Leitsatz

Bei der Investitionszulage ist ein Bündel von einzelnen Erhaltungsarbeiten bereits dann als einheitliche Baumaßnahme zu werten, wenn ein enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang besteht und die Einzelmaßnahmen Gegenstand eines von vornherein gefassten Gesamtplans sind. Es ist nicht erforderlich, dass die Einzelmaßnahmen bautechnisch ineinander greifen. Die Frage kann entscheidungserheblich dafür sein, ob der Selbstbehalt nach § 3 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1999 von 2.556 EUR mehrfach zu berücksichtigen ist, wenn die Einzelmaßnahmen in verschiedenen Jahren abgeschlossen werden. Außerdem kann die Unterscheidung zwischen verschiedenen Einzelmaßnahmen und einer einheitlichen Maßnahme darüber entscheiden, ob neben § 3 InvZulG 1999 oder an dessen Stelle ggf. § 3a InvZulG 1999 zur Anwendung kommt.

 

Sachverhalt

Der Anspruchsberechtigte hatte in den Jahren 1999 bis 2001 verschiedene Erhaltungsarbeiten (Dach- und Fassadenerneuerung, Einbau von Fenstern und Türen, Elektrik, Heizung, Wasser, Baderneuerung) an seinem Mietwohngebäude vorgenommen. Von dem aus 6 Wohnungen bestehenden Mietwohnhaus waren jeweils 5 Wohnungen vermietet, während an der freistehenden Wohnung die Erhaltungsarbeiten durchgeführt wurden. Der Anspruchsberechtigte stellte einen einheitlichen Investitionszulagenantrag für das Jahr 2001. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, wegen fehlendem bautechnischen oder anderem sachlichen Zusammenhang lägen jeweils Einzelmaßnahmen in den Jahren 1999 bis 2001 vor. Der Selbstbehalt von 2.556 EUR (5.000 DM) werde dadurch in den einzelnen Jahren nicht überschritten, so dass im Ergebnis kein Anspruch auf Investitionszulage bestehe.

 

Entscheidung

Das FG gab der Klage zum überwiegenden Teil statt. Nach seiner Auffassung ist zwar grundsätzlich bei Erhaltungsarbeiten zur Bestimmung des Beendigungszeitpunkts jede Maßnahme getrennt zu betrachten. Ein Bündel von Erhaltungsmaßnahmen sei aber investitionszulagenrechtlich dann als einheitlicher Vorgang zu werten, wenn ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht und die Einzelmaßnahmen Gegenstand eines von vornherein gefassten Gesamtplans sind. Zur Begründung bezieht sich das FG auf die Gesetzgebungsmaterialien zum § 3 InvZulG 1999. Danach soll es Intention des Gesetzgebers gewesen sein, Erhaltungsarbeiten, die Gegenstand einer planmäßig über mehrere Jahre durchgeführten Gesamtmaßnahme sind und die nur mangels einer deutlichen Gebrauchswerterhöhung nicht als Herstellungsarbeiten zu beurteilen sind, als einheitliches Bauvorhaben zu betrachten. Baumaßnahmen, die in Bezug auf den finanziellen Aufwand nicht mit einer Herstellungsmaßnahme vergleichbar sind, seien über den Selbstbehalt von der Förderung ausgeschlossen worden.

Die herrschende Meinung, die für das Vorliegen einer einheitlichen Erhaltungsmaßnahme einen bautechnischen Zusammenhang zwischen den Teilmaßnahmen fordert, werde dieser gesetzgeberischen Intention nicht gerecht. Die von der Rechtsprechung entwickelten diesbezüglichen Voraussetzungen seien für die ertragsteuerliche Qualifikation von Aufwendungen maßgebend, die für sich genommen teils Erhaltungs-, teils Herstellungsaufwendungen darstellen. Sie beträfen nicht die Frage, wann die Beendigung von Erhaltungsmaßnahmen, die in keinem Zusammenhang mit Herstellungsaufwendungen stehen, anzunehmen ist.

 

Hinweis

Das FG Brandenburg verkennt offensichtlich, dass über den Selbstbehalt, der im Übrigen sowohl für Erhaltungsarbeiten, Herstellungsmaßnahmen und Anschaffungen gilt, lediglich Bagatellinvestitionen von der Investitionszulage ausgeschlossen werden sollen, ansonsten aber keine sachliche Unterscheidung hinsichtlich der steuerrechtlichen Einstufung einer Baumaßnahme vorgenommen wird. Im Entscheidungsfall, in dem es um die ggf. mehrfache Anrechnung des für Investitionsbeginn vor dem 1.1.2002 geltenden, jährlichen Selbstbehalts ging, ist die Entscheidung des FG, eine einheitliche Erhaltungsmaßnahme anzunehmen, zu Gunsten des Investors. Bei der Frage, ob neben oder anstelle der Förderung nach § 3 InvZulG 1999 für einzelne Maßnahmen eine Investitionszulage nach dem wesentlich günstigeren § 3a InvZulG 1999 in Betracht kommt, wäre dieselbe Entscheidung deutlich zu Ungunsten des Investors. In betroffenen Altfällen, in denen die Finanzverwaltung zu Ungunsten der Investoren entscheidet, sollte deshalb im Hinblick auf die gegen das Urteil des FG Brandenburg anhängige Revision (Az: III R 21/05) Einspruch eingelegt und ein Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Bei der fraglichen Anwendung des § 3a InvZulG 1999 sollte m.E. das Urteil des FG Brandenburg ignoriert werden und der herrschenden Meinung, die im Übrigen auch weiterhin die der Finanzverwaltung ist, gefolgt werden.

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 24.02.2005, 5 K 513/03

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