Leitsatz (amtlich)

Ein Spekulationsgeschäft setzt Nämlichkeit zwischen dem angeschafften und dem veräußerten Wirtschaftsgut voraus. Die Nämlichkeit ist auch dann noch (teilweise) gewahrt, wenn ein unbebautes Grundstück parzelliert und eine Parzelle innerhalb der Spekulationsfrist veräußert wird.

 

Normenkette

EStG § 23

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Ehemann (Kläger) erwarb durch notariellen Kaufvertrag vom 10. April 1973 von Frau C ein unbebautes Grundstück von 5 639 qm. Der Kaufpreis betrug "pro Quadratmeter 15,- Deutsche Mark, insgesamt ausmachend 84 585,- DM". Der Kläger veräußerte mit Kaufvertrag vom 24. Mai 1974 eine Teilfläche von 3 002 qm. Der Kaufpreis betrug 35 DM/qm. Die veräußerte Teilfläche hatte anläßlich der Veräußerung die Parzellennummer 233, die dem Kläger verbliebene Teilfläche von 2 637 qm die Parzellennummer 234 erhalten.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -FA-) setzte in dem Einkommensteuerbescheid für 1974 einen Spekulationsgewinn von 48 970 DM an, den er in der Einspruchsentscheidung auf 47 353 DM ermäßigte. Die Anschaffungskosten waren anteilig aus den Gesamtanschaffungskosten der Parzellen 233 und 234 errechnet worden.

Das FG wies die Klage ab.

Die Kläger rügen mit der Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts: Materiell-rechtlich sei das FG zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Anschaffungskosten der veräußerten Parzelle dem mit Frau C vereinbarten Gesamtkaufpreis entsprechen müßten. Die Aufteilung müsse nach dem Verhältnis der objektiven Werte der beiden Parzellen vorgenommen werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat zutreffend Einkünfte aus einem Spekulationsgeschäft in der vom FA berechneten Höhe bejaht (§ 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Die Parzelle 233 wurde am 10. April 1973 erworben und schon am 24. Mai 1974 vor Ablauf der Zwei-Jahres-Frist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG wieder veräußert.

Der Besteuerung steht nicht entgegen, daß nicht die Parzelle 233, sondern das größere Gesamtgrundstück, bestehend aus den Parzellen 233 und 234, angeschafft worden war. Zwar muß das veräußerte und das erworbene Wirtschaftsgut identisch sein (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. November 1976 VIII R 202/72, BFHE 120, 522, 529, BStBl II 1977, 384; vom 28. Juni 1977 VIII R 30/74, BFHE 123, 27, 31, BStBl II 1977, 827). § 23 EStG erfaßt als Spekulationsgeschäfte Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, diesen gleichstehenden Rechten und anderen Wirtschaftsgütern, deren Anschaffung gewisse Zeiträume zurückliegt (Abs. 1 Nr. 1) oder deren Erwerb nachfolgt (Abs. 1 Nr. 2). Hieraus folgt das Erfordernis der Nämlichkeit zwischen veräußertem und angeschafftem (zu erwerbendem) Wirtschaftsgut (vgl. bereits zu § 42 EStG 1925 Becker, Einkommensteuergesetz, § 42 Anm. 7, 8). Hierbei genügt jedoch eine Identität im wirtschaftlichen Sinne. § 23 Abs. 4 EStG ergibt, daß sogar Herstellungsmaßnahmen die Identität unberührt lassen, wenn sich das angeschaffte Wirtschaftsgut bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht in ein anderes Wirtschaftsgut verwandelt (BFHE 120, 522, 525, BStBl II 1977, 384).

