Leitsatz (amtlich)

Wird in einer typischen GmbH & Co. KG die Gewinnverteilungsabrede in der Weise geändert, daß die Gewinnanteile der Kommanditisten erhöht und der Gewinnanteil der GmbH vermindert wird, so ist die Zustimmung der GmbH zu dieser Vertragsänderung dann keine verdeckte Gewinnausschüttung, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Änderung zugestimmt hätte, weil sich der der GmbH verbleibende Gewinnanteil immer noch als hochwertig darstellt und weil die GmbH nach den Umständen des Einzelfalles bei einem Ausscheiden der Kommanditisten durch Kündigung außerstande gewesen wäre, das Unternehmen mit ähnlichem Erfolg allein fortzuführen. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn wesentliche Grundlage des Unternehmens der KG die Erfindungen oder ein Know-how sind, die ein Kommanditist der KG auf Grund eines kurzfristig kündbaren Lizenzvertrags zur Nutzung überlassen hat, und gleichartige Rechte von dritter Seite nicht ohne weiteres zu erhalten sind.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1 S. 2; EStG § 15 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen für eine GmbH & Co. KG,

a) ob Änderungen der vertraglichen Gewinnverteilungsabrede dahingehend, daß abweichend vom ursprünglichen Gesellschaftsvertrag die Gewinnanteile der Kommanditisten erhöht und die Gewinnanteile der GmbH vermindert werden, als verdeckte Gewinnausschüttungen zu beurteilen sind und

b) sofern die Frage zu a) zu bejahen ist, welche einkommensteuerrechtlichen Folgen sich hieraus im einzelnen ergeben.

Die Klägerin und Revisionsklägerin, eine GmbH (im folgenden Klägerin oder GmbH), ist alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der K-KG, der Beigeladenen zu 1 (im folgenden KG). Gesellschafter der GmbH waren in den Streitjahren W K, der Beigeladene zu 2, mit einem Geschäftsanteil von 12 000 DM und dessen Ehefrau E K (im folgenden EK) mit einem Geschäftsanteil von 8 000 DM. WK und EK waren gleichzeitig die einzigen Kommanditisten der KG. EK ist 1971 verstorben. Erben sind ihre Kinder H und P, die Beigeladenen zu 3 und 4.

Gegenstand des Unternehmens der KG ist insbesondere die Herstellung und der Vertrieb von X.

Alleinige Gesellschafter der KG waren ursprünglich WK als Komplementär und EK als Kommanditistin. Aufgrund eines Gesellschaftsvertrags vom 1. Dezember 1961 trat die GmbH mit Wirkung ab 1. Januar 1962 als alleinige Komplementärin in die KG ein; WK wurde gleichzeitig Kommanditist.

Der Gesellschaftsvertrag vom 1. Dezember 1961 bestimmt u. a. : Die GmbH verpflichtet sich zu einer Bareinlage von 15 000 DM; WK leistete eine Einlage von 7 200 DM und EK eine Einlage von 4 800 DM. Auf die Einlageverpflichtung der Kommanditisten wird der derzeitige Stand ihrer Kapitalkonten angerechnet (§ 3). Der GmbH steht die alleinige Geschäftsführung zu (§ 5). Der Gewinn der KG ist in der Weise zu verteilen, daß vorweg die GmbH eine Haftungsprämie von 3 v. H. des Gewinns und jeder Gesellschafter einen Kapitalzins von 4 v. H. des der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Kapitals erhält; vom Restgewinn (und ebenso von einem etwaigen Verlust) entfallen auf die GmbH 50 v. H., auf WK 30 v. H. und auf EK 20 v. H. (§ 6). Die GmbH erhält für ihre Geschäftsführung eine angemessene Vergütung, die sich nach ihren Aufwendungen bemißt (§ 7). Die Gesellschaft kann mit einer Frist von zehn Monaten zum Ende eines Geschäftsjahres (= Kalenderjahr) gekündigt werden; der kündigende Gesellschafter scheidet aus (§ 10). Ein ausscheidender Gesellschafter erhält ein Auseinandersetzungsguthaben, das nach dem wahren Wert des Gesellschaftsvermögens (ohne Firmenwert) zu ermitteln ist (§ 11).

In ihren Bilanzen ab 31. Dezember 1962 führte die KG für ihre Gesellschafter feste Kapitalkonten auf der Grundlage der vereinbarten Einlagen; laufende Gewinne, Entnahmen und Einlagen verbuchte sie auf gesonderten variablen Kapitalkonten.

Der Gesellschaftsvertrag der KG vom 1. Dezember 1961 wurde in den Jahren 1964 bis 1967 bezüglich der Einlageverpflichtung der Gesellschafter (feste Kapitalkonten) und der Gewinnverteilungsabrede dreimal geändert.

Mit Vertrag vom 25. Mai 1964 (erste Änderung) vereinbarten die Gesellschafter mit Wirkung vom 1. Januar 1964, daß sich die Einlage von WK auf 51 000 DM und von EK auf 34 000 DM erhöhe und daß der sog. Restgewinn (und ebenso ein etwaiger Verlust) zu 15 v. H. auf die GmbH, zu 51 v. H. auf WK und zu 34 v. H. auf EK entfalle.

Mit Vertrag vom 20. Dezember 1964 (zweite Änderung) vereinbarten die Gesellschafter mit Wirkung vom 1. Januar 1965, daß sich die Einlage der GmbH auf 5 000 DM vermindere, daß die Haftungsprämie der GmbH auf jährlich höchstens 9 000 DM begrenzt werde und daß der sog. Restgewinn (und ebenso ein etwaiger Verlust) zu 5/90 auf die GmbH, zu 51/90 auf WK und zu 34/90 auf EK entfalle.

Mit Vertrag vom 2. Januar 1967 (dritte Änderung) vereinbarten die Gesellschafter mit Wirkung vom 1. Januar 1967, daß sich die Einlage von WK auf 127 500 DM und die Einlage von EK auf 85 000 DM erhöhe und daß der sog. Restgewinn (und ebenso ein etwaiger Verlust) zu 2,30 v. H. auf die GmbH, zu 58,62 v. H. auf WK und zu 39,08 v. H. auf EK entfalle.

Sämtliche Änderungen der Einlagen wurden jeweils durch entsprechende Umbuchungen von den variablen Kapitalkonten auf die festen Kapitalkonten durchgeführt.

In ihrer Gewinnfeststellungserklärung für 1964 rechnete die KG ihren Gewinn für 1964 ihren Gesellschaftern nach Maßgabe des mit Änderungsvertrag vom 25. Mai 1964 vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssels zu, den sog. Restgewinn also nicht mehr im ursprünglich vereinbarten Verhältnis von 50 : 30 : 20, sondern im Verhältnis 15 : 51 : 34. Ebenso rechnete die KG in ihrer Gewinnfeststellungserklärung für 1965 ihren Gewinn (erklärter Gesamtgewinn 541 622 DM) ihren Gesellschaftern nach Maßgabe des mit Änderungsvertrag vom 20. Dezember 1964 vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssels zu, den Restgewinn also im Verhältnis 5,55 : 56,67 : 37,78. Des weiteren rechnete die KG in ihrer Gewinnfeststellungserklärung für 1967 ihren Gewinn (erklärter Gesamtgewinn 2 283 312 DM) ihren Gesellschaftern nach Maßgabe des Änderungsvertrags vom 2. Januar 1967 zu, den Restgewinn also im Verhältnis 2,3 : 58,62 : 39, 08.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte im Anschluß an eine Betriebsprüfung zwar die Änderung der Gewinnverteilungsabreden grundsätzlich an, beanstandete indessen die von der KG für das Wirksamwerden der Änderungen bestimmten Zeitpunkte. Das FA stellte sich auf den Standpunkt, daß eine fremde GmbH den Änderungen der Beteiligungsverhältnisse und insbesondere der Gewinnverteilungsabreden zu ihren Ungunsten mit Wirkung frühestens von den Zeitpunkten an zugestimmt hätte, zu denen der Gesellschaftsvertrag unter Berücksichtigung der zehnmonatigen Kündigungsfrist jeweils kündbar gewesen wäre; die Änderungen vom 25. Mai und 20. Dezember 1964 seien daher erst ab 31. Dezember 1965 und die Änderung vom 2. Januar 1967 sei erst ab 31. Dezember 1967 anzuerkennen. Die Restgewinnanteile, die die KG den Kommanditisten WK und EK über den danach jeweils anzuerkennenden Gewinnverteilungsschlüssel hinaus zugerechnet hatte, erfaßte das FA in den Gewinnfeststellungsbescheiden für 1964, 1965 und 1967 vom 10. November 1971 abzüglich der darauf entfallenden Gewerbesteuer als verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbH an ihre Gesellschafter WK und EK. Demgemäß erhöhte das FA den jeweils festgestellten Gesamtgewinn der KG und die jeweiligen Gewinnanteile der GmbH um diese Beträge (1964 66 154 DM abzüglich 8 300 DM; 1965 186 816 DM abzüglich 24 000 DM; 1967 63 494 DM abzüglich 8 200 DM).

Mit ihrer Sprungklage machte die KG geltend, die Änderungen der Gewinnverteilungsabreden seien jeweils von dem darin bestimmten Zeitpunkt an auch steuerrechtlich zu berücksichtigen.

Die Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG), dessen Entscheidung in den "Entscheidungen der Finanzgerichte" 1973 S. 273 (EFG 1973, 273) veröffentlicht ist, war der Auffassung, daß bereits zweifelhaft sei, ob das FA die Herabsetzung der Restgewinnanteile der GmbH hätte überhaupt anerkennen dürfen, daß das FA aber jedenfalls zu Recht die Wirksamkeit der Änderungen erst zu dem Zeitpunkt anerkannt habe, in dem der Gesellschaftsvertrag jeweils hätte gekündigt werden können.

Mit der Revision beantragt die Klägerin, das Urteil des FG aufzuheben und die Gewinnfeststellungsbescheide 1964, 1965 und 1967 zu ändern, und zwar in der Weise,

a) daß die Gewinne wie folgt gemindert werden:

1964 1965 1967

Gewinnminderung 66 154 DM 186 816 DM 63 494 DM

./. Gewerbesteuer-

Folgewirkungen 8 300 DM 24 000 DM 8 200 DM

Saldo = beantragte

Gewinnminderung 57 854 DM 162 816 DM 55 294 DM

b) daß die Restgewinne, die in den so geänderten Gewinnanteilen enthalten sind, wie folgt verteilt werden:

1964 1965 1967

GmbH 15 % 5,55 % 2,3 %

WK 51 % 56,67 % 58,62 %

EK 34 % 37,78 % 39,08 %

Hilfsweise beantragt die Klägerin, den am 25. Mai 1964 mit Wirkung vom 1. Januar 1964 vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel ab 1965 anzuwenden, also für 1965 den Gewinn in der angegebenen Weise zu mindern und den im verbleibenden Gewinn enthaltenen Restgewinn nach dem Schlüssel 15 : 51 : 34 zu verteilen.

