Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzungsüberlassung bei Tod der Tiere

 

Leitsatz (amtlich)

Gemäß § 7a Abs. 1 MilchAbgVO kann der Inhaber einer Anlieferungs-Referenzmenge (ARM) u. a. im Falle des Verendens oder der Nottötung von mindestens 20 vom Hundert der Milchkühe seines Bestandes infolge höherer Gewalt während des laufenden und des nächsten 12-Monatszeitraums (ZMZ) die ihm zustehende ARM, soweit er sie in einem ZMZ nicht selbst nutzt, für diesen ZMZ einem anderen Milcherzeuger, der an den selben Käufer liefert, zur Nutzung überlassen. Der Annahme einer höheren Gewalt steht auch nicht entgegen, dass es der Kläger unterlassen hat, sich gegen das im Streitfall verwirklichte Risiko zu versichern. Das Unterlassen des Abschlusses einer Produktionsausfallversicherung ist nicht als Mitverschulden im Sinne einer Obliegenheitsverletzung zu berücksichtigen.

 

Normenkette

MGV § 7a Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.03.2009; Aktenzeichen VII B 167/08)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Milcherzeuger. Nach der amtstierärztlichen Stellungnahme vom 22.12.2005 (Bl. 2 Verwaltungsakte) traten mit Beginn des Jahres 2005 in seiner Rinderherde vermehrt gesundheitliche Probleme auf, die zu gehäuften Todesfällen führten. Trotz tierärztlicher Betreuung und durchgeführter Untersuchungen an verendeten und kranken Tieren konnte mit tierärztlichen Maßnahmen keine Verbesserung des Gesundheitszustandes der Rinderherde erzielt werden. Der Amtstierarzt bestätigte in der vorgenannten Stellungnahme, dass 16 Kühe (von einem Bestand von 35 Kühen per 25.02.2005 und 39 Kühen per 22.12.2005) verendet waren, ohne dass hierfür klare Ursache festgestellt werden konnte. Nach den in der Sache nicht streitigen Angaben des Klägers sind in der Zeit vom 25.02.2005 bis 29.12.2005 von ursprünglich 35 Milchkühen 11 verendet. Der Kläger schloss daraufhin mit dem Milcherzeuger A als Übernehmer die Vereinbarung vom 19.01.2006, mit der er dem Übernehmer eine von dem Kläger noch nicht belieferte Anlieferungs-Referenzmenge (ARM) in Höhe von 25.000 kg mit einem durchschnittlichen gewogenen Fettgehalt von 3,99 % zur Nutzung in dem 12-Monatszeitraum (ZMZ) vom 01.04.2005 bis zum 31.03.2005 überließ. Auf den weiteren Inhalt der Überlassensvereinbarung wird ergänzend Bezug genommen. Die Vereinbarung wurde von der Molkerei, der Firma B, dem beklagten Hauptzollamt zur Registrierung nach § 7 a Abs. 1 Nr. 2 Milchabgabeverordnung (MilchAbgVO) vorgelegt. Nach dieser Vorschrift darf die Überlassungsvereinbarung eines Milcherzeugers registriert werden, wenn mindestens 20 % seines Milchkuhbestandes in Folge höherer Gewalt verendet sind. Der Beklagte lehnte die Registrierung mit Bescheid vom 15.03.2006 ab. Trotz der ungeklärten Todesursache der verendeten Tiere sah der Beklagte einen Fall von höherer Gewalt nicht als gegeben an, weil der Kläger keine Produktionsausfallversicherung abgeschlossen hatte.

Gegen die ablehnende Entscheidung legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Der Rechtsbehelf blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung wurde am 09.03.2007 zugestellt.

Unter dem 04.04.2007 stellte der Kläger den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten. Er kündigte für das Hauptverfahren den Antrag an, festzustellen, dass der ablehnende Bescheid des Beklagten rechtswidrig war. Mit Beschluss vom 31.03.2008, an die Beteiligten abgesandt am 08.04.2008, wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten gewährt.

Am 16.04.2008 stellte der Kläger wegen der Versäumung der Klagfrist Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob Klage gegen den Ablehnungsbescheid vom 15.03.2006 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 07.03.2007.

Er beruft sich darauf, dass die Häufung der Todesfälle in seiner Milchviehherde auf höhere Gewalt zurückzuführen sei. Daher seien die Voraussetzungen für eine zeitweilige Überlassung der ARM gegeben.

Sinngemäß beantragt der Kläger, die Überlassungsvereinbarung zwischen ihm und Herrn A vom 19.01.2006 unter Aufhebung des Bescheides vom 15.03.2006 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 07.03.2007 zu genehmigen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die vom Kläger ursprünglich angekündigte Fortsetzungsfeststellungsklage unzulässig sei. Wegen der Eindeutigkeit der bezeichneten Klagart könne die Klage nicht in eine Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage umgedeutet werden.

In der Sache bezweifelt der Beklagte, dass das Verenden der Tiere auf höhere Gewalt zurückzuführen sein. Bei der möglichen Erkrankung und der hieraus folgenden Todes von Milchkühen handele es sich um ein Risiko, dem jeder Milcherzeuger ausgesetzt sei. Deshalb könne insoweit nicht von außergewöhnlichen Umständen ausgegangen werden. Im Übrigen habe es der Kläger unterlassen, eine Produktionsausfallversicherung abzuschließen, sodass es die nachteiligen Folgen des Ablebens der Tiere selbst zu vertreten habe.

1 Hefter Verwaltungsvorgänge hat vorgelegen.

 

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