rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinnützigkeit einer Stiftung bei Zahlungen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung an die Witwe des Stifters; Bindung an die Rechtsauffassung des BFH im ersten Rechtsgang

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist ein Stiftungsvermögen von Anfang an durch die Verpflichtung zur Rentenzahlung an die Witwe des Stifters gemindert bzw. hat die Stiftung von Anfang an für ihre satzungsmäßigen Zwecke nur ein um die Rentenansprüche ermäßigtes Vermögen erhalten, verliert die Stiftung die Gemeinnützigkeit erst dann, wenn ihr nach Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung keine Mittel zur Erfüllung der satzungsmäßigen (gemeinnützigen) Zwecke mehr verbleiben (so das im ersten Rechtsgang ergangene BFH-Urteil vom 21.1.1998 II R 16/95, BStBl II 1998, 738). Das heißt aber, dass bei einem nur teilweisen Mittelverbrauch die Annahme eines selbständigen Satzungszwecks wegen der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung der Unterhaltszahlungen ausscheidet (dies steht jedoch dem BFH-Urteil vom 24.03.1993 I R 27/92, BStBl II 1993, 637 entgegen).

2. Die Bindung des FG an das im ersten Rechtsgang ergangenen BFH-Urteil besteht nicht, wenn im zweiten Rechtsgang ein anderer Sachverhalt zutage tritt.

 

Normenkette

AO 1977 § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 56; FGO § 126 Abs. 5

 

Gründe

I.

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Streitig ist die Gemeinnützigkeit einer Stiftung wegen der Rentenzahlungen an die Witwe des Stifters.

Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung nach §§ 80 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Ihre Errichtung geht zurück auf die testamentarischen Anordnungen des am 13. Juni 1971 verstorbenen Unternehmers … … (im folgenden: Herr S). Dieser hatte seine Ehefrau (im folgenden: Frau S) unter der Auflage zur Alleinerbin eingesetzt, das im Nachlaß vorhandene Betriebsvermögen auf eine noch zu errichtende, ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken auf dem Gebiet der Altenhilfe, der Altenfürsorge, der Jugendpflege und der Jugendfürsorge in Bayern dienende Stiftung zu übertragen. Die Stiftung sollte verpflichtet sein, an Frau S eine monatliche währungsgesicherte Rente zu zahlen.

Frau S brachte das im Nachlaß befindliche Betriebsvermögen in eine neu gegründete GmbH ein und übertrug – nachdem das Stiftungsgeschäft durch das Bayerische Staatsministerium des Innern am 12. Dezember 1974 genehmigt worden war – sämtliche Geschäftsanteile an der GmbH auf die Klägerin, die ihrerseits in der Folgezeit die von Herrn S angeordneten jährlichen Rentenzahlungen an Frau S ausführte.

Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) erkannte die Klägerin zunächst als gemeinnützig an und stellte sie von Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Vermögensteuer frei. Für die Streitjahre 1985, 1987, 1988 und 1991 kam das FA zu einer anderen Beurteilung, nachdem es festgestellt hatte, daß in den Jahren 1984, 1986, 1987 und 1990 keine Gewinnausschüttungen zugunsten der Klägerin vorgenommen worden und die übrigen Einkünfte (vorwiegend Zinseinkünfte) der Klägerin niedriger gewesen waren als die allgemeinen Verwaltungsaufwendungen der Klägerin in Höhe von jährlich ca. 40.000 DM (ohne Rentenzahlung an Frau S). Wegen der in diesen Jahren vorgenommenen Rentenzahlungen an Frau S (z. B. 1990 : 234.048 DM) sah das FA den Ausschließlichkeitsgrundsatz (vgl. § 56 i.V.m. § 58 Nr. 5 der AbgabenordnungAO 1977–) verletzt und setzte durch Bescheide vom 9. Dezember 1991 für 1985 (39.192 DM) und 1987 (35.856 DM), durch Bescheid vom 16. Dezember 1991 für 1988 (35.856 DM) sowie durch Bescheid vom 27. April 1992 und durch Änderungsbescheid vom 22. Juli 1992 für 1991 (38.910 DM) Vermögens teuer gegen die Klägerin fest.

Einspruch und Klage der Klägerin, mit denen diese geltend machte, die Rentenzahlungen an Frau S seien keine Einkommens Verwendung i. S. von § 58 Nr. 5 AO 1977, da ihr Vermögen von Anfang an mit der Verpflichtung zur monatlichen Rentenzahlung belastet gewesen sei und ihr daher nur ein um die Rentenverpflichtung gekürztes Nettovermögen für die Erfüllung ihrer gemeinnützigen Zwecke zur Verfügung gestanden habe, blieben ohne Erfolg.

Im Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 12. Januar 1995 ist auf die in der Einspruchsentscheidung des PA vom 19. März 1993 enthaltene Gegenüberstellung der Rentenzahlungen zum Einkommen verwiesen. Danach standen Rentenzahlungen und Einkommen der Klägerin in den Jahren 1984 bis 1990 in folgendem Verhältnis:

1984

1985

1986

1987

DM

DM

DM

DM

Einkommen

./. 23.938

1.055.609

./. 26.797

./. 21.400

Jahresrente

219.120

226.128

234.048

234.048

Anteil

≫ 25 %

21,4 %

≫ 25 %

≫ 25 %

1988

1989

1990

DM

DM

DM

Einkommen

1.053.547

1.082.589

42.948

Jahresrente

234.048

234.048

234.048

Anteil

22,21 %

21,62 %

≫ 30 %

Dazu ist das FG davon ausgegangen, daß die Klägerin wegen der Rentenzahlungen an Frau S nicht ausschließlich ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt habe.

Auf die Revision der Klägerin hob der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück. Nach Auffassung des BFH kommt e...

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