Leitsatz (amtlich)

Beim Wiederkauf ist Anschaffungszeitpunkt des rückerworbenen Grundstücks i. S. von § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG der Tag, an dem die Erklärung des ursprünglichen Verkäufers gegenüber dem Käufer, daß er das Wiederkaufsrecht ausübe (§ 497 Abs. 1 Satz 1 BGB), wirksam wird.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a; BGB § 497 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der am 16. September 1972 verstorbene Ehemann der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), dessen Alleinerbin die Klägerin ist, hatte mit Kaufvertrag vom 3. Oktober 1966 ein Grundstück an die Stadt A zur Erweiterung des Friedhofs veräußert. Dabei war folgendes vereinbart worden:

"Sollten die Grundstücke innerhalb von 10 Jahren nicht für die Erweiterung des Friedhofs in A verwendet werden und auch bebauungsplanmäßig nicht dafür vorgesehen sein, hat der Verkäufer das Recht, Antrag auf Rückübereignung zu stellen. Der Kaufpreis soll in diesem Fall der gleiche sein wie beim Verkauf an die Stadt A zuzüglich der Stadt zwischenzeitlich entstandener Nebenkosten unter 5 %iger Verzinsung ... bis zum Tage der Zahlung für die Rückübertragung."

Die Stadt A gab in der Folgezeit ihre Pläne auf und schloß am 31. Juli 1969 mit dem Ehemann der Klägerin einen Rückübereignungsvertrag. Der Preis wurde wie folgt ermittelt:

"2 946 qm à 15 DM 44 400,00 DM

Nebenkosten der Stadt 354,04 DM

5 % Zinsen für die Zeit vom

19. Oktober 1966 bis zum 31. Juli 1969 6 236,55 DM

Kaufpreis 51 050,59 DM."

Mit Vertrag vom 7. August 1969 veräußerte der Ehemann der Klägerin das Grundstück für 237 120 DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ermittelte den Veräußerungsgewinn auf (237 120 DM ./. 51 051 DM ./. Notarkosten von rd. 427 DM =) 185 642 DM, erfaßte ihn als sonstige Einkünfte aus Spekulationsgeschäften und setzte die Einkommensteuer auf 77 506 DM fest.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie beantragt erneut, das Vorliegen eines Spekulationsgeschäfts zu verneinen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

1. Das Veräußerungsgeschäft über ein Grundstück, bei dem der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zwei Jahre beträgt, ist ein Spekulationsgeschäft (§§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG). Das Finanzgericht (FG) ist bei der Berechnung der Zweijahresfrist von der zutreffenden rechtlichen Überlegung ausgegangen, daß die Zeitpunkte des Abschlusses der schuldrechtlichen Verträge von Ankauf und Verkauf des Grundstücks maßgeblich sind. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (vgl. Urteil vom 30. November 1976 VIII R 202/72, BFHE 120, 522, BStBl II 1977, 384, 385).

2. Das FG hat - entgegen der Auffassung des FA - den Rückerwerb des Grundstücks als Wiederkauf beurteilt (§ 497 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Die Entscheidung des FG läßt insoweit einen Rechtsverstoß nicht erkennen. Der Veräußerer hatte sich in dem Kaufvertrag vom 3. Oktober 1966 das Recht des Wiederkaufs vorbehalten, mag dieses Recht auch Antrag auf Rückübereignung genannt worden sein. Dieses Recht auf Rückübereignung bestand zwar nicht uneingeschränkt. Denn es entfiel, wenn die Stadt das Grundstück zur Erweiterung des Friedhofs verwendete oder bebauungsmäßig dafür vorsah. Die Zweckbindung lag auch nicht im Interesse des Verkäufers. Sie war aber Anlaß für seine Verkaufsbereitschaft. Der Wegfall dieses Verkaufsgrundes sollte es dem Veräußerer ermöglichen, zu dem von vornherein festgelegten Preis das Eigentum am Grundstück wieder zu erwerben. Die Vereinbarung einer Bedingung - wie hier des Wegfalls des Erwerbsgrundes - steht der Vereinbarung eines Wiederkaufs i. S. von § 497 BGB nicht entgegen (vgl. Westermann in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 497 Rdnr. 8 am Ende).

Als Zeitpunkt der Anschaffung - und nur darum geht der Rechtsstreit - hat das FG den Abschluß des auf die Rückübereignung gerichteten schuldrechtlichen Vertrages vom 31. Juli 1969 angesehen. Dieser Zeitpunkt wäre maßgebend, wenn der Ehemann der Klägerin, wie das FA in der Einspruchsentscheidung angenommen hat, mit dem Vertrag vom 31. Juli 1969 das Wiederkaufsrecht ausgeübt hätte. Die Erklärung des Ehemannes der Klägerin, daß er das Wiederkaufsrecht ausübe (§ 497 Abs. 1 Satz 1 BGB), kann aber schon vor dem Abschluß des Vertrages vom 31. Juli 1969 abgegeben worden sein.

Eine tatsächliche Feststellung des FG hierzu fehlt. Dem Senat ist es demzufolge nicht möglich nachzuprüfen, ob die Vorentscheidung zu Recht besteht. Die Vorentscheidung muß daher aufgehoben werden, damit die Vorinstanz diese Feststellung nachholt.

3. Unzutreffend ist die Auffassung der Klägerin, die Ausübung des Anspruchs auf Rückübereignung wirke auf den Zeitpunkt des Kaufvertrages vom 3. Oktober 1966 zurück. Die Klägerin räumt selbst sein, daß der Wiederkauf den ursprünglichen Verkauf nicht rückgängig machte. Der Senat braucht daher nicht darauf einzugehen, wie ein Sachverhalt zu beurteilen wäre, bei dem - entsprechend den Vereinbarungen beim ursprünglichen Verkauf - eine Aufhebung und Rückgängigmachung des ursprünglichen Vertrages vereinbart worden wäre.

Die Klägerin meint, "die vertragliche Festlegung des Wiederkaufsrechts allein" habe bereits das Verpflichtungsgeschäft begründet, und es käme auf das Hinzutreten weiterer Umstände nicht mehr an. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Wiederkauf kommt mit der Erklärung des ursprünglichen Verkäufers gegenüber dem ursprünglichen Käufer zustande, daß er das Wiederkaufsrecht ausübe (§ 497 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Vertrag vom 3. Oktober 1966 hatte dem Veräußerer keine Rechtsstellung verliehen, kraft deren er Eigentümer oder wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks war oder geblieben wäre. Der Wiederkaufsberechtigte war zwar befugt, den Antrag auf Rückübereignung zu stellen, er war aber nicht verpflichtet, sein Recht auszuüben. Die Stadt ihrerseits hatte nicht etwa das Recht, vom Veräußerer die Rücknahme des Grundstücks zu fordern. Rechtlich wie wirtschaftlich war die Stadt unumschränkte Eigentümerin. Erst durch die Erklärung des Wiederkaufsberechtigten wurde die Ungewißheit, ob er das Eigentum an dem veräußerten Grundstück wieder erwerben wollte, beseitigt. Es liegen rechtlich wie wirtschaftlich zwei voneinander zu sondernde Sachverhalte vor, nämlich der ursprüngliche Verkauf des Grundstücks und der neuerliche Erwerb des Grundstücks. Deshalb regelt auch das Grunderwerbsteuerrecht ausdrücklich, daß die Grunderwerbsteuer unter bestimmten Voraussetzungen nicht zweimal erhoben wird, sondern sogar die Grunderwerbsteuer des ersten Erwerbsvorgangs i. S. des Grunderwerbsteuerrechts erstattet wird (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes - GrEStG - 1940: u. a. beim Wiederkauf, bevor das Eigentum am Grundstück übergegangen ist; § 17 Abs. 2 GrEStG 1940: u. a. beim Rückerwerb des Eigentums am Grundstück; s. auch BFH-Urteil vom 14. Januar 1976 II R 149/74, BFHE 118, 239, BStBl II 1976, 347).

Der Umstand, daß der Wiederkäufer einmal Eigentümer des Grundstücks war, beseitigt nicht die rechtlich wie wirtschaftlich gleichermaßen bedeutsame Tatsache, daß er durch seine Erklärung das Grundstück erneut angeschafft hat.

Sollte sich anläßlich der Feststellung des Zeitpunktes, an dem der Veräußerer die Rückübereignung bei der Stadt beantragt hat, ergeben, daß die Vertragsparteien entgegen dem bisher bekannten Sachverhalt aus bisher nicht erkennbaren Gründen (z. B. des Kommunalrechts) nicht einen Wiederkauf - wovon der Senat ausgegangen ist -, sondern die Verpflichtung der Stadt zum Abschluß eines auf den Rückkauf des Grundstücks gerichteten Vertrages vereinbart hatten, wäre der Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages vom 31. Juli 1969 maßgebend und die Klage unbegründet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74278

BStBl II 1982, 459

BFHE 1982, 442

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