Wird ein einheitliches Wirtschaftsgut (hier das Gesamtgrundstück) angeschafft, aber nur teilweise veräußert (wie hier die Parzelle 233), stellt sich die Frage nach der Teil identität. Die Aufteilung des Wirtschaftsguts kann bewirken, daß die Teile eine andere Marktgängigkeit erhalten. Die Identität des aufgeteilten Wirtschaftsguts bleibt jedoch in den Teilen erhalten, wenn die Teilung ohne aufwendige technische Maßnahmen durchgeführt werden kann und sich die Marktgängigkeit des bisherigen Wirtschaftsguts in den Teilen fortsetzt. Das ist allgemein für Wirtschaftsgüter anzunehmen, die durch bloßen Rechtsakt, ggf. verbunden mit einer Vermessung, geteilt werden und weiterhin verkehrsfähig bleiben. Beispiele hierfür sind außer der Aufteilung eines unbebauten Grundstücks in Parzellen auch die Aufteilung eines Gebäudegrundstücks in Eigentumswohnungen oder die Teilung eines GmbH-Geschäftsanteils.

Ist für das Gesamtgrundstück ein einheitlicher Kaufpreis gezahlt worden, muß zwecks Ermittlung der Anschaffungskosten des veräußerten Teilstücks bestimmt werden, wie hoch der auf dieses Teilstück entfallende Kaufpreis ist. Den Klägern ist zuzugeben, daß der Gesamtkaufpreis einen Mischpreis für die unterschiedlich wertvollen Teile des Grundstücks darstellen kann. So kann es angebracht sein, bei einem bebaubaren Grundstück zwischen dem wertvolleren bebaubaren Vordergelände und dem weniger wertvollen nicht bebaubaren Hintergelände zu unterscheiden. Gleiches könnte gelten, wenn, wie für den Streitfall behauptet, im Zeitpunkt der Anschaffung des Gesamtgrundstücks feststand, daß der späterhin nicht veräußerte Teil des Grundstücks (Parzelle 234) von Straßenbauplänen betroffen war.

Der Gesamtkaufpreis für mehrere Wirtschaftsgüter - z. B. für Grund und Boden und aufstehendes Gebäude - ist nach ständiger Rechtsprechung im Verhältnis der Teilwerte (Betriebsvermögen) oder der Verkehrswerte (Privatvermögen) der erworbenen Wirtschaftsgüter aufzuteilen (BFH-Beschluß vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620; BFH-Urteile vom 19. Dezember 1972 VIII R 124/69, BFHE 108, 168, BStBl II 1973, 295; vom 16. Dezember 1981 I R 131/78, BFHE 135, 185, BStBl II 1982, 320). Diese Grundsätze sind entsprechend anzuwenden, wenn lediglich ein Wirtschaftsgut angeschafft worden ist und der Kaufpreis auf unterschiedlich wertvolle Teile des Wirtschaftsguts aufgeteilt werden soll.

Im Streitfall ist nach den Feststellungen des FG davon auszugehen, daß der Kaufpreis von 84 585 DM für das 1973 erworbene Grundstück nicht ein Mischpreis aus einem hohen Kaufpreis für die später veräußerte Parzelle 233 (nach Behauptung der Kläger 25 bis 30 DM/qm) und einem niedrigen Kaufpreis für die zurückbehaltene spätere Parzelle 234 (nach Behauptung der Kläger ca. 4 DM/qm) war; der Kaufpreis betrug vielmehr einheitlich für jeden Teil des Grundstücks 15 DM/qm. Entgegen der Auffassung der Revision hat das FG nicht allein auf die subjektive Vorstellung der Veräußerin abgestellt. Zwar hat es auch für entscheidend angesehen, daß der Veräußerin jede Vorstellung von einer Mischpreisbildung fehlte. Hierbei ist jedoch die vorangehende Erwägung des FG mitzubedenken, daß der Kaufvertrag ausdrücklich einen Einheitspreis von 15 DM/qm festlegte und ein Abgehen von dieser gemeinsamen Festlegung der Vertragsparteien allenfalls dann gerechtfertigt gewesen wäre, wenn Mischpreisvorstellungen des Klägers Gegenstand der Erörterung gewesen wären.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74824

BStBl II 1984, 26

BFHE 1984, 251

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