Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur bilanzmäßigen Behandlung eines Wettbewerbsverbotes.

 

Normenkette

EStG §§ 5, 6/1/2; KStG § 6 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Entschädigung an einen Konkurrenzbetrieb eine Aufwendung für die Unterlassung des Wettbewerbes darstellt und deshalb als besonderes Wirtschaftsgut aktiviert werden kann oder ob sie dem Geschäftswert zuzurechnen ist, und des weiteren, ob eine Abschreibung auf 0 DM gerechtfertigt ist.

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) - eine GmbH - schloß mit dem Fabrikanten A., der gleiche Fabrikate wie die Bfin. herstellte, einen Vertrag, in dem sich A. gegen eine Entschädigung in Höhe von 3 000 DM verpflichtete:

seine bisherige Fabrikation einzustellen, die dazu benutzten Gebäude und Anlagen auf andere Zwecke umzustellen oder abzubrechen;

im Liefergebiet der Bfin. weder selbst einen gleichen Betrieb wieder zu errichten noch sich an einem gleichartigen Unternehmen zu beteiligen oder darin tätig zu sein;

die Bfin. nach Aushändigung der Kundenliste zu unterstützen.

Die Bfin. verpflichtete sich, die übernommene Kundschaft zu beliefern. Sie hat die vereinbarte Entschädigung im Jahre 1953 an A. gezahlt und als "Abfindung A. (Firmenwert)" in der Bilanz vom 31. Dezember 1953 aktiviert. In der Bilanz vom 31. Dezember 1954 hat die Bfin. den aktivierten Betrag zunächst teilweise, später unter Bilanzänderung in voller Höhe abgeschrieben. Das Finanzamt hat die Abschreibungen nicht anerkannt. Es war der Ansicht, die von A. übernommenen Verpflichtungen gingen über ein Wettbewerbsverbot hinaus. Die vertraglichen Vereinbarungen würden einem Ankauf eines Konkurrenzunternehmens mit anschließender Stillegung gleichkommen. Eine Abschreibung sei deshalb nicht gerechtfertigt. Im Gegensatz dazu vertrat die Bfin. die Ansicht, daß es sich lediglich um ein reines Wettbewerbsverbot handele und der Rückgang der Kunden sie zur Abschreibung berechtige. Bereits der Betrag von 3 000 DM zeige, daß es sich nicht um die übernahme eines gesamten Betriebes gehandelt habe.

Das Finanzgericht trat der Auffassung des Finanzamts bei. Es handele sich um Zahlungen für den Geschäftswert. Die Voraussetzungen für die Abschreibung des Geschäftswertes seien nach den Entscheidungen des Reichsfinanzhofs VI A 814/30 vom 26. November 1930 (Steuer und Wirtschaft - StuW - 1931 Nr. 83), VI A 85/33 vom 16. August 1934 (StuW 1934 Nr. 593) und VI 704/38 vom 30. November 1938 (RStBl 1939 S. 251) nicht gegeben. Die Firma habe mit guten Ergebnissen abgeschnitten.

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) der GmbH wiederholt das Vorbringen im Berufungsverfahren. Es handele sich lediglich um ein Wettbewerbsverbot, das selbständig zu aktivieren sei und gegebenenfalls abgeschrieben werden könne. Die GmbH stützt sich hierbei auf die Entscheidungen des Reichsfinanzhofs VI A 976/33 vom 31. Oktober 1934 (RStBl 1935 S. 745), VI A 24/35 vom 6. Mai 1936 (RStBl 1936 S. 848) und I 65/43 vom 12. Oktober 1943 (RStBl 1943 S. 813). Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 209/55 U vom 13. März 1956 (BStBl 1956 III S. 149, Slg. Bd. 62 S. 401) stehe der Abschreibung nicht entgegen, da es sich hierbei um einen andersartigen Tatbestand gehandelt habe. Die Abschreibung rechtfertige sich aus dem Rückgang des Umsatzes und aus dem Rückgang der Anzahl der Kunden.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:

