rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erweiterung der Prüfungsanordnung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine Erweiterungsanordnung kann auch nach Abschluss der eigentlichen Prüfungshandlungen im Betrieb bis zur Beendigung der Betriebsprüfung nachgeholt werden.

2) Für die Erweiterung des Prüfungszeitraums bei Mittelbetrieben über drei Besteuerungszeiträume hinaus aus dem Gesichtspunkt nicht unerheblicher Steuernachforderungen ist ein Betrag in Höhe von 3.000 DM aus sämtlichen Steuerarten eines Veranlagungszeitraums als geeigneter Anhaltspunkt anzusehen.

3) Bei der Beurteilung der voraussichtlichen Steuernachforderungen müssen mehr Umstände für als gegen ihre Annahme sprechen.

 

Normenkette

BpO (St) § 4 Abs. 3; AO 1977 § 196

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Erweiterung des Prüfungszeitraums auf das Jahr 1993.

Der Kläger betreibt ein kaufmännisches gewerbliches Unternehmen. Gegenstand des 1988 errichteten Gewerbebetriebs sind

  • Vermögensanlage für fremde Rechnung
  • Beratung in Finanz- und Vermögensangelegenheiten
  • Vermögensanlage für eigene Rechnung

In den ersten Geschäftsjahren machte der Kläger laufend hohe Verluste. Eine im März des Jahres 1991 für die Jahre 1988 und 1989 durchgeführte Betriebsprüfung führte allerdings zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1992 und 1993 ergingen vorläufig, weil das Merkmal der Einkunftserzielungsabsicht nach Ansicht des Beklagten nicht feststand. Ab 1994 wurden gewerbliche Gewinne erzielt.

Mit Bescheid vom 20. Mai 1998 ordnete der Beklagte beim Kläger auf der Grundlage von § 193 Abs. 1 AO 1977 eine Außenprüfung an, die sich auf Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und Vermögensteuer der Jahre 1994 bis 1996 sowie den Einheitswert des Betriebsvermögens und die Feststellung der vortragsfähigen Fehlbeträge nach § 10a GewStG auf den 31. Dezember 1994, den 31. Dezember 1995 und den 31. Dezember 1996 erstrecken sollte. Die Außenprüfung fand in der Zeit vom 7. bis zum 13. Juli 1998 in den Geschäftsräumen des Klägers statt. Sachlicher und zeitlicher Schwerpunkt der Prüfung und der Gespräche zwischen Prüfer und Kläger war immer wieder die Frage der Anerkennung eines Gewerbebetriebs wegen Zweifeln am Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht.

Die Prüfung der Jahre 1994 bis 1996 ergab nach Ansicht des Beklagten, dass der Kläger die Anteile für die private Pkw-Nutzung unzutreffend ermittelt hatte. Des Weiteren seien Fehler bei der umsatzsteuerlichen Behandlung der Hauskosten und Abgrenzungsfehler hinsichtlich der Zuordnung von Darlehen für den betrieblichen und den privaten Bereich gemacht worden. Die Umsatzsteuererhöhung aus den aufgeführten Sachverhalten belaufe sich für 1994 auf 944,92 DM, für 1995 auf 2.040,24 DM und für 1996 auf 1.941,51 DM. Ertragsteuerlich ergebe sich nach Abzug der gegenzurechnenden Werbungskosten aus der Nutzungswertbesteuerung eine Erhöhung des zu versteuernden Einkommens für das Jahr 1994 in Höhe von 2.839,47 DM, für 1995 in Höhe von 2.425,05 DM und für 1996 in Höhe von 11.958,33 DM. Durch die Kürzung des Verlustabzugs betrage die Einkommensteuererhöhung 1.505 DM für 1994, 1.285 DM für 1995 und 6.338 DM für 1996. Das Mehrergebnis pro Jahr allein auf Grund dieser Sachverhalte betrage somit im Durchschnitt 4.718 DM. Dabei nicht berücksichtigt sei die steuerliche Auswirkung bezüglich der Nichtanerkennung der im Gewerbebetrieb durchgeführten Eigengeschäfte, die im Prüfungszeitraums 1994 bis 1996 nochmals zu Mehrsteuern in Höhe von mehr als 100.000 DM geführt habe und die in den Vorjahren in ähnlicher Höhe getätigt worden seien.

Nach Angaben des Klägers hat der Prüfer ihn am vorletzten Tag der Prüfung, also am 12. Juli 1998 darum gebeten, auch Einblick in die Unterlagen des Jahres 1993 nehmen zu können, um die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen zu prüfen, die in den Jahren 1994 bis 1996 gebucht worden waren. Der Kläger ist dieser Bitte nachgekommen. Nach Abschluss der Sachverhaltsfeststellungen im Betrieb am 13. Juli 1998 verblieben die Geschäftsunterlagen für 1993 ebenso wie die übrigen Geschäftsunterlagen beim Kläger.

Am 18. August 1998 erließ der Beklagte eine Erweiterungs-Anordnung für Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und Vermögensteuer des Jahres 1993 sowie Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1993 und Feststellung der vortragsfähigen Fehlbeträge nach § 10a GewStG auf den 31 Dezember 1993. Die Prüfungserweiterung wurde auf § 193 Abs. 1 AO 1977 und § 4 Abs. 3 BpO gestützt, mit dem Hinweis, es sei mit nicht unerheblichen Mehrsteuern zu rechnen. Eine weitere Prüfung der Unterlagen des Jahres 1993 vor Ort fand allerdings nicht statt, weil der Prüfer die Feststellungen für das Jahr 1993 bereits im Rahmen der vom Kläger gewährten Einsicht in die Unterlagen getroffen hatte.

Das vorläufige Ergebnis der Außenprüfung wurde in einem Berichtsentwurf vom 2. September 1998 dargestellt. Im Berichtsentwurf waren auch die Ergebnisse betreffend das Jahr 1993 enthalten, ohne dass...

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