Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer Sonstiges Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Produktionsvertrag zwischen dem Filmhersteller und dessen Auftraggeber über einen Märchenfilm seinem Inhalt nach umsatzsteuerrechtlich als Lieferung beurteilt werden kann.

 

Normenkette

UStG § 1 Ziff. 1, § 3/1, § 3/8; UStDB § 7 Abs. 1; BHG § 7 Abs. 1; BerlinFG 1/1; BerlinFG 1/6/5

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) befaßt sich mit der Herstellung von Filmen. Streitig ist die umsatzsteuerliche Beurteilung eines Vertrages, den sie mit der Verleih GmbH über die Produktion eines Märchenfilmes nach einem vorliegenden Drehbuch abgeschlossen hat, dessen Verfilmungsrechte die Auftraggeberin (Verleih GmbH) erworben hatte. Die künstlerische Oberleitung hatte neben dem Drehbuchautor ein weiterer Beauftragter der GmbH übernommen. Die Bfin. hatte nach dem Vertrag ein einwandfreies Bild und einen einwandfreien Ton zu garantieren (Ziff. IV des Vertrages). Nach Ziff. V des Vertrages waren sich die Parteien darüber einig, daß das Eigentumsrecht an dem Negativ einschließlich aller damit verbundenen sonstigen Rechte bereits während der Herstellung des Filmes in seinem jeweiligen Zustand übergeht, und daß mit dem Augenblick der Fertigstellung des Filmes das Eigentum an dem Negativ einschließlich aller damit verbundenen Rechte bei der Auftraggeberin liegt. Sämtliche für die Herstellung des Filmes erforderlichen Verträge hat der Produzent (Bfin.) im eigenen Namen abzuschließen (Ziff. VI a. a. O.). Die Bfin. erhielt nach Ziff. IX des Vertrages von den in der Kalkulation festgelegten Herstellungskosten von 130.000 DM 7 1/2 % Handlungsunkosten.

Die Bfin. begehrt für die Entgelte, die sie im gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) verkürzten Veranlagungszeitraum I/1954 für die Herstellung des Filmes vereinnahmt hat, Steuerfreiheit nach § 7 des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) - Berlinhilfegesetz -, die die Vorinstanzen mit der Begründung versagt haben, die Bfin. habe eine im § 7 a. a. O. nicht begünstigte sonstige Leistung erbracht.

 

Entscheidungsgründe

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.), die Erfolg haben muß.

Zutreffend geht die Vorentscheidung davon aus, daß nach dem Vertrage zwischen der Bfin. und ihrer Auftraggeberin auch Urheberrechte an Bild und Ton auf diese übergegangen sind (vgl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen - RGZ - Bd. 106 S. 362 ff., 365). Andererseits hat die Auftraggeberin nach ihrem insoweit unbestrittenen Vorbringen die Rechte am Drehbuch bereits besessen und hat infolge ihrer Einschaltung in den Herstellungsvorgang durch die Gestellung der künstlerischen Oberleitung sicherlich auch sonstige Urheberrechte oder doch Miturheberrechte erworben. Zudem geht gerade aus Ziff. V des Vertrages hervor, daß es der Bfin. insbesondere auf das endgültig in ihr Eigentum übergehende Negativ ankam, und daß nach Ziff. IV und IX a. a. O. dem Produzenten im wesentlichen die technische Seite der Herstellung verblieb, für die er ohne weiteres Risiko voll entschädigt wurde. Bei der nach ständiger Rechtsprechung gebotenen einheitlichen Beurteilung des Vertrages fragt es sich deshalb nur noch, ob das Umsatzgeschäft wie der normale Filmverleihvertrag im zur Veröffentlichung bestimmten Urteil V 245/56 S vom gleichen Tage als auf eine sonstige Leistung gerichtet anzusehen ist oder ob eine Auftragsproduktion vorliegt, wie sie der Senat in den Urteilen V 226/55 S (BStBl 1957 III S. 119) und V 75/56 U (BStBl 1957 III S. 121) vom gleichen Tage angenommen hat. Der geschilderte Sachverhalt macht jedoch wesentliche Unterschiede zum Filmverleihvertrag ersichtlich, wie er bei größeren Spielfilmen üblich ist. Die Rechte am Filmstoff und am Drehbuch lagen, wie erwähnt, bereits vorher bei der Auftraggeberin. Ihre Beauftragten hatten während der Filmaufnahmen die Führung der Kinderschauspieler und die künstlerische Oberleitung übernommen. Die Bfin. war nicht mehr, wie bei den Filmverleihverträgen, an den Einspielergebnissen ihres Filmes beteiligt. Die Gewährleistungspflicht der Bfin. erstreckte sich demgemäß auch nicht wie in den Filmverleihverträgen auf die verschiedenen Urheberrechte, sondern auf die technisch einwandfreie Beschaffenheit des Negativs. Die Parteien selbst haben also in der Ablieferung eines einwandfreien Negativs das wesentliche Vertragselement erblickt, das auch nicht, wie beim Verleihvertrage, nur örtlich oder zeitlich begrenzt, sondern an dem die endgültige Verfügungsmacht im bürgerlich-rechtlichen und umsatzsteuerrechtlichen Sinne übertragen wurde.

Haben sich hiernach die sämtlichen in Betracht kommenden Urheberrechte nicht in der Person des Herstellers vereinigt, und berücksichtigt man die vorgelegte Kalkulation der Herstellungskosten, die sich zuzüglich eines Bruttogewinns von 7 1/2 % mit dem steuerbaren Entgelt decken, so bestehen keine Bedenken, mit der Rb. anzunehmen, daß die Lieferungselemente des Umsatzgeschäftes überwiegen und daß als Lieferungsgegenstand das Filmnegativ anzusehen ist, in dem sich die Herstellungskosten des Films verkörpern.

Die sonstigen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Ziff. 1 des Berlinhilfegesetzes sind nicht streitig. Die Bfin. war deshalb unter Aufhebung der Vorentscheidungen, wie geschehen, von der Umsatzsteuer im streitigen Veranlagungszeitraum freizustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 309 der Reichsabgabenordnung.

 

Fundstellen

BStBl III 1957, 120

BFHE 1957, 320

BFHE 64, 320

StRK, UStG:1/1 R 53

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