Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der IV. Senat tritt der Auffassung des I. und VI. Senats, daß die Anerkennung von Arbeitsverhältnissen unter Ehegatten klare Vereinbarungen und deren tatsächliche Durchführung voraussetzt, bei (Urteile I 231/56 S vom 3. Dezember 1957, BStBl 1958 III S. 27, Slg. Bd. 66 S. 66, I 105/57 U vom 10. Dezember 1957, BStBl 1958 III S. 70, Slg. Bd. 66 S. 178, und VI 147/58 U vom 20. Februar 1959, BStBl 1959 III S. 172).

Es verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn an den Nachweis der Ernsthaftigkeit von Verträgen zwischen Ehegatten strengere Anforderungen als bei Verträgen zwischen anderen Personen gestellt werden.

Es verstößt nicht gegen Treu und Glauben, Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten die Anerkennung zu versagen, auch wenn der Abschluß von solchen in der Vergangenheit im Hinblick auf die steuerliche Wirkungslosigkeit unterblieben ist.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6/1; EStG § 26a Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Apotheker, die Ehefrau (Beschwerdeführerin - Bfin. -) ebenfalls approbierte Apothekerin, die im Betrieb der 1954 gepachteten Apotheke ganztägig mitarbeitet. Wegen dieser Mitarbeit sind die Kinder der Eheleute in Internaten untergebracht worden. Die Bf. sind der Ansicht, auf Grund der geleisteten Mitarbeit der Ehefrau müsse im Streitjahr ein Betrag von 6.000 DM als Gehalt der Ehefrau bei der Gewinnermittlung des Bf. berücksichtigt werden. Sie haben deshalb gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1957 die Berichtigung der Veranlagung 1955 beantragt, bei der ein Gehaltsabzug für die Ehefrau nicht berücksichtigt und auch nach der damaligen Rechtslage nicht beantragt worden war. Der Einkommensteuerbescheid ist nach dem 20. Februar 1957 rechtskräftig geworden. Gleichzeitig haben die Bf. getrennte Veranlagung beantragt, jedoch gebeten, es bei der uneingeschränkten Zusammenveranlagung zu belassen, wenn ihr Antrag ohne Erfolg bliebe.

Das Finanzamt hat dem Antrag nicht entsprochen, da unstreitig bezüglich der Höhe der Vergütung zwischen den Ehegatten keine ziffernmäßige Vereinbarung getroffen worden und weder eine buchmäßige Berücksichtigung noch eine monatliche Auszahlung derselben erfolgt sei.

Mit der Sprungberufung verlangten die Bf. die Anerkennung des Abzugs der Vergütung. Bei Beginn der Tätigkeit in der Pachtapotheke sei grundsätzlich die Zahlung einer Vergütung zwischen ihnen vereinbart worden. Eine Vergütung in der angenommenen Höhe von 500 DM je Monat sei der Ehefrau auch in den Entnahmen tatsächlich zugeflossen, die zur Bestreitung ihrer persönlichen Bedürfnisse, des Lebensunterhalts und des Unterhalts der Kinder gedient hätten. Die Buchung und tatsächliche Auszahlung des Gehalts sei mit Rücksicht auf die frühere steuerliche Rechtslage unterblieben. Es verstoße aber gegen Treu und Glauben, deshalb heute die Abzugsfähigkeit zu versagen.

Die Berufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht führte dazu aus: Ein Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten könne angesichts der Tatsache, daß echte Arbeitsverhältnisse unter Ehegatten selten seien, nur anerkannt werden, wenn seine Voraussetzungen einwandfrei nachgewiesen seien. Das setze klare und nachprüfbare Vereinbarungen und deren tatsächlichen Vollzug voraus. Zwar sei ein schriftlicher Vertrag nicht erforderlich, es genüge vielmehr eine mündliche Abmachung. Die Mitarbeit und Vereinbarung einer Vergütung genüge jedoch nicht, wenn ein bestimmtes Gehalt weder vereinbart noch gezahlt worden sei. Es könne auch nicht als Zahlung angesehen werden, wenn der Bfin. angeblich ein dem Gehalt entsprechender Anteil der Entnahmen des Bf. zugeflossen sei. In diesem Sinne fließe praktisch jeder Ehefrau, auch der nicht mitarbeitenden Ehefrau, ein Teil der Entnahmen zu. Auch die fehlende Verbuchung des angeblichen Gehalts sei ein Anzeichen dafür, daß ein echtes Arbeitsverhältnis nicht bestanden habe. Ebenso beweise die Meldung der Bfin. bei der Berufsgenossenschaft, der Apothekerkammer und dem Gesundheitsamt noch kein Arbeitsverhältnis, sondern sei durch die Mitarbeit der Bfin. bedingt. Eine andere Auffassung würde der Möglichkeit von Steuerumgehungen Tür und Tor öffnen. Es könne für die Frage der Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses nur von einem Rechtsverhältnis ausgegangen werden, wie es nachweisbar bestanden habe, nicht wie es möglicherweise hätte gestaltet werden können. Darin liege auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben, zumal nur ein kleiner Kreis von Steuerpflichtigen nicht in den Genuß der übergangsregelung habe kommen können, von denen dann auch erwartet werden müsse, daß deren Voraussetzungen in jeder Hinsicht erfüllt seien.

