Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Kinder- und Haushaltsfreibetrag für ein Kind der Partnerin einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft

 

Leitsatz (NV)

  1. Für das Kind der Partnerin einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft kann kein Kinder- und Haushaltsfreibetrag berücksichtigt werden, da die Partnerinnen einer solchen Lebensgemeinschaft keine "Ehegatten" sind und das Kind der einen Partnerin nicht als Stiefkind i.S. des § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG der anderen Partnerin anzusehen ist.
  2. Die unterschiedliche Behandlung von leiblichen Kindern und Stiefkindern einerseits und Kindern der Partnerin einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft andererseits verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
 

Normenkette

EStG § 31 S. 1, § 32 Abs. 1, 6-7, § 39 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 39a Abs. 1, § 38b S. 1 Nr. 2, § 42b Abs. 3, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; FGO § 100 Abs. 1 S. 4, § 119 Nr. 3; GG Art. 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Hamburg (Urteil vom 03.05.2000; Aktenzeichen VI 135/99; EFG 2000, 942)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 12.01.2006; Aktenzeichen 2 BvR 1143/04)

 

Tatbestand

Die ledige Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie lebte im Streitjahr 1997 in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft mit ihrer Partnerin, der Beigeladenen. Am 1. August 2001 haben beide vor der Standesbeamtin eine Lebenspartnerschaft begründet.

Gemäß einem gemeinsamen Plan bekam die Beigeladene im Jahr 1996 eine durch Fremdinsemination gezeugte Tochter. Der sog. biologische Vater der Tochter ist nicht festgestellt worden. Im Streitjahr befand sich die Beigeladene im Erziehungsurlaub und bezog Kinder- und Erziehungsgeld. Im Übrigen kam die Klägerin für den Unterhalt auf.

Die Klägerin und die Beigeladene beantragten in einem gemeinsamen Schreiben vom 23. Juni 1997 die Änderung der beigefügten Lohnsteuerkarten für das Streitjahr 1997 dergestalt, dass die Tochter der Beigeladenen nicht mehr auf der Lohnsteuerkarte der Beigeladenen, sondern auf derjenigen der Klägerin berücksichtigt werde. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) lehnte dies mangels Rechtsgrundlage ab.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, das FA zu verpflichten, dem Antrag auf Übertragung des Kinderfreibetrages zu entsprechen und den Haushaltsfreibetrag gemäß § 32 Abs. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen. Nachdem der Einkommensteuerbescheid für 1997 ergangen und von der Klägerin mit dem Einspruch angefochten war, beantragte sie festzustellen, dass die Versagung der Eintragung eines Kinder- und Haushaltsfreibetrages auf der Lohnsteuerkarte rechtswidrig gewesen sei.

Das Finanzgericht (FG) bejahte ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung und wies die Klage als unbegründet ab. Es war der Ansicht, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Kinderfreibetrages und des Haushaltsfreibetrages seien nicht erfüllt; verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 942 veröffentlicht.

Die Klägerin macht mit ihrer Revision geltend, die angefochtene Entscheidung verletze Verfassungsrecht (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ―GG―). Die Verfassungswidrigkeit sei durch verfassungskonforme Auslegung zu vermeiden. Außerdem rügt sie mangelnde Sachaufklärung und die Verletzung rechtlichen Gehörs.

Sie beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und festzustellen, dass die Versagung der Eintragung eines Kinder- und Haushaltsfreibetrages auf der Lohnsteuerkarte der Klägerin für das Jahr 1997 rechtswidrig gewesen sei.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das FG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

I. Die ursprünglich zulässige Klage war nach Ablauf des 31. März 1998 als sog. Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässig.

1. Das ursprüngliche Begehren der Klägerin auf Berücksichtigung eines Kindes war dahin zu verstehen, dass sie nicht die Eintragung eines vom Arbeitslohn abzuziehenden Freibetrags i.S. des § 39a Abs. 1 Nr. 6 EStG angestrebt hat, sondern dass sie in die Steuerklasse II eingereiht werden wollte (vgl. zu a) und bei der Zahl der Kinderfreibeträge der Zähler "1" eingetragen werden sollte (vgl. zu b).

a) Der Haushaltsfreibetrag gemäß § 32 Abs. 7 EStG wird in § 39a Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG nicht aufgeführt. Deshalb war das Begehren der Klägerin dahin auszulegen, dass sie nicht die Eintragung eines solchen Freibetrages erreichen wollte, sondern dass sie erstrebt hat, gemäß § 38b Satz 1 Nr. 2 EStG in die Steuerklasse II eingestuft zu werden. In diese Steuerklasse gehören u.a. ledige Arbeitnehmer, wenn bei ihnen der Haushaltsfreibetrag (§ 32 Abs. 7 EStG) zu berücksichtigen ist. Dementsprechend hatte auch das FA in seinem Schreiben vom 5. August 1997 an die Klägerin und die Beigeladene die Änderung der Steuerklassen abgelehnt.

b) Das Klagebegehren auf Berücksichtung eines Kinderfreibetrages ist dahin zu verstehen, dass die Klägerin gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG auf ihrer Lohnsteuerkarte eintragen lassen wollte, dass ihr ein Kinderfreibetrag (Zähler 1) zusteht. Denn ein Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG konnte gemäß § 39a Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 52 Abs. 1 EStG i.d.F. des Jahresteuergesetzes (JStG) 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I 1996, 2049, BStBl I 1996, 1523) nur für ein solches Kind i.S. des § 32 Abs. 1 bis 4 EStG eingetragen werden, für das kein Anspruch auf Kindergeld besteht. Da für die Tochter der Beigeladenen unstreitig ein Anspruch auf Kindergeld bestand, war der Antrag der Klägerin dahin auszulegen, dass sie lediglich die Kinderzahl eingetragen haben möchte.

2. Das Rechtsschutzbedürfnis, welches für das solchermaßen zu verstehende Klagebegehren bestanden hatte, ist mit dem Ablauf des 31. März 1998 entfallen, weil sich nach diesem Zeitpunkt Änderungen der Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte des Streitjahres 1997 nicht mehr auswirken konnten (vgl. § 42b Abs. 3 EStG). Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jedoch in gefestigter Rechtsprechung angenommen, es bestehe ein berechtigtes Interesse i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO an der Feststellung, dass der ursprünglich vom FA erlassene Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen sei, wenn die Veranlagung für das betreffende Jahr noch nicht abgeschlossen ist und sich die zu beurteilende Sach- und Rechtslage nicht geändert hat oder wenn sich die Streitfrage für die künftigen Lohnsteuerverfahren in gleicher Weise stellt (vgl. BFH-Urteil vom 29. Mai 1979 VI R 21/77, BFHE 128, 148, BStBl II 1979, 650; BFH-Beschluss vom 2. November 2000 X R 156/97, BFH/NV 2001, 476, m.w.N.).

Beide Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Frage, ob im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung der Klägerin ein Kind zu berücksichtigen ist oder nicht, ist für die sog. Günstigerprüfung nach § 31 EStG und den Abzug eines Haushaltsfreibetrags nach § 32 Abs. 7 EStG, darüber hinaus aber auch für die Kirchensteuer sowie den Solidaritätszuschlag von Bedeutung. Sie wird sich auch bei der Ausstellung künftiger Lohnsteuerkarten stellen.

II. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Tochter der Beigeladenen einkommensteuerlich nicht der Klägerin zugerechnet werden kann. Denn das Kind des Partners einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft ist kein Kind des Steuerpflichtigen i.S. des § 32 EStG.

1. Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 EStG für eine Zurechnung sind nicht erfüllt. Zwischen der Tochter der Beigeladenen und der Klägerin besteht kein Verwandtschaftsverhältnis ersten Grades (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Die Tochter ist auch kein Pflegekind i.S. des § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Dies hätte nach der gesetzlichen Definition des Begriffs des Pflegekindes in dem Klammerzusatz in § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG u.a. vorausgesetzt, dass das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht. Dieses Tatbestandsmerkmal ist im Streitfall nicht erfüllt. Denn die Tochter wird von der Beigeladenen, ihrer Mutter, in der gemeinsamen Wohnung der Klägerin und der Beigeladenen betreut.

2. Der Klägerin steht ein Kinderfreibetrag auch nicht nach § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG zu. Danach kann der Kinderfreibetrag auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn sie das Kind in ihren Haushalt aufgenommen haben.

a) Ein "Stiefelternteil" kann eine Stiefmutter oder ein Stiefvater sein. Die vorstehenden Begriffe oder der Begriff "Stiefkind" werden im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht verwendet (vgl. aber § 1371 Abs. 4 BGB). Der BFH hat als "Stiefkind" das Kind des Ehepartners angesehen (vgl. BFH-Urteil vom 31. Januar 1973 II R 10/68, BFHE 109, 76, BStBl II 1973, 454). Dies entspricht auch dem allgemeinen Sprachgebrauch, wonach unter Stiefmutter die zweite Frau des Vaters und unter Stiefvater der zweite Mann der Mutter und unter einem "Stiefkind" der Sohn oder die Tochter des Ehepartners verstanden wird (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 2002, Stichworte: "Stiefkind", "Stiefmutter" und "Stiefvater"). Danach kann "Stiefelternteil" nur der Ehegatte eines Elternteils sein.

b) Der Senat kann offen lassen, ob umgangssprachlich der Begriff "Stiefelternteil" inzwischen auch bereits weiter, und zwar dahin verstanden werden kann, dass Stiefeltern auch die Lebensgefährten eines Elternteils sind (so Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 32 EStG Anm. 190). Denn wenn ein solches Begriffsverständnis bestünde, läge es jedenfalls nicht dem § 32 EStG zugrunde.

Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG werden als Kinder beim Kindergeld u.a. auch die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen "Kinder seines Ehegatten" berücksichtigt. In den Gesetzesmaterialien wird zu § 63 EStG ausgeführt, die Vorschrift entspreche dem § 2 des bisherigen Bundeskindergeldgesetzes ―BKGG― (vgl. BTDrucks 13/1558, S. 161). § 2 Abs. 1 Nr. 1 BKGG war mit Wirkung ab dem 1. Januar 1994 neu gefasst worden. Nach der bis dahin gültigen Fassung der Vorschrift wurden als Kinder auch berücksichtigt "Stiefkinder, die der Berechtigte in seinen Haushalt aufgenommen" hat. Die Neufassung durch Art. 5 Nr. 2 des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2353) und die Ersetzung des Wortes "Stiefkind" wurde damit begründet, dass es im allgemeinen Sprachgebrauch überwiegend negativ besetzt sei (vgl. BTDrucks 12/5502, S. 44).

Wenn nach dem unmissverständlichen gesetzgeberischen Willen ein Anspruch auf Kindergeld nur für die Kinder des "Ehegatten" bestehen soll, dann kann für den Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG nichts anderes gelten. Denn nach § 31 Satz 1 EStG wird die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes durch den Kinderfreibetrag nach § 32 EStG oder durch Kindergeld nach dem X. Abschnitt des EStG bewirkt. Diese Verknüpfung von Kinderfreibetrag und Kindergeld gebietet es, den Begriff des Stiefelternteils in § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG ebenso wie in § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und damit dahin zu verstehen, dass es sich um den Ehegatten des Vaters oder der Mutter handeln muss (vgl. auch Kanzler in Hermann/Heuer/ Raupach, a.a.O., § 32 EStG Anm. 190). Von diesem Verständnis ist auch der Gesetzgeber ausgegangen. Denn er hat die Änderung des § 32 Abs. 1 bis 6 EStG durch das JStG 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) ausdrücklich mit der Notwendigkeit der Harmonisierung von Einkommensteuer- und Kindergeldrecht begründet (BTDrucks 13/1558, S. 155).

c) Danach kann im Streitfall die Tochter der Beigeladenen einkommensteuerlich nicht der Klägerin zugerechnet werden. Die Klägerin ist kein Stiefelternteil der Tochter der Beigeladenen i.S. des § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG, weil sie nicht "Ehegattin" der Beigeladenen ist. Der Begriff des "Ehegatten" ist eindeutig in dem Sinne, dass damit nur die Partner einer Ehe im Sinne des bürgerlichen Rechts gemeint sind (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. Oktober 1982 II B 77/81, BFHE 137, 76, BStBl II 1983, 114; BFH-Urteil vom 25. April 2001 II R 72/00, BFHE 194, 462, BStBl II 2001, 610). Unter dem Begriff "Ehe" ist aber nur die rechtlich verbindliche Lebensgemeinschaft zwischen Frau und Mann zu verstehen (vgl. Palandt/Brudermüller, Bürgerliches Gesetzbuch, 62. Aufl., Einl. von § 1297 Rz. 1). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gehört die Geschlechtsverschiedenheit zu den prägenden Merkmalen der Ehe (vgl. Urteil vom 17. November 1992 1 BvL 8/87, BVerfGE 87, 234, 264; Beschluss vom 4. Oktober 1993 1 BvR 640/93, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1993, 3058). Deshalb können die Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft nicht als "Ehegatten" angesehen werden.

