Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschaffung der Möglichkeit des Abzugs ausländischer Betriebsstättenverluste vom Gesamtbetrag der Einkünfte verstößt nicht gegen die Niederlassungsfreiheit des EG-Vertrags. gesonderter und einheitlicher Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1999

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Verstoß gegen die Grundsätze der Niederlassungsfreiheit liegt vor, wenn das nationale Steuerrecht den Ausgleich von Verlusten insgesamt ausschließt und sich Verluste in keinem Mitgliedstaat der EU steuerlich auswirken können.

2. Die Niederlassungsfreiheit regelt nicht, in welcher Höhe die Berücksichtigung zu erfolgen hat. Der deutsche Gesetzgeber war danach nicht nach den Grundsätzen der Niederlassungsfreiheit gehindert, die Möglichkeit, Verluste aus ausländischen Betriebsstätten gemäß § 2 a Abs. 3 Satz 1 EStG auf Antrag bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abzuziehen, durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 abzuschaffen und die Berücksichtigung von nach Doppelbesteuerungsabkommen im Inland steuerfrei gestellten ausländischen Betriebsstättenverlusten nur noch über den negativen Progressionsvorbehalt zuzulassen.

 

Normenkette

EG Art. 43; EStG 1997 § 2a Abs. 3 S. 1, § 32b; StEntlG 1999/2000/2002

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.07.2008; Aktenzeichen I R 84/04)

BFH (Beschluss vom 28.06.2006; Aktenzeichen I R 84/04)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigungsfähigkeit der Verluste aus Betriebsstätten in Luxemburg.

Die Klägerin ist eine KG mit Sitz in Neckarsulm, an der als Komplementärin die L GmbH, als Kommanditistin die L KG beteiligt sind. An der Kommanditistin sind als Komplementärinnen die L & CO und die H, als Kommanditist B beteiligt. Nach dem Streitjahr ist als weiterer persönlich haftender Gesellschafter ohne Geschäftsführungsbefugnis B in die Klägerin eingetreten.

Die Klägerin ist Teil der Unternehmenskette L. Sie betreibt ihre Geschäftstätigkeit in Belgien und Luxemburg über dort belegene Betriebsstätten. Mit beiden Ländern bestehen Doppelbesteuerungsabkommen; das DBA Luxemburg weist in Art. 5 das Besteuerungsrecht für in Luxemburg erzielte Einkünfte aus Betriebsstätten dem Belegenheitsstaat Luxemburg zu. Im Streitjahr erzielte die Klägerin einen unstreitigen Verlust aus der Betriebsstätte in Luxemburg in Höhe von 163.382 DM, den sie in ihrer Steuererklärung als Einkünfte im Sinn des § 32 b EStG (negativer Progressionsvorbehalt) erklärte. Der Beklagte veranlagte die Klägerin antragsgemäß.

Nach Ergehen des Feststellungsbescheids beantragte die Klägerin dessen Änderung. Gegen die Versagung der Änderung richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die vorliegende Klage.

Die Klägerin trägt vor, dass die Abschaffung der Regelung in § 2 a Abs. 3 Satz 1 EStG, der bis zum Jahr 1998 die Möglichkeit eröffnet hatte, Verluste aus ausländischen Betriebsstätten auf Antrag bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abzuziehen, durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 verfassungswidrig sei und zudem gegen die Grundsätze der Niederlassungsfreiheit des EG-Vertrags, Art. 43 verstoße.

Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten widerspreche die Abschaffung dem Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Unter EU-Gesichtspunkten bedeute die Abschaffung der vollen Berücksichtigung des Verlustes einen Eingriff in die Niederlassungsfreiheit, die auch das Verbot an den Herkunftsstaat umfasse, wirtschaftliche Tätigkeiten seiner Bürger in einem anderen EU Land anders zu behandeln, als wenn diese Tätigkeit im Inland ausgeübt werde. Aus diesem Grund habe auch der österreichische Verwaltungsgerichtshof seine Rechtsprechung geändert und die Berücksichtigung von ausländischen Verlusten als durch den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit geboten anerkannt. Die Klägerin trägt weiter vor, dass beim EuGH ein Verfahren des Einzelhandelsunternehmens Marks und Spencer wegen einer ähnlichen Problematik anhängig sei. Dieses Verfahren beziehe sich aber nicht auf die Rechtslage zu Verlusten aus Betriebsstätten, sondern betreffe die Möglichkeit der Verrechnung von Verlusten im Konzern.

Die Klägerin regt an, die Frage der Vereinbarkeit der Nichtberücksichtigung von ausländischen Betriebsstättenverlusten dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen. Auf den Schriftsatz vom 2.06.2004 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Bescheids über die Ablehnung der Änderung des Feststellungsbescheids vom … und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom … den Feststellungsbescheid 1999 vom … dahingehend zu ändern, dass die Verluste aus der Betriebsstätte in Luxemburg antragsgemäß sich in voller Höhe steuermindernd auswirken können

Der Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

Mit der Gesetzeslage ab dem Veranlagungszeitraum 1999 sei das Begehren der Klägerin unvereinbar; die Vorlage an den EuGH stellt der Beklagte in das Ermessen des Gerich...

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