Mit der Rechtsbeschwerde haben die Bf. auf ihre früheren Rechtsausführungen hingewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

Der Senat tritt den Ausführungen des Finanzgerichts in vollem Umfang bei. Sie entsprechen den Grundsätzen der Urteile des Bundesfinanzhofs I 231/56 S vom 3. Dezember 1957 (BStBl 1958 III S. 27, Slg. Bd. 66 S. 66), I 105/57 U vom 10. Dezember 1957 (BStBl 1958 III S. 70, Slg. Bd. 66 S. 178) und VI 147/58 U vom 20. Februar 1959 (BStBl 1959 III S. 172), wonach bei vertraglichen Vereinbarungen zwischen nahen Familienangehörigen eindeutig geschlossene und durchgeführte Verträge Voraussetzung ihrer steuerlichen Anerkennung sind. Daran fehlt es aber im Streitfall. Ein Arbeitsvertrag, in dem über die Höhe der zu zahlenden Vergütung nichts vereinbart worden ist, kann als wirksamer Vertrag nicht angesehen werden, da ihm ein wesentlicher Bestandteil eines Arbeitsverhältnisses, nämlich die Vereinbarung über die Gehaltshöhe, fehlt. Unstreitig ist ferner eine Vergütung weder im Vorjahr noch im Streitjahr gezahlt oder gutgeschrieben worden. Mit Recht hat das Finanzgericht es abgelehnt, in der teilweisen Verwendung der Entnahmen des Bf. zugunsten der Bfin. einen Zufluß von Arbeitslohn zu sehen. Dieser würde einen - notfalls klagbaren - Rechtsanspruch auf eine bestimmte Gehaltssumme voraussetzen, während hier die Verwendung der Entnahmen in das Belieben des Bf. gestellt ist.

Die bisher von Rechtsprechung und Verwaltung übereinstimmend für die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses unter Ehegatten geforderte eindeutige vertragliche Festlegung und deren tatsächliche Durchführung sind auch durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 14. April 1959 1 BvL 23/57, 1 BvL 34/57 (BStBl 1959 I S. 204) eindeutig gebilligt worden. Das Bundesverfassungsgericht hat darin ausgeführt, daß es sich bei § 26a Abs. 1 Satz 2 EStG 1957 um eine Vorschrift handle, die einer Umgehung der Steuerpflicht durch eine vorgeschobene zivilrechtliche Verteilung der Einkünfte zwischen Ehegatten entgegenwirken solle, und daß ferner, indem sie ein Mitwirken des einen Ehegatten im Betrieb oder Beruf des anderen Ehegatten allein als Beweis für das Vorliegen einer vertraglichen Gestaltung nicht genügen lasse, nur den allgemein in der Steuerrechtsprechung entwickelten Grundsatz der Klarheit der Rechtsgestaltung, der insbesondere für die steuerrechtliche Würdigung von Vereinbarungen naher Angehöriger gelte, auf solche zwischen Ehegatten angewendet habe, und daß ferner, da der Gesetzgeber, ohne gegen Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) zu verstoßen, berechtigt gewesen sei, an den Nachweis der Ernsthaftigkeit von Verträgen zwischen Ehegatten strengere Anforderungen zu stellen als bei Verträgen zwischen anderen Personen, sich nicht mehr die Frage stelle, ob § 26a Abs. 1 Satz 2 EStG 1957 mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei (siehe auch Wennrich-Information 1959 Nr. 10; Theis, Der Betrieb 1959 S. 584; Vogt, Rechts- und Wirtschaftspraxis, Lieferung 404 vom 22. Juni 1959 S. 49, und Henninger, Der Betrieb 1959 S. 556).

Wenn dann aus der unstreitigen Tatsache, daß klare Vereinbarungen nicht nachweisbar und auch tatsächlich nicht vollzogen worden sind, der Schluß gezogen wird, daß ein steuerlich anzuerkennendes Arbeitsverhältnis nicht vorliegt, so kann daraus, wie sich aus dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls klar ergibt, kein Verstoß gegen Treu und Glauben hergeleitet werden mit der Begründung, im Vertrauen auf die früheren Bestimmungen des EStG über die Haushaltsbesteuerung der Ehegatten hätten die Steuerpflichtigen den Abschluß und die Durchführung solcher eindeutiger Verträge unterlassen. Mit Recht hat das Bundesverfassungsgericht dazu ausgeführt, daß Ehegatten, die ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse aus familiären, betrieblichen oder sonstigen Gründen klar abgrenzen wollten, auch schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 26. Juli 1957 entsprechende Verträge abgeschlossen und vollzogen hätten, obwohl sie steuerrechtlich ohne Bedeutung waren. Wenn also Ehegatten in der Vergangenheit im Hinblick auf die steuerrechtlichen Wirkungslosigkeit von dem ausdrücklichen Abschluß eines Mitwirkungsvertrages abgesehen hätten, so erlaube dies den Schluß, daß ihnen nicht ernsthaft an einer Abgrenzung ihrer Vermögens- und Einkommenssphäre gelegen gewesen sei. Dem tritt der Senat in vollem Umfang bei.

Nach alledem war die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409425

BStBl III 1959, 329

BFHE 1960, 175

BFHE 69, 175

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge