Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines Insolvenzverwalters auf Auskunfterteilung durch einen Kontoauszug

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Anspruch eines Insolvenzverwalters auf Auskunftserteilung durch einen Kontoauszug kann im Wege einer allgemeinen Leistungsklage geltend gemacht werden.
  2. Vorbehaltlich des Steuergeheimnisses und entgegenstehender fehlerfreier Ermessenserwägungen ist das Finanzamt verpflichtet, einem Steuerpflichtigen eine Auskunft zu erteilen, wenn diese für ihn unerlässlich ist, um seine steuerlichen Rechte unter zumutbaren Bedingungen effektiv wahrnehmen.
  3. Begehrt der Insolvenzverwalter die Auskunft nicht, um steuerliche Pflichten des Schuldners erfüllen zu können, sondern ausschließlich wegen der Geltendmachung von Anfechtungsrechten und der Abrechnung von Säumniszuschlägen, stehen ihm keine weitergehenden Rechte als den übrigen Gläubigern des Schuldners zu.
  4. Eine solche Auskunftsverpflichtung setzt voraus, dass der Anfechtungsgrund oder der sonst geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach feststehen.
  5. Zumindest muss der Insolvenzverwalter substantiiert angeben, warum er sich selbst aus der Buchhaltung des Schuldners und den vorgefundenen Belegen die nötigen Informationen nicht hat beschaffen können oder warum diese Beschaffung unzumutbar war.
 

Normenkette

FGO § 40 Abs. 1; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3; BGB § 242; AO § 30 Abs. 4 Nr. 3; InsO § 97 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2001, 2002, 2003, 2004, 2005

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.10.2008; Aktenzeichen II B 91/08)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten Auskunft durch einen Kontoauszug.

Am 24.01.2005 pfändete der Beklagte bei A, dem Schuldner, einen Betrag von 10.261,77 EUR wegen offener Abgabenforderungen.

Auf Antrag der X-Krankenkasse vom 15.03.2005 eröffnete das Amtsgericht M mit Beschluss vom 22.11.2005 über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren und ernannte den Kläger zum Insolvenzverwalter.

Am 22.12.2005 meldete der Beklagte offene Steuerforderungen in Höhe von zusammen 34.434,25 EUR zur Insolvenztabelle an. Dieser Forderung widersprach der Kläger vorläufig.

Am 04.04.2006 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Anfechtung der Pfändung und bat um Zahlung des gepfändeten Betrags an ihn. Dem kam der Beklagte umgehend nach.

Am 19.05.2006 bat der Kläger den Beklagten Bezug nehmend auf seine Forderungsanmeldung um Übersendung der der Anmeldung zugrunde liegenden Bescheide und um einen Kontoauszug, aus dem er die Verbuchung der Erlöse aus Vollstreckungen gegen den Schuldner ersehen könne.

Hierauf übersandte ihm der Beklagte am 23.05.2006 die entsprechenden Steuerbescheide und später die weiteren Steueranmeldungen. Weiter teilte er am 23.05.2006 mit, von der Übersendung des Kontoauszugs habe er abgesehen, da die vereinnahmten Beträge nicht zur Tabelle angemeldet worden seien und deshalb auch nicht der Überprüfung der Anmeldung dienen könnten.

Daraufhin erhob der Kläger Klage, in der er – bis zum Hinweis des Beklagten auf die Unzulässigkeit dieser Klage – zunächst in Aussicht stellte, in der mündlichen Verhandlung zu beantragen, den Beklagten zur Erteilung eines Abrechnungsbescheid für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis zum 22.11.2005 zu verurteilen.

Nunmehr begehrt der Kläger mit seiner Klage die Erteilung eines vollständigen Kontoauszugs für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.12.2005.

Dazu trägt er vor, das Steuergeheimnis berechtige den Beklagten nicht, ihm den Kontoauszug zu verweigern. Insoweit werde auf Kommentierungen verwiesen.

Auch dürfe er selbst den Beklagten von der Wahrung des Steuergeheimnisses befreien, zumal er einen Wirtschaftsprüfer von seiner Schweigepflicht befreien könne.

Zudem gehe es nicht nur um die Anfechtungsansprüche, sondern um die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Verbuchung des Beklagten hinsichtlich der durch die Vollstreckung erhaltenen Beträge. Insoweit kämen nicht selten Fehler auf Seiten des Beklagten vor.

Ein Zeugnisverweigerungsrecht, das den Beklagten berechtige, die Akteneinsicht abzulehnen, sehe die AO nicht vor.

Der Beklagte sei an Recht und Gesetz gebunden und habe deshalb auch unter Berücksichtigung seiner Anfechtungsansprüche festzustellen, welche Zahlungen ihm tatsächlich zustünden.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, ihm einen Kontoauszug des Schuldners für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 21.11.2005 zu erteilen.

hilfsweise,

ihm eine Schriftsatzfrist einzuräumen, mit der ihm Gelegenheit gegeben wird, seine Bemühungen, Auskünfte vom Schuldner einzuholen, im Einzelnen darzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, soweit die Hauptsache nicht für erledigt erklärt worden ist.

Dazu führt er aus: Soweit der Kläger einen Kontoauszug bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens begehrt, sei die Klage derzeit unbegründet, da der Erteilung des Kontoauszugs das Steuergeheimnis des Schuldners entgegen stehe. Als Insolvenzverwalter könne er alle Auskünfte über die Verhältnisse des Schuldners erhalten, die er zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten und unm...

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