Entscheidungsstichwort (Thema)
Duldungsbescheid gegen den aus einer Auflassungsvormerkung Berechtigten - Rückgewährsanspruch nach § 7 AnfG - Anfechtbarkeit eines aus mehreren Rechtsakten bestehenden Rechtsgeschäfts nach dem AnfG - echtes Anwartschaftsrecht hinsichtlich des Eigentumserwerbs an einem Grundstück - Rechtscharakter einer Auflassungsvormerkung - Begründung eines Duldungsbescheids
Leitsatz (amtlich)
1. Der auf den Erwerb des Eigentums an einem Grundstück gründende Rückgewährsanspruch nach § 7 AnfG auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück besteht gegen den Käufer des Grundstücks nicht, wenn nur eine Auflassungsvormerkung für diesen im Grundbuch eingetragen worden ist.
2. Ist der Bescheid auf Duldung der Zwangsvollstreckung in ein Grundstück gegen den Anfechtungsgegner als Grundstückseigentümer gerichtet, so umfaßt er nicht die Geltendmachung eines dem Anfechtungsgegner gegenüber etwa in Betracht kommenden Duldungsanspruchs auf Verzicht seiner Sicherungsrechte aus der für ihn im Grundbuch bisher nur eingetragenen Auflassungsvormerkung.
Orientierungssatz
1. Der Rückgewährsanspruch nach § 7 AnfG beschränkt sich darauf, den Gläubiger so zu stellen, als könnte er noch auf das Vermögen des Schuldners zugreifen. Dies bedeutet, daß der Anfechtungsgegner die Zwangsvollstreckung in den durch die anfechtbare Rechtshandlung erlangten Vermögensgegenstand des Schuldners dulden oder Wertersatz leisten muß, wenn der anfechtbar weggegebene Gegenstand beim Anfechtungsgegner nicht mehr vorhanden ist.
2. Besteht ein Rechtsgeschäft wie im Falle des Grundstückskaufvertrages aus mehreren Rechtsakten (schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft, dingliches Erfüllungsgeschäft), so ist grundsätzlich der Gesamtvorgang als einheitliche Rechtshandlung i.S. des Anfechtungsrechts anzusehen. Das bedeutet, daß nicht die einzelnen Rechtsakte der Anfechtung unterliegen, sondern die Anfechtung erst nach Abschluß des Gesamtvorgangs in Betracht kommt. Dies tritt bei einer Grundstücksveräußerung erst ein, wenn die Eintragung im Grundbuch erfolgt und der Käufer damit Eigentümer des Grundstücks geworden ist. In diesem Zeitpunkt muß die Benachteiligungsabsicht gegeben sein und von diesem Zeitpunkt an beginnt auch erst die Anfechtungsfrist nach § 3 Abs.1 Nr.2 AnfG zu laufen.
3. Ob hinsichtlich des Eigentumserwerbs an einem Grundstück überhaupt ein echtes Anwartschaftsrecht bestehen kann, das den Berechtigten im wesentlichen bereits einem Eigentümer gleichstellt, ist streitig. Ist mit dem BGH von der Möglichkeit eines solchen Anwartschaftsrecht auszugehen, so ist zu dessen Entstehen aber ungeachtet etwaiger weiterer Voraussetzungen jedenfalls die Auflassung nach § 925 BGB erforderlich (vgl. BGH-Rechtsprechung). Die bloße Auflassungsvormerkung ohne die Auflassung reicht insoweit nicht aus.
4. Die Auflassungsvormerkung ist zur Erlangung des Eigentums an einem Grundstück nicht erforderlich, sondern ist nur eine mögliche dingliche Sicherung des schuldrechtlichen Anspruchs aus dem Kaufvertrag. Der hieraus Berechtigte kann noch nicht wie ein Eigentümer über das Grundstück verfügen. Es ist ihm auch nicht rechtlich möglich, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück als Eigentümer zu dulden. Der Berechtigte könnte aber von demjenigen, der das Grundstück im Wege einer Zwangsversteigerung erwerben würde, die Zustimmung zur Auflassung und zu seiner Eintragung als Grundstückseigentümer verlangen (vgl. BGH-Rechtsprechung).
5. Das Finanzamt kann gegen einen durch eine Auflassungsvormerkung abgesicherten Anspruchsberechtigten aus einem Grundstückskaufvertrag einen Duldungsanspruch mit einem besonderen, vor allem auch in seiner Begründung darauf ausgerichteten Duldungsbescheid geltend machen. Dies folgt aus § 9 AnfG bzw. § 119 Abs.1 AO 1977.
Normenkette
AnfG § 3 Abs. 1 Nrn. 2-3, §§ 7, 9; AO 1977 § 119 Abs. 1, § 191 Abs. 1; BGB § 873 Abs. 2, §§ 883, 925
Verfahrensgang
FG Bremen (Entscheidung vom 13.02.1996; Aktenzeichen 295132K2) |
Tatbestand
I. Der Vater der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) verkaufte dieser das in seinem Eigentum stehende Grundstück mit notariellem Vertrag zum Kaufpreis von 140 000 DM. Aufgrund der im Kaufvertrag enthaltenen Bewilligung wurde im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung für die Klägerin eingetragen. Die Auflassung wurde von den Beteiligten aber nicht erklärt. Eine Teilfläche des Grundstücks verkaufte die Klägerin am selben Tag mit notariellem Vertrag zum Kaufpreis von 90 000 DM an die Eheleute H weiter.
Mit Duldungsbescheid focht der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) nach § 3 Abs.1 Nr.2 des Anfechtungsgesetzes (AnfG) i.V.m. § 191 der Abgabenordnung (AO 1977) "die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück aufgrund des Vertrages vom ..." auf die Klägerin an. Der Umfang der Duldungspflicht wurde auf 140 000 DM beschränkt. Die Klägerin habe die Vollstreckung in den ihr verbliebenen Grundstücksteil zu dulden und Wertersatz in Höhe von 90 000 DM für den Fall zu leisten, daß wegen der Weiterveräußerung eines Teils des Grundstücks durch die Klägerin Rückgewähr in Natur nicht möglich sei.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Duldungsbescheid i.d.F. der Einspruchsentscheidung sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Zwar lägen die Anfechtungsvoraussetzungen nach § 3 Abs.1 Nr.2 AnfG vor, weil das FA als Gläubiger des Vaters durch den Abschluß des Kaufvertrags zwischen der Klägerin und ihrem Vater und die Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch benachteiligt werde. Die Klägerin habe nicht beweisen können, daß ihr zur Zeit des Vertragsabschlusses eine Absicht ihres Vaters, das FA als Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt gewesen sei. Dennoch sei der Duldungsbescheid rechtswidrig, weil er den zurückzugewährenden Gegenstand und die Art und Weise der Rückgewähr nicht zutreffend angegeben habe. Im einzelnen wird hierzu auf die in Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 633 wiedergegebenen Ausführungen des FG verwiesen.
Mit der vom FG zugelassenen Revision macht das FA geltend: Der Auffassung des FG, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung begründe noch keine anfechtbare Rechtsposition, könne nicht gefolgt werden. Die Anfechtung sei nicht deswegen rechtswidrig, weil das FA die Übertragung des Eigentums angefochten habe.
Das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann das FA zwar nach § 191 AO 1977 denjenigen durch Duldungsbescheid in Anspruch nehmen, der nach dem AnfG verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden (BFH-Urteil vom 29. März 1994 VII R 120/92, BFHE 174, 295, BStBl II 1995, 225, m.w.N.). Im Streitfall besteht jedoch der vom FA mit dem angefochtenen Duldungsbescheid i.d.F. der Einspruchsentscheidung gegen die Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück und Wertersatz hinsichtlich des veräußerten Grundstücksteils nicht.
a) Nach § 7 AnfG ist Inhalt des Anfechtungsschuldverhältnisses die Verpflichtung des Anfechtungsgegners zur Rückgewähr. Zurückzugewähren ist grundsätzlich dasjenige, was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben wurde. Dabei beschränkt sich jedoch der Rückgewährsanspruch darauf, den Gläubiger so zu stellen, als könne er noch auf das Vermögen des Schuldners zugreifen (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 13. Juli 1995 IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314, 322; Kilger/Huber, Anfechtungsgesetz, 8.Aufl., § 7 Anm.I, 2). Dies bedeutet, daß der Anfechtungsgegner die Zwangsvollstreckung in den durch die anfechtbare Rechtshandlung erlangten Vermögensgegenstand des Schuldners dulden oder Wertersatz leisten muß, wenn der anfechtbar weggegebene Gegenstand beim Anfechtungsgegner nicht mehr vorhanden ist.