Die Klägerin macht geltend, die Vorentscheidung habe zu Unrecht verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbH an ihre Gesellschafter angenommen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Der Bundesminister der Finanzen (BdF) ist dem Verfahren beigetreten. Er vertritt die Auffassung, daß die GmbH im Ergebnis wohl bereit gewesen wäre, einer Minderung ihrer Gewinnquote mit Wirkung jeweils ab dem Zeitpunkt zuzustimmen, zu dem eine Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch die Kommanditisten möglich gewesen wäre.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet; die Vorentscheidung ist aufzuheben und der Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen. Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG können - abgesehen von der Rückbeziehung der Vertragsänderung vom 25. Mai 1964 auf den 1. Januar 1964 - die rechtliche Schlußfolgerung nicht rechtfertigen, daß die Zustimmung der GmbH zu den in Frage stehenden Änderungen des Gesellschaftsvertrags der KG als verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an ihre Gesellschafter WK und EK zu beurteilen ist. Das FG durfte nicht dahingestellt lassen, ob die GmbH im Fall einer Kündigung des KG-Gesellschaftsverhältnisses durch die Kommanditisten WK und EK tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen wäre, das Unternehmen der KG, insbesondere also die X-Produktion allein ohne Mitwirkung des Kommanditisten WK mit gleichen oder ähnlichen Erfolgsaussichten wie die KG fortzuführen.

1. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG sind bei der Ermittlung des Einkommens einer Kapitalgesellschaft auch verdeckte Gewinnausschüttungen zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung insbesondere dann vor, wenn eine Kapitalgesellschaft dem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat; dabei erweist sich die Zuwendung als durch das Gesellschaftsverhältnis verursacht, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 93 Abs. 1 Satz 1 des Aktiengesetzes - AktG -, § 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -) den Vermögensvorteil einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht gewährt hätte (s. z. B. BFH-Urteile vom 3. Februar 1971 I R 51/66, BFHE 101, 501, BStBl II 1971, 408; vom 27. Januar 1972 I R 28/69, BFHE 104, 353, BStBl II 1972, 320; vom 10. Januar 1973 I R 119/70, BFHE 108, 183, BStBl II 1973, 322; vom 19. März 1975 I R 137/73, BFHE 116, 12, BStBl II 1975, 722; vom 30. Juli 1975 I R 110/72, BFHE 117, 36, BStBl II 1976, 74; s. auch Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 1975, S. 19 ff., 42).

Ist eine GmbH alleinige persönlich haftende Gesellschafterin einer KG, deren einzige Kommanditisten zugleich die alleinigen Gesellschafter der GmbH sind (sog. typische GmbH & Co. KG), so kann eine Zustimmung der GmbH (diese vertreten durch ihre Geschäftsführer) zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrags der KG als verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an ihre Gesellschafter zu beurteilen sein, sofern sich durch die Vertragsänderung die vermögensrechtlichen Rechte, die der GmbH als Gesellschafterin der KG aufgrund des bisherigen KG-Gesellschaftsvertrags zustehen (insbesondere also der Anteil am Jahresgewinn und/oder der Anteil an einem künftigen Abfindungs- oder Auseinandersetzungsguthaben), verringern und sich zugleich die entsprechenden vermögensrechtlichen Rechte der Kommanditisten in gleicher Weise erhöhen (Zuwendungen eines Vermögensvorteils). Dabei kann an dieser Stelle offenbleiben, unter welchen Bedingungen in einem solchen Falle der zugewendete Vermögensvorteil lediglich in einem höheren Anteil am Jahresgewinn für einen bestimmten Zeitraum oder vielmehr in einem Bruchteil eines Gesellschaftsanteils (Mitunternehmeranteil) zu sehen ist, und welche Rechtsfolgen sich hieraus jeweils im einzelnen ergeben.

Unerläßliche Voraussetzung dafür, die Zustimmung zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrags der KG als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen, ist in jedem Falle, daß ein Geschäftsführer der GmbH, der bei seiner Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anwendet, der Vertragsänderung nicht zugestimmt hätte, oder anders ausgedrückt, daß der oder die Geschäftsführer der GmbH der Änderung des Gesellschaftsvertrags nicht zugestimmt hätten, wenn die durch die Vertragsänderung begünstigten Kommanditisten nicht zugleich Gesellschafter der GmbH gewesen wären. Dabei ist die Frage, wie sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter verhalten hätte, zwar insofern eine Rechtsfrage, als sie gewisse rechtliche Verhaltenspostulate impliziert; da diese Verhaltenspostulate aber wiederum von den jeweiligen tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalles bestimmt werden, kann die Rechtsfrage nicht ohne entsprechende Feststellungen dieser tatsächlichen Gegebenheiten entschieden werden (s. auch Döllerer, a. a. O., S. 56 und 57).

