, die wie folgt begründet wird:

Anlässlich der Eröffnung seiner Geldwechselstube im Jahr 1974 habe der Kläger von seinen Eltern ein Darlehen von 400.000 DM erhalten. Alle wesentlichen Punkte seien in einem schriftlichen Darlehensvertrag vereinbart worden. So seien eine Laufzeit des Darlehens auf unbestimmte Dauer (später mündlich abgeändert in die Laufzeit des Geschäftsbetriebs) und Zinsen in Höhe von 6 % vereinbart worden. Als Sicherheit sollte das Betriebsvermögen dienen, später sei auch das Privatvermögen einbezogen worden. Die Zinsen seien der Mutter des Klägers jährlich bar ausbezahlt worden. Im Rahmen eines Finanzgerichtsverfahrens sei die Abzugsfähigkeit der Zinsen als Betriebsausgaben anerkannt worden. Die Mutter des Klägers sei 1995 verstorben, ohne ein Testament zu hinterlassen und sei von ihren 5 Kindern (darunter dem Kläger) beerbt worden. Die Kinder hätten den Darlehensvertrag mit dem Kläger mit allen Rechten und Pflichten übernommen. Die Darlehensschuld des Klägers habe sich infolgedessen um 1/5 verringert und sei auf 320.000 DM gesunken. Ein neuer Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und seinen im Ausland lebenden Geschwistern sei nicht geschlossen worden, da der alte Vertrag unverändert geblieben sei. Es sei lediglich anstelle der Barauszahlung der Zinsen vereinbart worden, die jeweils fälligen Zinsen als weitere Darlehen – ebenfalls zu einem Zinssatz von 6 % – stehen zu lassen. Der Kläger sei aufgrund schlechten Geschäftsverlaufs nicht in der Lage gewesen, die Zinsen an seine Geschwister auszuzahlen. Ohne die Unterstützung seiner Geschwister hätte er Insolvenz anmelden müssen. Unterlagen über eine Erbausei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge