Kommentar

Das BMF hat seinen Erlass zur Arbeitnehmerentsendung umfangreich überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht. Dabei werden vor allem die (Gesetzes-)Änderungen der letzten Jahre eingearbeitet. Das BMF-Schreiben vom 12.11.2014 betreffend die "Steuerliche Behandlung des Arbeitslohns nach den Doppelbesteuerungsabkommen (183-Tage-Schreiben)" ist nicht nur deutlich länger als bisher, sondern enthält jetzt eine Vielzahl verständlicher Beispielsfälle.

Die Erlassregelungen sind ab 1.1.2015 anzuwenden, auf Antrag in allen offenen Fällen. Der alte Erlass[1] wird ab diesem Zeitpunkt aufgehoben.

Grundlagen Steuerpflicht

Wenn inländische Arbeitnehmer im Ausland tätig werden oder umgekehrt ausländische Mitarbeiter vorübergehend in Deutschland tätig werden, ist zu prüfen, in welchem Land und in welchem Umfang Arbeitslohn zu versteuern ist.

Aus deutscher Sicht ist in beiden Fällen festzustellen, ob und in welchem Umfang der Arbeitslohn im Inland steuerpflichtig ist oder ob eine Freistellung von der deutschen Lohnsteuer nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder einer anderen Regelung erfolgt. Dann ist der Arbeitslohn regelmäßig im anderen Land zu versteuern.

Hat ein Arbeitnehmer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, unterliegt er als unbeschränkt Steuerpflichtiger grundsätzlich mit seinem gesamten Welteinkommen der inländischen Besteuerung. Dies ist häufig der Fall, wenn Mitarbeiter aus Deutschland vorübergehend ins Ausland entsendet werden.

Fehlt es sowohl an einem solchen Wohnsitz als auch an einem gewöhnlichen Aufenthalt, ist ein Arbeitnehmer, der inländische Einkünfte erzielt, grundsätzlich mit diesen Einkünften beschränkt einkommensteuerpflichtig. Dieser Fall greift häufig ein, wenn Mitarbeiter aus dem Ausland vorübergehend in Deutschland tätig werden, aber ihren Familienwohnsitz im Ausland beibehalten.

Über ein DBA könnten in beiden Fällen die Einkünfte von der inländischen Besteuerung freigestellt werden.

Hinweis: In dem Erlass wird die abkommensrechtliche Behandlung der Vergütungen aus unselbständiger Arbeit anhand des aktuellen Musterabkommens der OECD (OECD-MA) dargestellt. Das OECD-MA entfaltet selbst keine rechtliche Bindungswirkung. Die von Deutschland abgeschlossenen DBA orientieren sich jedoch nach Inhalt und Aufbau am OECD-MA. Im konkreten Einzelfall sind die jeweiligen Vorschriften des anzuwendenden DBA maßgeblich, nicht das OECD-MA.

Besteuerung im Tätigkeitsstaat

Wird eine unselbständige Arbeit als Arbeitnehmer im Tätigkeitsstaat ausgeübt, steht grundsätzlich diesem Staat das Besteuerungsrecht für die bezogenen Vergütungen zu (sog. Arbeitsortprinzip).

Der Ort der Arbeitsausübung ist grundsätzlich der Ort, an dem sich der Mitarbeiter zur Ausführung seiner Tätigkeit persönlich aufhält.

Nach diesen Grundsätzen ist der Arbeitslohn

  • bei der Mitarbeiterentsendung von Deutschland ins Ausland in dem ausländischen Tätigkeitsstaat
  • bei der Entsendung von Mitarbeitern nach Deutschland in Deutschland lohnzuversteuern.

Besteuerung im Ansässigkeitsstaat

Abweichend von vorstehendem Grundsatz steht dem Ansässigkeitsstaat (Wohnsitz) des Mitarbeiters das ausschließliche Besteuerungsrecht für eine nicht in diesem Staat ausgeübte unselbständige Arbeit zu, wenn

  • der Mitarbeiter sich insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines im jeweiligen Abkommen näher beschriebenen Zeitraums im Tätigkeitsstaat aufgehalten oder die Tätigkeit dort ausgeübt hat und
  • der Arbeitgeber, der die Vergütungen zahlt, nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist und
  • der Arbeitslohn nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat hat, getragen wurde.

Wenn alle 3 Voraussetzungen zusammen vorliegen, steht dem Ansässigkeitsstaat des Mitarbeiters das Besteuerungsrecht für Vergütungen, die für eine im Ausland ausgeübte Tätigkeit gezahlt werden, zu. Bei der Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland würde dann also das Besteuerungsrecht wieder an Deutschland zurückfallen.

Liegen dagegen nicht sämtliche Voraussetzungen zusammen vor, steht dem Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die vom Arbeitnehmer dort ausgeübte unselbständige Arbeit zu.

Anwendung der 183-Tage-Regel

Eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat erfolgt, wenn die Tätigkeit die 183-Tage-Grenze nicht überschritten hat. Dabei gelten jedoch unterschiedliche Definitionen.

Die in den länderunterschiedlichen DBA genannte 183-Tage-Frist bezieht sich häufig auf den Aufenthalt im Tätigkeitsstaat. Nach einigen DBA ist jedoch die Dauer der Ausübung der unselbständigen Arbeit im Tätigkeitsstaat maßgebend. Das ist also länderspezifisch zu prüfen.

Wird in einem DBA auf den Aufenthalt im Tätigkeitsstaat abgestellt (z. B. Frankreich, Italien, Österreich), so ist hierbei nicht die Dauer der beruflichen Tätigkeit maßgebend, sondern allein die körperliche Anwesenheit im Tätigkeitsstaat. Es kommt darauf an, ob der Arbeitnehmer an mehr als 183 Tagen im Tätigkeitsstaat anwesend war. Ankunfts- und Abreisetage, Urlaubs- und Krankheitstage zählen mit...

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