2. Im Streitfall haben sich durch die Vertragsänderungen vom 25. Mai 1964 (mit Wirkung vom 1. Januar 1964), vom 20. Dezember 1964 (mit Wirkung vom 1. Januar 1965) und vom 2. Januar 1967 (mit Wirkung vom 1. Januar 1967) die bis dahin aufgrund des Gesellschaftsvertrags gegebenen vermögensrechtlichen Rechte der GmbH - und zwar mindestens ihr Anteil am jeweiligen Jahresgewinn - zugunsten der Kommanditisten, die zugleich Gesellschafter der GmbH waren, wesentlich verringert. Die GmbH hat somit ihren Gesellschaftern mit der Zustimmung zu den Vertragsänderungen jeweils einen Vermögensvorteil zugewendet, dessen ins einzelne gehende Konkretisierung hier noch offenbleiben muß.

Diese Zuwendung könnte ganz oder teilweise als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen sein, soweit ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nach Sachlage in dieser Form seine Zustimmung nicht gegeben hätte.

Das FG meint offensichtlich, es sei bereits zweifelhaft, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht schlechthin jegliche Vertragsänderung abgelehnt und eine dadurch evtl. ausgelöste Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch die Kommanditisten und das damit gemäß § 10 des Gesellschaftsvertrags verbundene Ausscheiden der Kommanditisten hingenommen hätte und sodann das Unternehmen allein oder unter Zuziehung weiterer neuer Gesellschafter fortgeführt hätte. Die von der Klägerin behauptete Machtstellung des Kommanditisten WK, insbesondere seine Stellung als Lizenzgeber und als faktischer Unternehmer, könnte die Zustimmung zu einer Vertragsänderung nicht rechtfertigen, weil diese Machtstellung bereits bei Eintritt der GmbH in die KG bestanden habe, die GmbH aber gleichwohl eine Beteiligung von 50 v. H. am Restgewinn als angemessen erhalten und sich das wirtschaftliche Gleichgewicht seither nicht zu Lasten der GmbH verschoben habe.

Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum. Entgegen der Ansicht des FG könnte nicht angenommen werden, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter jegliche Änderungen des Gesellschaftsvertrags abgelehnt hätte, wenn der vom FG als rechtlich unerheblich angesehene Sachvortrag der Klägerin zutreffen sollte,

a) daß der Kommanditist WK alleiniger Inhaber von geschützten und ungeschützten Erfindungen und eines entsprechenden Know-how war, die wesentliche Grundlage für das Unternehmen der KG waren, daß die KG diese Rechte nur aufgrund eines in einer Frist von acht Monaten zum Jahresende kündbaren Lizenzvertrags nutzte, diese Rechte also insbesondere nicht Gesamthandvermögen der KG waren und daß gleichartige Rechte auf dem Markt von dritter Seite im Lizenzwege nicht ohne weiteres zu erhalten waren, und

b) daß WK trotz der formalen Führung der Geschäfte der KG durch die GmbH in Wirklichkeit die die Unternehmensführung bestimmende Persönlichkeit war, wie dies der erkennende Senat in seinem Urteil vom 15. November 1967 IV 139/67 (BFHE 90, 399 [415], BStBl II 1968, 152) in Abschn. B I 5 d der Urteilsgründe als kennzeichnend für eine typische GmbH & Co. KG angesehen hat mit der rechtlichen Folge, daß er der GmbH für die Führung der Geschäfte, also die eigentliche Unternehmerleistung, keinen besonderen Gewinnanteil zurechnete.

