Rz. 6

Nicht dem notwendigen Betriebsvermögen, sondern "nur" dem gewillkürten Betriebsvermögen werden Wirtschaftsgüter zugerechnet, die objektiv dazu geeignet und von ihrem Eigentümer erkennbar dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern und weder notwendiges Betriebsvermögen noch notwendiges Privatvermögen sind.[1] Charakteristisch für das gewillkürte Betriebsvermögen ist demnach, dass die Nutzung des Wirtschaftsguts in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen muss, d. h., das Wirtschaftsgut muss in gewissem Maße "betriebsdienlich" sein.[2]

 

Rz. 7

In Abgrenzung zum notwendigen Betriebsvermögen kann gewillkürtes Betriebsvermögen somit bei Fehlen dieses objektiven Zusammenhangs nicht allein aufgrund einer Willensentscheidung des Steuerpflichtigen gebildet werden, sondern vielmehr muss die Bildung des Betriebsvermögens betrieblich veranlasst sein;[3] der Steuerpflichtige muss also darlegen, welche nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründe ihn dazu veranlasst haben, das Wirtschaftsgut als Betriebsvermögen zu behandeln.[4] Ein (freies) Wahlrecht zur Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen besteht somit nicht.[5]

 
Hinweis

In der Praxis wird man regelmäßig Betriebsvermögen annehmen, wenn es dem Steuerpflichtigen gelingt, darzulegen, welche Beziehung das Wirtschaftsgut zum Betrieb hat und welche vernünftigen wirtschaftlichen Überlegungen ihn veranlasst haben, das Wirtschaftsgut als Betriebsvermögen zu behandeln.

 

Rz. 8

In Bezug auf diesen Zusammenhang ist es allerdings bereits ausreichend, dass das Wirtschaftsgut objektiv geeignet ist, in Zukunft zur Förderung des Betriebs eingesetzt zu werden.[6] Ist die Geeignetheit zur Förderung des Betriebs aufgrund eines fehlenden Nutzens für den Betrieb – z. B. bei voraussehbar dauerhaft verlustbringenden Wirtschaftsgütern – nicht gegeben, können diese Wirtschaftsgüter kein gewillkürtes Betriebsvermögen darstellen.[7]

 

Rz. 9

Zusätzlich zu der Voraussetzung des objektiven Zusammenhangs bedarf die Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen einer zeitnahen, für den Steuerpflichtigen verbindlichen Zuordnungsentscheidung, aus der eindeutig und unmissverständlich die seitens des Steuerpflichtigen beabsichtigte und für diesen unumkehrbare Zuordnung des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen hervorgeht (Widmung).[8] Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung wird bezogen auf den Akt der erstmaligen Zuordnung des Wirtschaftsguts vorausgesetzt, dass dieser eindeutig nach außen verbindlich manifestierte, d. h. unmissverständliche, zeitnahe und unumkehrbare Widmungsakt in einer solchen Art und Weise dokumentiert wird, dass ein sachverständiger Dritter – z. B. Betriebsprüfer (§ 145 Abs. 1 AO) – ohne weitere Erklärung des Steuerpflichtigen die Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts erkennen kann.[9]

 

Rz. 10

Eine eindeutige beziehungsweise unmissverständliche Zuordnung kann dabei allerdings nicht nur durch die Aufnahme in die Bilanz im Rahmen der Jahresabschlusserstellung vorgenommen werden, sondern sich auch daraus ergeben, dass die mit dem Erwerb eines Wirtschaftsguts zusammenhängenden Geschäfte in der laufenden Buchhaltung als betriebliche Vorgänge erfasst werden.[10] Darüber hinaus können auch sonstige Handlungen, beispielsweise die Erklärung gegenüber dem Finanzamt oder die Aufnahme in das betriebliche Bestandsverzeichnis, als eindeutige und unmissverständliche Widmung zu werten sein.[11]

 

Rz. 11

Die Formulierung "zeitnah" setzt diesbezüglich nicht voraus, dass die Widmung von Wirtschaftsgütern zum gewillkürten Betriebsvermögen zu Beginn eines Wirtschafsjahres erfolgt, diese kann vielmehr auch im laufenden Wirtschaftsjahr vollzogen werden.[12] Nicht ausreichend ist allerdings eine mehr als 2 Jahre nach Ablauf des Veranlagungszeitraums im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den angefochtenen Einkommensteuerbescheid geltend gemachte Zuordnung des Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen. Hier fehlt es an der geforderten zeitnahen Dokumentation des Widmungsakts.[13]

 

Rz. 12

Wirtschaftsgüter, die zum notwendigen Betriebsvermögen gehört haben und durch eine Nutzungsänderung nicht mehr notwendiges Betriebsvermögen sind, aber dadurch auch nicht notwendiges Privatvermögen geworden sind, werden als geduldetes Betriebsvermögen weiterhin dem betrieblichen Bereich des Steuerpflichtigen zugeordnet.[14] So bleiben beispielsweise bisher landwirtschaftlich genutzte Grundstücke oder auch ein Gebäudeteil durch eine Nutzungsänderung, z. B. zukünftige Fremdvermietung, durch die sie nicht zum notwendigen Privatvermögen werden, ohne ausdrückliche Entnahmehandlung (landwirtschaftliches) Betriebsvermögen.[15]

 

Rz. 13

In diesen Fällen kann somit eine Entnahme und damit die Aufdeckung der stillen Reserven durch Begründung von geduldetem Betriebsvermögen (gewillkürtem Betriebsvermögen) – Ausweis des Wirtschaftsguts in der Buchführung (Anlagevermögen) – vermieden werden.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge