Leitsatz

1. Der EuGH hat entschieden, dass Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der 6. EG-RL es den Mitgliedstaaten erlaubt, zum Zweck der Berechnung des Prorata-Satzes für den Abzug der Vorsteuern aus einem bestimmten Umsatz wie der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel als den in Art. 19 Abs. 1 der 6. EG-RL vorgesehenen Umsatzschlüssel vorzuschreiben, vorausgesetzt, die herangezogene Methode gewährleistet eine präzisere Bestimmung dieses Prorata-Satzes (EuGH, Urteil vom 8.11.2012, C 511/10 – BLC Baumarkt, UR 2012, 968, HFR 2013, 79).

a) Müssen bei der Anschaffung oder Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes Eingangsleistungen, deren Bemessungsgrundlage zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören, zur präziseren Bestimmung der abziehbaren Vorsteuerbeträge zunächst den (steuerpflichtigen oder steuerfreien) Verwendungsumsätzen des Gebäudes zugeordnet und lediglich die danach verbliebenen Vorsteuern nach einem Flächen- oder Umsatzschlüssel aufgeteilt werden?
b) Gelten die vom EuGH im Urteil BLC Baumarkt (UR 2012, 968, HFR 2013, 79) aufgestellten Grundsätze und die Antwort auf die vorstehende Frage auch für Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung eines gemischt genutzten Gebäudes?

2. Ist Art. 20 der 6. EG-RL dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs auch auf einen Sachverhalt Anwendung findet, bei dem ein Steuerpflichtiger die Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes nach der in Art. 19 Abs. 1 der 6. EG-RL vorgesehenen und nach nationalem Recht zulässigen Umsatzmethode aufgeteilt hat und ein Mitgliedstaat nachträglich während des Berichtigungszeitraums vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel vorschreibt?

3. Falls die vorstehende Frage zu bejahen ist: Verwehren die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes die Anwendung des Art. 20 der 6. EG-RL, wenn der Mitgliedstaat für Fälle der zuvor beschriebenen Art weder ausdrücklich eine Vorsteuerberichtigung anordnet noch eine Übergangsregelung trifft und wenn die vom Steuerpflichtigen angewandte Vorsteueraufteilung nach der Umsatzmethode vom BFH generell als sachgerecht anerkannt worden war?

 

Normenkette

Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3, Art. 19 Abs. 1, Art. 20 der 6. EG-RL, § 15 Abs. 4, § 15a UStG

 

Sachverhalt

1. Im Streitfall ging es zum einen um die Höhe des Vorsteuerabzugs im Jahr 2004 aus Baukosten sowie aus laufenden Kosten für ein Wohn- und Geschäftshaus, mit dem die Klägerin sowohl steuerfreie als auch steuerpflichtige Vermietungsumsätze ausführte.

Da in diesen Fällen der Vorsteuerabzug nur zulässig ist, soweit die von einem Unternehmer bezogenen Eingangsleistungen (hier Baumaterial, Handwer­kerleistungen etc.) für steuerpflichtige Ausgangsumsätze (hier: Vermietungsumsätze) verwendet werden, müssen die insgesamt angefallenen Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 UStG aufgeteilt werden. Seit der Einfügung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG mit Wirkung vom 1.1.2004 ist dabei eine Aufteilung nach dem Verhältnis der (voraussichtlichen) steuerpflichtigen zu den steuerfreien Ausgangsumsätzen (sog. "Umsatzschlüssel") nur noch nachrangig zulässig.

Die Klägerin ermittelte die abziehbaren Vorsteuern für das Streitjahr 2004 – wie in den Vorjahren – nach dem Umsatzschlüssel. Das FA legte dagegen der Vorsteueraufteilung den (für die Klägerin ungünstigeren) Flächenschlüssel zugrunde.

2. Ferner verlangte das FA im Wege der Vorsteuerberichtigung einen Teil der in den vergangenen Jahren (seit Beginn der Baumaßnahme 1999) anerkannten Vorsteuerbeträge von der Klägerin zurück, weil auch insoweit nunmehr der Flächenschlüssel gelte.

3. Das FG Düsseldorf gab der Klage teilweise statt (Urteil vom 11.9.2009, 1 K 996/07 U, E, Haufe-Index 2259860, EFG 2010, 178).

 

Entscheidung

Der XI. Senat des BFH legte die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

1. Mit der ersten Vorlagefrage soll geklärt werden, ob bei gemischt genutzten Gebäuden die Vorsteuern auf Eingangsleistungen, die die Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes betreffen, zunächst den Ausgangsumsätzen zugeordnet werden müssen und lediglich die danach verbleibenden Vorsteuern nach einem (weniger präzisen) Flächen- oder Umsatzschlüssel aufzuteilen sind.

Weiter ist zu klären, ob dies entsprechend für Vorsteuern auf laufende Kosten gilt. Dies war in dem zu § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ergangenen EuGH-Urteil BLC Baumarkt offengeblieben.

2. Die zweite Vorlagefrage geht dahin, ob eine die Berichtigung des Vorsteuerabzugs auslösende Änderung der Verhältnisse unionsrechtlich auch dann vorliegt, wenn ein Steuerpflichtiger (wie die Klä­gerin) die Vorsteuern aus der Errichtung eines ­gemischt genutzten Gebäudes zulässigerweise nach dem Umsatzschlüssel aufgeteilt hat und Deutschland mit § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nachträglich einen anderen vorrangigen Aufteilungsschlüssel vorschreibt.

3. Bejahendenfalls möchte der BFH mit der dritten Vorlagefrage wissen, ob einer Vorsteuerber...

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