Es ist in erster Linie zu entscheiden, ob lediglich ein Wettbewerbsverbot vereinbart worden ist oder ob ein Betrieb mit einem Geschäftswert übernommen worden ist. Nach dem Tatbestand ist jedenfalls - formal betrachtet - kein Betrieb erworben, sondern lediglich ein Vertrag über ein Wettbewerbsverbot abgeschlossen worden. Die GmbH hat überhaupt keine Wirtschaftsgüter des Unternehmens des Kaufmanns A. gekauft. Sie sind bei diesem verblieben. Er hat sich lediglich verpflichtet, seine bisherige Fabrikation einzustellen und die bisher benutzten Gebäude für andere Zwecke zu verwenden sowie im Liefergebiet der Bfin. keinen Konkurrenzbetrieb aufzumachen. Die Tatsache, daß die Bfin. die Kunden des Kaufmanns A. übernommen hat, liegt nach Lage der Verhältnisse im Wesen des Wettbewerbsverbotes. Dort, wo ein Wettbewerbsverbot mit einem Betrieb vereinbart wird, der in dem Bezirk des Berechtigten bisher Konkurrent war, entspricht es der Sachlage, daß die Kunden des Konkurrenzunternehmens übernommen werden. Man wird hier für die rechtliche Beurteilung keinen Unterschied machen können, ob der Verpflichtete seinen Betrieb umstellt, ob er seine bisherige Tätigkeit lediglich einschränkt oder ob er sie in andere Bezirke verlegt.

Der Senat verbleibt bei der von der Bfin. oben mitgeteilten Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, der die Frage, ob ein Geschäftswert erworben worden ist oder ob es sich lediglich um ein Wirtschaftsgut "Wettbewerbsverbot" handelt, davon abhängig gemacht hat, ob der Betrieb im ganzen übernommen worden ist. Es mag zutreffen, daß durch diese Grenzziehung Fälle auftreten können, die sich wirtschaftlich nicht beachtlich unterscheiden und trotzdem rechtlich verschiedenartig beurteilt werden.

Geht man davon aus, daß lediglich ein Wettbewerbsverbot vereinbart worden ist, so handelt es sich weiter um die Frage, ob auf dieses Wirtschaftsgut Absetzungen für Abnutzung oder nur Wertabschreibungen vorgenommen werden können. Der Reichsfinanzhof hat Absetzungen für Abnutzung in der Entscheidung I 65/43 vom 12. Oktober 1943 (RStBl 1943 S. 813) dort anerkannt, wo ein Wettbewerbsverbot nur für eine beschränkte Zeit vereinbart worden ist. Im Streitfalle ist das Wettbewerbsverbot nach den Unterlagen unbefristet ausgesprochen worden. In derartigen Fällen können nur Wertabschreibungen zugelassen werden.

Da das Finanzgericht diese Grundsätze verkannt hat, muß seine Entscheidung aufgehoben werden.

Im Streitfall kann es zweifelhaft sein, ob eine Wertabschreibung gerechtfertigt ist. Für sie spricht der Rückgang der Kunden sowie des Umsatzes. Die Vorinstanzen haben dem Reingewinn mit Recht wesentliche Bedeutung zugemessen. Er kann aber nicht allein entscheidend sein. Die Frage ist nach dem Gesamtbild, also auch unter Berücksichtigung der Umsätze und der Zahl der Kunden, zu beurteilen.

Der Senat hält es nach Lage der Verhältnisse nicht für gerechtfertigt, weitere Erhebungen durch die Vorinstanzen anstellen zu lassen, da nicht anzunehmen ist, daß hierdurch eine weitere Klärung erreicht wird. In eigener Würdigung kommt er zu dem Ergebnis, die ursprüngliche Bilanzierung der Firma mit einer Wertabschreibung von 1/3 anzuerkennen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409214

BStBl III 1959, 242

BFHE 1959, 633

BFHE 68, 633

BB 1959, 624

DB 1959, 724

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