Denn die GmbH wäre in diesem Falle nicht in der Lage gewesen, das Unternehmen der KG im Falle einer Kündigung der Kommanditisten und ihres Ausscheidens aus der KG mit gleichem oder ähnlichem Erfolg wie die KG fortzuführen. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte damit gerechnet, daß die Kommanditisten nach ihrem Ausscheiden ein Konkurrenzunternehmen gründen und daß die GmbH mit dem Ausscheiden der Kommanditisten jegliche Gewinnchancen verliert. Er hätte deshalb im Interesse der GmbH und aus der kaufmännischen Erwägung, daß ein geringerer Anteil an einem hohen Gewinn besser ist als ein hoher Anteil an einem geringen Gewinn oder gar an einem Verlust, eine einvernehmliche Änderung des KG-Vertrags zu Lasten der GmbH nicht abgelehnt. Der Umstand, daß der GmbH bei der Aufnahme in die KG Vermögensrechte zugestanden worden waren, die möglicherweise die Beteiligten damals als leistungsgerecht ansahen, hätte einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter nicht davon abhalten können, einer Änderung des Gesellschaftsvertrags zuzustimmen, wenn sich später herausstellt, daß die tatsächliche und rechtliche Machtposition eines Kommanditisten ausreicht, der GmbH eine längerwährende Teilhabe an beträchtlichen Gewinnen gänzlich zu entziehen. Im Streitfall beweist der erwähnte Umstand auch noch nicht, daß die behauptete Machtstellung des Kommanditisten WK in Wirklichkeit nicht bestand. Wie die Revision zu Recht hervorhebt, kann sich die ursprüngliche Fassung des Gesellschaftsvertrags auch aus dem Bestreben erklären, im Hinblick auf die damalige Unsicherheit in der steuerrechtlichen Beurteilung des Gewinnverteilungsschlüssels einer GmbH & Co. KG zur Vermeidung von Schwierigkeiten mit der Finanzverwaltung eine Gewinnverteilung zu vereinbaren, die weder dem Leistungsbeitrag der Gesellschafter noch den tatsächlichen Machtverhältnissen entsprach. Mit dem Wegfall dieser Unsicherheit, oder auch bereits mit einer anderen Wertung dieser Unsicherheit wäre dann aber auch der Grund dafür entfallen, die wirklichen Leistungsund Machtverhältnisse nicht voll zur Geltung zu bringen.

Das FG meint des weiteren sinngemäß, ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer hätte jedenfalls einer Änderung des Gesellschaftsvertrags zu Lasten der GmbH jeweils erst mit Wirkung von dem Zeitpunkt an zugestimmt, zu dem das Gesellschaftsverhältnis von den Kommanditisten hätte gekündigt werden können. Denn es sei nicht einzusehen, weshalb es für die KG-Gesellschafter unzumutbar sein sollte, die freiwillig gewählte Gewinnverteilung bis zum nächsten Kündigungstermin einzuhalten.

Dieser Auffassung, die den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden zugrunde liegt, und die offenbar auch der BdF teilt, kann sich der erkennende Senat nicht anschließen.

Unterstellt man, daß der Sachvortrag der Klägerin über die Machtposition des Kommanditisten WK (s. oben) zutrifft, insbesondere, daß die GmbH bei einem Ausscheiden des Kommanditisten WK nicht in der Lage gewesen wäre, das Unternehmen mit gleichem oder ähnlichem Erfolg fortzuführen, so hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter, der mit dem Ansinnen der übrigen Gesellschafter der KG konfrontiert wird, den Gesellschaftsvertrag mit alsbaldiger Wirkung oder sogar mit einer mehrmonatigen Rückwirkung auf den Beginn des laufenden Geschäftsjahres zu Lasten der GmbH zu ändern, abwägen müssen, ob das mit dem Ablehnen dieses Ansinnens verbundene Risiko nicht zu hoch sei, oder anders ausgedrückt, ob nicht die Erhaltung des bisherigen hohen Gewinnanteils für das laufende und möglicherweise noch das nächste Geschäftsjahr nicht evtl. mit dem Verlust jeglichen Gewinnanteils für die folgenden Jahre erkauft werden müsse. Danach hätte sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter jedenfalls dann auf eine Vertragsänderung mit alsbaldiger Wirkung eingelassen, wenn, wie im Streitfall, die der GmbH verbleibenden Vermögensrechte, insbesondere ihr Gewinnanteil, sich angesichts der guten Rentierlichkeit des Unternehmens der KG im Verhältnis zum Beitrag, den die GmbH zur Förderung des Gesellschaftszwecks leistet, als hochwertig und damit wirtschaftlich vorteilhaft darstellten.

