Leitsatz

1. Die Zusammenstellung des Prüfungsergebnisses einer Außenprüfung in einem Betriebsprüfungsbericht stellt keine – den Ablauf der Festsetzungsfrist hinausschiebende – letzte Ermittlungshandlung im Rahmen der Außenprüfung nach § 171 Abs. 4 S. 3 AO dar.

2. Reicht der Steuerpflichtige nach Zusendung des Betriebsprüfungsberichts eine – ausdrücklich vorbehaltene – Stellungnahme und Unterlagen ein, die zu einem Wiedereintritt in Ermittlungshandlungen führen, erfolgen diese noch im Rahmen der Außenprüfung.

 

Normenkette

§ 171 Abs. 4, §§ 193 ff., § 200 Abs. 1 S. 2 , § 202 AO

 

Sachverhalt

Beim Kläger wurde eine Betriebsprüfung durchgeführt, die sich u.a. auf die USt für 1984 bis 1987 erstreckte. Eine Schlussbesprechung fand nicht statt. Der Betriebsprüfungsbericht datiert vom 24.01.1994.

Das FA erließ am 04.12.1998 geänderte USt-Bescheide.

Das FG wies die auf Festsetzungsverjährung gestützte Klage ab:

Der Ablauf der Festsetzungsfrist sei durch die Betriebsprüfung gehemmt gewesen. Die für die Änderungsbescheide geltende Frist des § 171 Abs. 4 S. 3 AO sei noch nicht verstrichen gewesen, da in der Zusammenstellung der Prüfungsfeststellungen im Betriebsprüfungsbericht eine letzte Ermittlungshandlung zu sehen sei.

Das FG ließ ausdrücklich offen, ob in einer Stellungnahme des Prüfers zu Einwendungen des Klägers gegen den Betriebsprüfungsbericht und zu nachgereichten Unterlagen eine Ermittlungshandlung zu sehen sei (FG Köln, Urteil vom 15.03.2005, 5 K 2696/00, Haufe-Index 1936141, EFG 2008, 505).

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Der BFH sah in der Zusammenfassung der Prüfungsergebnisse im Betriebsprüfungsbericht aus den in den Praxis-Hinweisen aufgeführten Gründen keine "letzte Ermittlung" i.S.d. § 171 Abs. 4 S. 3 AO. Die Sache sei aber nicht spruchreif, weil zu klären sei, ob der Kläger eine – ausdrücklich vorbehaltene – Stellungnahme nebst Unterlagen zum Betriebsprüfungsbericht abgegeben und der Prüfer daraufhin weitere Ermittlungen durchgeführt und im Januar 1996 eine Stellungnahme dazu abgegeben habe.

 

Hinweis

1. Nach § 171 Abs. 4 S. 3 AO endet die – aufgrund einer Außenprüfung in ihrem Ablauf gehemmte – Festsetzungsfrist spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind.

2. Da im Besprechungsfall keine Schlussbesprechung stattgefunden hatte und die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO vier Jahre beträgt, wäre bei Erlass der Änderungsbescheide im Dezember 1998 die Festsetzungsfrist nur dann noch nicht abgelaufen gewesen, wenn letzte Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung im Jahr 1994 stattgefunden hätten.

3. Die AO enthält keine Legaldefinition des Begriffs der "Ermittlung". Aus den gesetzlichen Regelungen in den §§ 93 ff. AO folgt aber, dass unter diesem Begriff alle Maßnahmen zu verstehen sind, die der Gewinnung von Informationen über die Besteuerungsgrundlagen eines Steuerpflichtigen oder deren Überprüfung dienen. Danach kann die Anfertigung des Betriebsprüfungsberichts nicht unter den Begriff "Ermittlung" subsumiert werden, weil er sich darauf beschränkt, das Ergebnis der vorausgegangenen Ermittlungen und Überprüfungen darzustellen (§ 202 Abs. 1 S. 2 AO).

Es entspricht auch dem Zweck des § 171 Abs. 4 S. 3 AO, die Anfertigung des Betriebsprüfungsberichts nicht als eine Ermittlung i.S. dieser Vorschrift anzusehen. Die Vorschrift wurde mit Wirkung zum 01.01.1987 durch das StBereinG eingeführt. Es war als unbefriedigend empfunden worden, dass der Finanzbehörde nach der zuvor geltenden Rechtslage nach der Ermittlung des Sachverhalts im Rahmen der Außenprüfung für den Erlass der Steuerbescheide unbegrenzte Zeit verblieben war. Es sollte eine zeitgerechte Auswertung der Prüfungsfeststellungen durch den Erlass von Änderungsbescheiden erzwungen werden.

Diesem Zweck widerspräche es, wenn die jeweils geltende Frist des § 169 Abs. 2 AO erst mit Ablauf des Jahrs der Fertigstellung des Betriebsprüfungsberichts beginnen würde. Denn es läge wiederum in der Hand der Finanzverwaltung, durch eine verzögerte Erstellung des Betriebsprüfungsberichts eine zeitlich unbegrenzte Auswertung der Prüfungsfeststellungen zu erreichen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 08.07.2009 – XI R 64/07

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