BMF, 4.3.2020, IV C 2 - S 2770/19/10003 :002

1

Mit Urteil vom 10. Mai 2017 – I R 93/15 (BStBl 2019 II S. 278) hat der BFH entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung entschieden, dass die Vereinbarung von variablen Ausgleichszahlungen eines beherrschenden Unternehmens an einen außenstehenden Gesellschafter der Anerkennung einer steuerlichen Organschaft entgegensteht, wenn sich die Ausgleichszahlungen im Ergebnis an dem Gewinn der beherrschten Gesellschaft bemessen.

Mit dem Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2018 (BGBl 2018 I S. 2338) wurde in § 14 Absatz 2 KStG geregelt, unter welchen Voraussetzungen neben dem festen Betrag nach § 304 Absatz 2 Satz 1 des Aktiengesetzes (AktG) zusätzlich vereinbarte und geleistete (variable) Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter der Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft nicht entgegenstehen.

Nach dem Ergebnis einer Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zu Anwendungsfragen zu § 14 Absatz 2 KStG wie folgt Stellung:

 

I. Anwendungsbereich des § 14 Absatz 2 KStG

2

Für die Anwendung des § 14 Absatz 2 KStG ist es unerheblich, ob die Ausgleichszahlungen von der Organgesellschaft oder dem Organträger geleistet werden. Es kommt auch nicht darauf an, wer die Ausgleichszahlungen zivilrechtlich schuldet. Dies entspricht im Übrigen dem Rechtsgedanken des § 16 KStG, wonach stets die Organgesellschaft die Ausgleichszahlungen zu versteuern hat – unabhängig davon, ob sie selbst oder der Organträger die Ausgleichszahlungen geleistet hat.

3

Der Anwendungsbereich des § 14 Absatz 2 KStG ist nur eröffnet, wenn Ausgleichszahlungen vereinbart und geleistet werden.

4

In Fällen, in denen neben dem aktienrechtlichen Mindestbetrag i. S. d. § 304 Absatz 2 Satz 1 AktG weitere, gewinnabhängige Ausgleichszahlungen zwar vereinbart sind, die variablen Betragskomponenten aber z. B. wegen eines niedrigen oder negativen Ergebnisses der Organgesellschaft in einem konkreten Wirtschaftsjahr nicht zu leisten sind und auch tatsächlich nicht geleistet werden, kommt § 14 Absatz 2 Satz 1 KStG für dieses Wirtschaftsjahr nicht zur Anwendung. In solchen Fällen bestimmt sich allein nach § 14 Absatz 1 KStG und § 16 KStG, dass die tatsächlich geleisteten Ausgleichszahlungen in der nach § 304 Absatz 2 Satz 1 AktG angeordneten Höhe unschädlich für die steuerliche Anerkennung der Organschaft sind.

5

Der Anwendungsbereich des § 14 Absatz 2 KStG ist eröffnet, wenn die Vereinbarung zu Ausgleichszahlungen keine Festbetragskomponente i. S. d. § 304 Absatz 2 Satz 1 AktG enthält, sondern die Ausgleichszahlungen nach dem Gewinn des Organträgers bemessen werden (variable Ausgleichszahlung i. S. d. § 304 Absatz 2 Satz 2 AktG). Der mindestens zugesicherte Betrag i. S. d. § 304 Absatz 2 Satz 1 AktG beläuft sich in diesem Fall auf null. Somit geht der Gesamtbetrag der Ausgleichszahlungen über diesen Betrag hinaus und unterliegt in voller Höhe der betragsmäßigen Begrenzung nach § 14 Absatz 2 Satz 2 KStG; siehe hierzu Randnummer 6.

 

II. Höchstbetrag der Ausgleichszahlungen i. S. d. § 14 Absatz 2 Satz 2 KStG

6

Als Bezugsgröße für den fiktiven Gewinnanteil eines außenstehenden Gesellschafters i. S. d. § 14 Absatz 2 Satz 2 KStG ist stets auf den Gesamtgewinn der Organgesellschaft abzustellen.

 

1. Disquotale Gewinnverteilungsabreden

7

Der Höchstbetrag der Ausgleichszahlungen bemisst sich ausschließlich nach dem Gewinnanteil, der dem Anteil am gezeichneten Kapital entspricht, und kann durch vertragliche Vereinbarung einer disquotalen Gewinnverteilung nicht beeinflusst werden.

 

2. Ausgleichszahlungen, die an dem Ergebnis bestimmter Bereiche der Organgesellschaft bemessen werden (Spartengewinne, sogenannte Trackingstock-Strukturen)

8

Soweit mit einem außenstehenden Gesellschafter Ausgleichzahlungen vereinbart werden, die sich z. B. an dem Ergebnis einer einzelnen (gewinnträchtigen) Sparte orientieren, ist dies für die Prüfung der Begrenzung der steuerlich anzuerkennenden Ausgleichszahlungen im Rahmen des § 14 Absatz 2 Satz 2 KStG unbeachtlich. Auch in diesen Fällen ist als Ausgangsgröße bei der Berechnung des fiktiven Gewinnanteils auf den Gesamtgewinn der Organgesellschaft (d. h. die Gesamtsumme aller Spartenergebnisse) abzustellen.

 

3. Ermittlung des fiktiv für eine Ausschüttung zur Verfügung stehenden Gewinnanteils

9

Maßgebend für die Ermittlung des Höchstbetrages nach § 14 Absatz 2 Satz 2 KStG ist der Betrag, der in dem Wirtschaftsjahr ohne Bestehen des Gewinnabführungsvertrages an den außenstehenden Gesellschafter hätte geleistet werden können (Stand-alone-Betrachtung).

10

Bei der Ermittlung des fiktiv für eine Ausschüttung zur Verfügung stehenden Gewinnanteils ist der handelsrechtliche Jahresüberschuss vor Gewinnabführung als Ausgangsgröße um Beträge zu bereinigen, die bei einer Ausschüttung an den außenstehenden Gesellschafter ohne Bestehen der Organschaft nicht zur Verfügung gesta...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge