rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrtkosten eines Polizisten zum Dienstsport als Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist ein Polizist nach der Dienstanweisung seines Dienstherrn zur Ausübung von Dienstsport verpflichtet, kann die Verweigerung, Dienstsport auszuüben, zu dienstrechtlichen Sanktionen führen und wird der Dienstsport auf die Dienstzeiten angerechnet, sind die Kosten für die an 64 Tagen zur Ausübung von 130 Stunden Dienstsport (hier: Selbstverteidigung, Schwimmen, Retten sowie konditionsfördernde Übungen) durchgeführten Fahrten zu der Polizeisportanlage als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 3. September 2003, geändert durch Bescheid vom 24. März 2005, wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 7. Juni 2005 dahingehend geändert, dass die Aufwendungen für 64 Fahrten zum Dienstsport in Höhe von EUR 1.036,80 als Werbungskosten anerkannt werden.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Anerkennung von Fahrtkosten zum Dienstsport als Werbungskosten.

Der Kläger war im Streitjahr als Polizeivollzugsbeamter auf dem Polizeiabschnitt 34 tätig und erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 EinkommensteuergesetzEStG –. Im Streitjahr übte der Kläger insgesamt 130 Stunden Dienstsport auf Polizeisportanlagen aus. Er unternahm dafür insgesamt 64 Fahrten à 27 km mit dem eigenen Pkw.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2002 machte der Kläger Werbungskosten in Höhe von EUR 15.426,00 geltend. Im Bescheid über Einkommensteuer für 2002 vom 3. September 2003 erkannte das damals zuständige Finanzamt … die Werbungskosten lediglich in Höhe von EUR 4.533,00 an. Seinen Einspruch vom 19. September 2003 begründete der Kläger mit einer überarbeiteten Einkommensteuererklärung und erklärte nunmehr u. a. Werbungskosten für 64 Fahrten zum Dienstsport (einfache Entfernung: 27 km) in Höhe von 1.036,80 EUR.

Der Kläger legte ein Schreiben seines Dienstherrn vor, wonach Polizeivollzugsbeamte verpflichtet seien, regelmäßig Dienstsport auszuüben. Es obliege dem Beamten zu entscheiden, wie häufig der Sport ausgeübt werde; höchstens 40 Stunden seien als Mehrdienst anrechenbar. Es sei erstrebenswert, den Dienstsport mindestens einmal in der Woche auszuüben. Der Kläger erläuterte, dass der Dienstsport während der Arbeitszeit und auf einem Polizeisportgelände stattgefunden habe.

Am 24. März 2003 erließ der nunmehr zuständige Beklagte einen Änderungsbescheid nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO, der nach § 365 Abs. 3 AO zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde. Die streitgegenständlichen Kosten des Dienstsports wurden unverändert nicht anerkannt.

Der Beklagte wies den Einspruch mit einer Einspruchsentscheidung vom 7. Juni 2005 als unbegründet zurück; die Aufwendungen zur Ausübung von Sport – in welcher Form auch immer – gehörten zum Bereich der privaten Lebensführung. Dies gelte unbeschadet der Anrechnung des Sports auf die Arbeitszeit. Die Sportausübung stelle keine Dienstpflicht dar, für die der Kläger sein Gehalt empfange. Auch die Dienstbefreiung für einen Arztbesuch führe nicht dazu, dass dieser dienstlich veranlasst sei.

Dagegen richtet sich die fristgerecht bei Gericht eingegangene Klage. Es bestehe nicht nur ein Interesse seines Dienstherrn an der Ausübung von Dienstsport; er, der Kläger, sei vielmehr zur Ausübung von Dienstsport verpflichtet. Bei einem Verstoß seien disziplinarrechtliche Maßnahmen möglich. Der Dienstsport sei auf die Bereiche Selbstverteidigung, Schwimmen und Retten sowie konditionsfördernde Übungen begrenzt. Eine Abweichung nach den persönlichen Neigungen sei nicht möglich. Der Vergleich mit dem Arztbesuch sei abwegig, weil der Dienstherr ihn nicht verpflichte, eine bestimmte Stundenzahl beim Arzt zu verbringen.

Der Kläger legte eine Geschäftsanweisung des Polizeipräsidenten in … über Sport in der … Polizei vom 16. März 1999 vor, auf die wegen der Details verwiesen wird (Bl. 2 ff. der Gerichtakten). Danach sind monatlich mindestens vier Stunden Dienstsport im Jahresmittel (bezogen auf zehn Monate) zu absolvieren. Der Dienstsport ist während der Dienstzeit in Trainingsräumen bzw. Sportanlagen der Polizei auszuüben. Für Polizeivollzugsbeamte besteht eine Teilnahmepflicht. Der Dienstsport umfasst die berufsspezifischen Sportarten Selbstverteidigung, Schwimmen und Retten sowie konditionsfördernde Übungen. Im Übrigen wiederholt der Kläger seine bisherigen Ausführungen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 3. September 2003, geändert durch Bescheid vom 24. März 2005, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 7. Juni 2005 dahingehend zu ändern, dass die Aufwendungen für 64 Fahrten zum Dienstsport in Höhe von EUR 1.036,80 als Werbungskosten anerkannt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine bish...

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