rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Änderung von bestandskräftigen Einkommensteuerbescheiden aufgrund offenbarer Unrichtigkeit wegen Besteuerung einer Rente mit unrichtigem Ertragsanteil. Einkommensteuer 1997–1999

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat der Steuerpflichtige in den Steuererklärungen mehrere Jahre lang für eine –als abgekürzte Leibrente mit dem Ertragsanteil nach § 55 EStDV zu besteuernde– Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente den (wesentlich höheren) Ertragsanteil für eine Altersrente nach der Tabelle zu § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a EStG angegeben und hat der Veranlagungsbeamte diesen unzutreffenden Ertragsanteil ohne weitere eigene Sachverhaltsermittlungen übernommen, so liegt keine –zur Änderung der bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheide berechtigende– „offenbare” Unrichtigkeit nach § 129 AO vor.

 

Normenkette

AO § 129 S. 1; EStG 1997 § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a; EStDV § 55

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Einkommensteuerbescheide 1997, 1998 und 1999 nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO) noch geändert werden können.

Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger ist Rentner und die Ehefrau übt den Beruf einer Krankenschwester aus. In der Einkommensteuererklärung 1997 gaben die Kläger erstmals eine Rente des Klägers als sonstige Einkünfte an.

Auf der Rückseite der Anlage KSO wurde in Zeile 31 als Rentenart von den Klägern „Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente” angegeben. Als Rentenbeginn wurde der 13. November 1995, als Rentenbetrag DM 23.321,00 und als Ertragsanteil 37 vom Hundert eingetragen. Die Veranlagung wurde nach den in der Steuererklärung gemachten Angaben der Kläger durchgeführt. Die Renteneinkünfte wurden mit einem Ertragsanteil von 37 vom Hundert besteuert. Der Einkommensteuerbescheid 1997 vom 25. Februar 1990 wurde mangels Einspruchs bestandskräftig. Auch in den Folgejahren wurde die Rente – wie von den Klägern in ihren Steuererklärungen angegeben, ohne Änderungen im Veranlagungsverfahren – als Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente mit einem Ertragsanteil von 37 vom Hundert der Besteuerung zugrunde gelegt. Die Einkommensteuerbescheide 1998 und 1999 wurden ebenfalls bestandskräftig.

Erst bei der Veranlagung der Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2000 wurde von einem Sachbearbeiter des Beklagten festgestellt, dass der von den Klägern angegebene Ertragsanteil der Rente unzutreffend ist. Bei der Rente des Klägers handelt es sich um eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente, also um eine abgekürzte Leibrente, deren Ertragsanteil nicht aus der Tabelle des § 22 Einkommensteuergesetz (EStG) mit einem Ertragsanteil von 37 vom Hundert, sondern aus der Tabelle des § 55 Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) mit einem Ertragsanteil von lediglich 15 vom Hundert zu entnehmen ist.

Nachdem der Einkommensteuerbescheid 2001 ergangen war, beantragten die Kläger mit Schreiben vom 11. Juli 2002, die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide der Veranlagungszeiträume 1997, 1998 und 1999 zu berichtigen, so dass die Rente jeweils mit dem zutreffenden Ertragsanteil in Höhe von 15 vom Hundert der Einkommensteuer zugrunde gelegt werde.

Der Antrag auf Änderung der Einkommensteuerbescheide 1997, 1998 und 1999 wurde vom Beklagten mit Verwaltungsakt vom 10. September 2002 abgelehnt. Die Kläger erhoben gegen diesen, eine Änderung der Einkommensteuerbescheide ablehnenden Verwaltungsakt den Rechtsbehelf des Einspruchs. Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2003 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Der Verfahrensbevollmächtigte der Kläger erhob mit Schriftsatz vom 11. März 2003 Klage.

Mit der vorliegenden Klage vertreten die Kläger die Auffassung, dass die Berichtigungsvorschrift des § 129 AO nicht nur auf reine Formfehler anzuwenden sei. Den Sachbearbeitern des Beklagten habe der Rentenbescheid vorgelegen, aus dem sich aufgrund des Geburtsdatums des Klägers ergebe, dass es sich nicht um eine Altersrente handeln könne. Ferner sei in den Mitteilungen zur Rentenanpassung ausdrücklich enthalten, dass es sich bei der Rente des Klägers um eine „Rente wegen Erwerbsunfähigkeit” handele. Es sei somit für den Sachbearbeiter offenkundig gewesen, dass der außerordentlich hohe Ertragsanteil der Rente, der für eine Steuererklärung ungewöhnlich sei, nicht mit dem Rentenbescheid in Deckung zubringen sei. Diese Divergenz sei so offenkundig, dass sie einem Sachbearbeiter hätte ausfallen müssen. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger vertritt die Ansicht, dass die Bestandskraft eines Steuerbescheids jederzeit nach §§ 130, 131 AO geändert werden könne.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2003 die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide der Veranlagungszeiträume 1997, 1998 und 1999 dahingehend zu ändern, dass bei der Rente des Klägers ein Ertragsanteil von 1...

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