Danach ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen, weil das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist. Bei der erneuten Verhandlung wird das FG in erster Linie zu klären haben, ob, wie die Klägerin behauptet, die GmbH im Hinblick auf die tatsächliche und rechtliche Machtstellung des Kommanditisten WK außerstande gewesen wäre, das Unternehmen ggf. mit gleichen oder ähnlichen Erfolgsaussichten wie die KG fortzuführen. Sollte dies zutreffen, so wäre eine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an ihre Gesellschafter zu verneinen und demgemäß der Klage stattzugeben.

3. Sollte das FG nach erneuter Prüfung wiederum zu der Erkenntnis gelangen, daß die Zustimmung zu den Änderungen des Gesellschaftsvertrags der KG als verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an ihre Gesellschafter zu qualifizieren ist, so könnte sich allgemein die Frage stellen, was Gegenstand der verdeckten Gewinnausschüttung ist und welche Rechtsfolgen sich hieraus ergeben, wenn der Gesellschaftsvertrag einer typischen GmbH & Co. KG in der Weise geändert wird, daß die der GmbH nach dem bisherigen Gesellschaftsvertrag zustehenden Vermögensrechte zugunsten der Kommanditisten verringert werden, und wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der GmbH dieser Änderung des Gesellschaftsvertrags der KG nicht zugestimmt hätte.

a) Diese Frage ist im Grundsatz wie folgt zu beantworten:

aa) Wird die Gewinnverteilungsabrede einer Personengesellschaft geändert und soll diese Änderung nicht nur rechtliche Bedeutung für die Verteilung des Jahresgewinns, sondern auch für die Ermittlung eines etwaigen Abfindungs- und Auseinandersetzungsguthabens der Gesellschafter im Falle des Ausscheidens oder der Liquidation haben, soll also auch ein etwaiger Abschichtungs- oder Liquidationsgewinn (= Differenz zwischen den wirklichen Werten und den Buchwerten der Wirtschaftsgüter des Gesamthandvermögens = stille Reserven in den Buchwerten der Wirtschaftsgüter des Gesamthandvermögens) auf die Gesellschafter nach dem neuen Gewinnverteilungsschlüssel verteilt werden, so umfaßt die Änderung der Gewinnverteilungsabrede eine Änderung der Beteiligungsverhältnisse. Gegenstand der verdeckten Gewinnausschüttung ist dann ein Bruchteil des Gesellschaftsanteils (der GmbH an der KG). Steuerrechtliche Folge ist, daß die neue Gewinnverteilungsabrede vom Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens an auch steuerrechtlich der Gewinnzurechnung innerhalb der KG zugrunde zu legen ist (sofern der der GmbH verbleibende Gewinnanteil noch angemessen ist), daß aber für das Jahr, in dem die Vertragsänderung wirksam wird, der Gewinnanteil der GmbH so zu ermitteln ist, wie wenn die GmbH einen Bruchteil ihrer Beteiligung an der KG an einen Dritten gegen angemessenes Entgelt veräußert hätte. Des weiteren ist bei der Ermittlung der Gewinnanteile der Kommanditisten zu berücksichtigen, daß diesen ein Bruchteil des Gesellschaftsanteils und damit ein Bruchteil an den einzelnen Wirtschaftsgütern des Gesamthandvermögens zugeflossen ist; bei der Erfassung dieses Zuflusses ist das Aktivierungsverbot für nicht entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter (vgl. nunmehr § 5 Abs. 2 EStG) zu beachten (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 25. November 1976 IV R 90/72, BStBl II 1977, 467).

bb) Wird die Gewinnverteilungsabrede einer Personengesellschaft geändert mit der Maßgabe, daß diese Änderung nur rechtliche Bedeutung für die Verteilung des laufenden Jahresgewinns, nicht hingegen für die Ermittlung eines etwaigen Abfindungs- und Liquidationsguthabens der Gesellschafter haben soll (z. B. weil ein etwaiger Abfindungs- und Liquidationsgewinn den Gesellschaftern nicht nach dem Gewinnverteilungsschlüssel, sondern nach dem Verhältnis der festen Kapitalkonten zugerechnet werden soll und weil auch dieses Verhältnis der festen Kapitalkonten unverändert bleibt), so ist die Vertragsänderung auf eine Änderung der Verteilung des Jahresgewinns beschränkt. Gegenstand der verdeckten Gewinnausschüttung ist dann entsprechend dem Urteil des Senats IV R 139/67 der jeweilige (im Vergleich zum bisherigen Gesellschaftsvertrag) zu geringe Gewinnanteil der GmbH; die neue Gewinnverteilungsabrede ist steuerrechtlich "nicht anzuerkennen".

b) Im Streitfall kommt es aber auf diese grundsätzliche Beurteilung dann nicht an, wenn man mit dem FA davon ausgeht, daß eine etwaige verdeckte Gewinnausschüttung nur deshalb gegeben ist, weil ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eine Änderung des Gesellschaftsvertrags zwar nicht gänzlich abgelehnt, dieser aber nur jeweils mit Wirkung von dem Zeitpunkt an zugestimmt hätte, zu dem das Gesellschaftsverhältnis von den Kommanditisten hätte gekündigt werden können. In einem derartigen Sonderfall besteht die verdeckte Gewinnausschüttung nur in der Vorzeitigkeit einer Änderung des Gesellschaftsvertrags. Gegenstand einer verdeckten Gewinnausschüttung ist dann in jedem Fall, auch wenn die Änderung der Gewinnverteilungsabrede eine Änderung der Beteiligungsverhältnisse umfaßt, grundsätzlich nur der zu niedrige Anteil am Jahresgewinn für den Zeitraum der "Vorzeitigkeit". Das vorzeitige Zugeständnis eines höheren Anteils an den stillen Reserven muß außer Betracht bleiben, wenn mit einer Realisierung dieser stillen Reserven durch Ausscheiden der GmbH gegen entsprechendes Abfindungsguthaben oder durch Auflösung der KG oder durch eine Geschäftsveräußerung im ganzen während des Zeitraums der Vorzeitigkeit nicht zu rechnen war.

4. Im Streitfall liegt allerdings - unabhängig von den vorstehenden Ausführungen - eine verdeckte Gewinnausschüttung jedenfalls insoweit vor, als die GmbH sich bei der Vertragsänderung am 25. Mai 1964 damit einverstanden erklärt hat, daß der neue Gewinnverteilungsschlüssel bereits rückwirkend ab 1. Januar 1964 anzuwenden ist. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 21. Dezember 1972 IV R 194/69 (BFHE 108, 495, BStBl II 1973, 389) entschieden, daß die vereinbarte Rückbeziehung des Eintritts oder Austritts eines Gesellschafters einer Personengesellschaft steuerrechtlich nicht anerkannt werden kann. Gleiches muß aber für eine Änderung der Beteiligungsverhältnisse gelten, und zwar unabhängig davon, ob diese Änderung zwischen Fremden oder im Rahmen einer typischen GmbH & Co. KG zwischen der GmbH und den Kommanditisten vereinbart wird.

Gegenstand der verdeckten Gewinnausschüttung ist der Anteil am Gewinn für die Zeit vom 1. Januar bis 24. Mai 1964, den die GmbH durch die Rückbeziehung den Kommanditisten überlassen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72305

BStBl II 1977, 477

BFHE 1977, 511

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