rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifbegünstigung einer bereits im Anstellungsvertrag geregelten Entlassungsentschädigung. Einkommensteuer 1996

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist im befristeten Anstellungsvertrag eines Vorstandsmitglieds geregelt, dass der Arbeitslohn aus der Tätigkeit mindestens einen bestimmten Betrag erreichen soll, und dass dem Arbeitnehmer im Falle einer vorzeitigen Vertragsauflösung den Differenzbetrag zwischen dem bis dahin bezogenen Arbeitslohn und dem festgelegten Mindestbetrag als Entschädigung zustehen soll, so ist dieser Auffüllungsbetrag als steuerbegünstigte Entschädigung anzusehen. Nicht die ursprüngliche Vereinbarung im Anstellungsvertrag, sondern erst die Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Arbeitgeber bildet den Rechtsgrund für die Entstehung des Anspruchs auf Entschädigung.

 

Normenkette

EStG 1990 § 24 Nr. 1 Buchst.a, § 34 Abs. 2 Nr. 2

 

Tenor

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2000 wird der Einkommensteuerbescheid 1996, zuletzt vom 19.02.2001 geändert. Auf die Zahlung von 255.000 DM ist der ermäßigte Steuersatz des § 34 Abs. 1 EStG anzuwenden. Die Berechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festzusetzenden Erstattungsbetrags abwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Zahlung anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Entschädigung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

Die Kläger sind verheiratet und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war über 40 Jahre bei der K- AG beschäftigt. Aus deren Diensten war er im Januar 1994 ausgeschieden. Bis zum 31.07.1995 war der Kläger arbeitslos. Mit Beschluss des Aufsichtsrats der Firma R AG wurde der Kläger zum Mitglied des Vorstands für die Dauer von 3 Jahren bestellt. Sein Dienstverhältnis begann am 01.08.1995. Der mit dem Kläger abgeschlossene Dienstvertrag enthält folgende Regelung:

㤠8

Dieser Vertrag wird für die Zeit der Bestellung von Herrn von M zum Vorstandsmitglied der R AG geschlossen, d.h. vom 01. August 1995 bis zum 31. Juli 1998. Abweichend von Abs. 1 endet das Dienstverhältnis bei dauernder Dienstunfähigkeit. Wird die Bestellung von Herrn von M zum Vorstands-Mitglied der RAG widerrufen, läuft der Dienstvertrag mit einer Frist von 6 Monaten aus. Es gilt als vereinbart, daß Herr von M im Falle der vorzeitigen Abberufung so gestellt sein soll, daß seine Gesamtbezüge aus seiner Tätigkeit bei RAG DM 750.000,– (i.W.: Siebenhundertfünfzigtausend Deutsche Mark) erreichen. Der Differenzbetrag zu DM 750.000,– (i.W.: Siebenhundertfünfzigtausend Deutsche Mark), der durch eine evtl. vorzeitige Abberufung entsteht, wird Herrn von M als Sonderzahlung gewährt.”

Auf Wunsch des Aufsichtsrats der Firma R AG schied der Kläger als Mitglied des Vorstands zum 30.09.1996 aus der Firma aus. Der Arbeitgeber zahlte dem Kläger im Jahr 1996 zusätzlich zu seinem laufenden Arbeitslohn von 262.328 DM eine Entschädigung in Höhe von 279.000 DM. Die Höhe der Entschädigung war basierend auf der Vereinbarung im Dienstvertrag ermittelt worden.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragten die Kläger, die Zahlung von 279.000 DM als Entschädigung ermäßigt zu besteuern.

Der Beklagte gewährte zwar einen steuerlichen Freibetrag in Höhe von 24.000 DM, unterwarf im übrigen jedoch die Zahlung dem vollen Einkommensteuersatz, da der Rechtsgrund für die Zahlung bereits im ursprünglichen Anstellungsvertrag geregelt sei. Der Beklagte folgte dabei der Argumentation eines Lohnsteueraußenprüfers des Finanzamts N, der im Rahmen einer Prüfung beim ehemaligen Arbeitgeber des Klägers den Sachverhalt im Wege einer Kontrollmitteilung an den Beklagten mitgeteilt hatte.

Gegen die Versagung des ermäßigten Steuersatzes richtet sich nach erfolglosen Vorverfahren die vorliegende Klage. Der Kläger trägt vor, dass die Voraussetzungen des ermäßigten Steuersatzes vorlägen. Er habe die Zahlung als Entschädigung für den Verlust künftiger Gehaltsansprüche erhalten. Dabei sei es unschädlich, wenn die Vereinbarung des Umfangs dieses Anspruchs bereits im ursprünglichen Dienstvertrag geregelt sei. Solange der Dienstvertrag Geltung habe, könne er keine Entschädigung für entgehende Einnahmen verlangen; einen entsprechenden Anspruch erhalte er erst bei einer vorzeitigen Auflösung des Dienstvertrags. Er habe sein Amt als Mitglied des Vorstands wegen Unstimmigkeiten mit dem Aufsichtsrat über den weiteren Sanierungskurs der Firma R AG aufgeben müssen, nachdem das Vertrauensverhältnis zum Aufsichtsrat gestört gewesen sei. Die Zahlung des Betrags von 279.000 DM sei auch als Entschädigung für den Verlust künftig entstehender Gehaltsansprüche anzusehen. Der Bundesminister für Finan...

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