3. Nach § 32 Abs. 7 EStG wird bei einem Steuerpflichtigen, für den das Splitting-Verfahren (§ 32a Abs. 5 und 6 EStG) nicht anzuwenden und der auch nicht als Ehegatte (§ 26 Abs. 1 EStG) getrennt zur Einkommensteuer zu veranlagen ist, ein Haushaltsfreibetrag vom Einkommen abgezogen, wenn er einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld für mindestens ein Kind erhält, das in seiner Wohnung im Inland gemeldet ist. Da im Streitfall das Kindergeld nicht der Klägerin, sondern der Beigeladenen zusteht (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) und da die Klägerin auch keinen Anspruch auf einen Kinderfreibetrag hat, kann bei ihr auch kein Haushaltsfreibetrag berücksichtigt werden.

4. Das aus dem Wortlaut, der Systematik und der Entstehungsgeschichte des § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG abgeleitete Ergebnis, dass die Tochter der Beigeladenen steuerlich nicht der Klägerin zugerechnet werden kann, bedarf entgegen der Auffassung der Klägerin auch keiner Korrektur unter dem Gesichtspunkt der sog. verfassungskonformen Auslegung. Denn die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenzen dort, wo sie zu dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 26. April 1994 1 BvR 1299/89 und 1 BvL 6/90, BVerfGE 90, 263, 275; vom 24. Mai 1995 2 BvF 1/92, BVerfGE 93, 37, 81; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 194, 462, BStBl II 2001, 610, unter II.2. der Gründe). Es stünde aber im Widerspruch zu dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers, wenn entgegen der in § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Vorstellung und der angestrebten Harmonisierung von Kindergeld und Kinderfreibetrag als "Stiefelternteil" i.S. des § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG andere Personen als die Ehegatten des Vaters oder der Mutter eines Kindes angesehen werden würden.

5. Es ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber beim Kinderfreibetrag und im Kindergeldrecht die in den eigenen Haushalt aufgenommenen Kinder eines Ehegatten anders behandelt als die Kinder eines Lebensgefährten. Diese unterschiedliche Behandlung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn Art. 6 Abs. 1 GG stellt die Ehe unter den besonderen Schutz des Staates. Dies ermöglicht es dem Gesetzgeber, ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG Regelungen zu treffen, die zwischen Ehegatten und Nichtehegatten differenzieren und erstere begünstigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 194, 462, BStBl II 2001, 610). Deshalb ist es nach ständiger Rechtsprechung des BFH zulässig, dass Ehegatten gegenüber Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft steuerrechtlich privilegiert werden (vgl. z.B. BFH-Entscheidungen in BFHE 137, 76, BStBl II 1983, 114; vom 10. Juli 1996 X R 72/93, BFHE 181, 40, BStBl II 1998, 111; vom 1. April 1997 X B 223/96, BFH/NV 1997, 652; vom 18. Dezember 1997 X B 120/97, BFH/NV 1998, 699; in BFHE 194, 462, BStBl II 2001, 610). Auch das BVerfG hat eine steuerliche Bevorzugung von Ehegatten gegenüber den Partnern anderer Lebensgemeinschaften nicht beanstandet (vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. Juni 1983 1 BvR 107/83, BStBl II 1984, 172; vom 15. November 1989 1 BvR 171/89, BStBl II 1990, 103; vom 15. Mai 1990 2 BvR 595/90, BStBl II 1990, 764; vom 26. Februar 1993 2 BvR 164/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 408).

6. Das FG hat auch nicht das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt (§ 119 Nr. 3 FGO). Denn das Gericht ist nicht verpflichtet, die seiner Meinung nach maßgebenden rechtlichen Gesichtspunkte vorher mit den Beteiligten umfassend zu erörtern (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 1990 VIII R 170/83, BFHE 160, 256, BStBl II 1990, 539). Das angefochtene Urteil stellt auch keine sog. Überraschungsentscheidung dar. Denn soweit das FG die Rechtsauffassung vertreten hat, die Beigeladene erhalte wegen der fehlenden steuerlichen Auswirkung einen Zuschlag zum Kindergeld, handelt es sich nicht um eine die Entscheidung tragende Aussage, sondern um ein bloßes sog. obiter dictum, auf dem das Urteil nicht beruhen kann.

Der Senat erachtet auch die von der Klägerin erhobene Rüge der mangelnden Sachaufklärung nicht für durchgreifend und sieht insoweit gemäß § 126 Abs. 6 Satz 1 FGO von einer Begründung ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1160163

BFH/NV 2004, 1103

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