Besteht das Rechtsgeschäft wie im Falle eines Grundstückskaufvertrages aus mehreren Rechtsakten, nämlich dem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft und dem dinglichen Erfüllungsgeschäft, so ist grundsätzlich der Gesamtvorgang als einheitliche Rechtshandlung i.S. des Anfechtungsrechts anzusehen. Das bedeutet, daß nicht die einzelnen Rechtsakte der Anfechtung unterliegen, sondern die Anfechtung erst nach Abschluß des Gesamtvorgangs in Betracht kommt (vgl. Kilger/Huber, a.a.O., § 1 Anm.I, 2 b). Der Rückgewährsanspruch gemäß § 7 AnfG besteht demnach erst, wenn auch das dingliche Erfüllungsgeschäft abgeschlossen ist. Dies tritt im Falle einer Grundstücksveräußerung erst ein, wenn die Eintragung im Grundbuch erfolgt und demgemäß der Käufer nach § 873 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Eigentümer des Grundstücks geworden ist. In diesem Zeitpunkt muß die Benachteiligungsabsicht gegeben sein und von diesem Zeitpunkt an beginnt auch erst die Anfechtungsfrist nach § 3 Abs.1 Nr.2 AnfG zu laufen (vgl. Senatsurteil vom 8. März 1984 VII R 43/83, BFHE 141, 106, BStBl II 1984, 576; BGH-Urteil vom 18. Dezember 1986 IX ZR 11/86, BGHZ 99, 274, 286; Kammergerichtsurteil vom 11. Oktober 1973 12 U 2362/72, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1974, 243).
b) Diesen Grundsätzen folgend nimmt der angefochtene Duldungsbescheid i.d.F. der Einspruchsentscheidung die Klägerin als "Eigentümerin" des auf anfechtbare Weise erworbenen Grundstücks in Anspruch, indem die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück auf die Klägerin angefochten und sie aufgefordert wird, die Zwangsvollstreckung in das ihr (angeblich) übertragene Grundstück zu dulden (vgl. Duldungsbescheid z.B. S.2: "Durch die vollzogene Übertragung des o.a. Grundstücks auf Sie ist das Land als Gläubiger benachteiligt.") und Wertersatz für den von ihr weiter veräußerten Grundstücksteil zu leisten. Da die Klägerin jedoch, wie das FG für den Senat bindend festgestellt hat (§ 118 Abs.2 FGO), noch nicht Eigentümerin des Grundstücks geworden ist, weil für sie bisher nur eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen wurde, besteht gegen sie der auf ihren Eigentumserwerb gründende Rückgewährsanspruch nach § 7 AnfG, der auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück bzw. Wertersatz gerichtet ist, noch nicht.
c) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Klägerin deshalb schon wie eine Eigentümerin behandelt werden kann, weil sie bereits ein Anwartschaftsrecht auf den Eigentumserwerb hat.
Ob hinsichtlich des Eigentumserwerbs an einem Grundstück überhaupt ein echtes Anwartschaftsrecht bestehen kann, das den Berechtigten im wesentlichen bereits einem Eigentümer gleichstellt, ist streitig (vgl. Wacke in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2.Aufl., § 873 Rz.43). Ist mit dem BGH von der Möglichkeit eines solchen Anwartschaftsrechts auszugehen, so ist zu dessen Entstehen aber ungeachtet etwaiger weiterer Voraussetzungen jedenfalls die Auflassung nach § 925 BGB erforderlich (vgl. dazu BGH-Urteile vom 15. Dezember 1994 IX ZR 153/93, NJW 1995, 659, m.w.N.; vom 5. April 1991 V ZR 39/90, BGHZ 114, 161, 166; vom 11. November 1983 V ZR 211/82, BGHZ 89, 41, 44 f., und vom 18. Dezember 1967 V ZB 6/67, BGHZ 49, 197, 201). Diese hat --wie das FG ebenfalls bindend festgestellt hat-- im Streitfall nicht stattgefunden.
Die gegen diese Feststellung vom FA erhobene Rüge mangelnder Sachverhaltsaufklärung ist, weil unsubstantiiert vorgetragen, unbeachtlich. Das FA hätte insoweit zumindest die Beweismittel angeben müssen, deren Erhebung sich nach seiner Ansicht dem FG hätte aufdrängen müssen. Daher stellt sich insoweit die Frage nach einem dem Eigentum gleichzuachtenden Anwartschaftsrecht der Klägerin nicht.
Die Auflassungsvormerkung ohne die Auflassung gibt --wie das FG zutreffend ausgeführt hat-- kein Anwartschaftsrecht, das dem Eigentum gleichkommt und das Verlangen gegen die Klägerin auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück als dessen vermeintliche Eigentümerin rechtfertigt. Die Auflassungsvormerkung sichert nach § 883 BGB nur den vertraglichen Anspruch auf den Eigentumserwerb. Der Eigentumserwerb dagegen ist noch von weiteren Voraussetzungen (z.B. der Auflassung) abhängig, deren Erfüllung nicht nur von der Vormerkungsberechtigten abhängig ist. Deshalb begründet auch allein die Eintragung der Auflassungsvormerkung noch nicht ein dem Eigentum im wesentlichen gleiches Recht. Sie ist zur Erlangung des Eigentums nicht einmal notwendig, sondern ist nur eine mögliche dingliche Sicherung des schuldrechtlichen Anspruchs aus dem Kaufvertrag (vgl. BGH-Urteile vom 21. Dezember 1960 VIII ZR 204/59, BGHZ 34, 254, 257 ff., und vom 15. Dezember 1972 V ZR 76/71, BGHZ 60, 46, 49). Die aus der Auflassungsvormerkung berechtigte Klägerin kann, obwohl sie einen dinglich in bestimmter Weise gesicherten Anspruch auf Eigentumsübertragung hat, noch nicht wie eine Eigentümerin über das Grundstück verfügen. Deswegen ist es ihr rechtlich nicht möglich, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück als Eigentümerin zu dulden; sie kann daher auch nicht dazu verpflichtet werden.
Eigentümer des Grundstücks bleibt auch nach Eintragung der Auflassungsvormerkung der Veräußerer. Nur ihm gegenüber kann in das ihm allein gehörende Grundstück vollstreckt werden. Die Auflassungsvormerkung stünde der Eintragung einer Sicherungshypothek auf das Grundstück des Vaters der Klägerin nicht entgegen, sie würde der Klägerin nur die Sicherungsrechte nach § 883 BGB geben, d.h., sie wäre der Klägerin gegenüber unwirksam (§ 883 Abs.2 BGB). Von demjenigen, der das Grundstück im Wege einer etwaigen Zwangsversteigerung erwerben würde, könnte die Klägerin allerdings die Zustimmung zur Auflassung und zu ihrer Eintragung als Grundstückseigentümerin verlangen (vgl. Reichsgerichtsurteil vom 21. September 1931 VI 147/31, RGZ 133, 267; BGH-Urteil vom 11. Juli 1996 IX ZR 226/94, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 1996, 1516, 1518; Palandt/Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 55.Aufl., § 883 Rz.27).
d) Da die Klägerin somit noch nicht Eigentümerin des Grundstücks geworden ist oder ein dem Eigentum etwa gleichzustellendes Recht erworben hat, ist der auf Rückgewähr dieser Rechtsstellung gerichtete Duldungsbescheid i.d.F. der Einspruchsentscheidung rechtswidrig.
2. Der angefochtene Duldungsbescheid richtet sich, anders als das FA nunmehr im Revisionsverfahren vorträgt, nicht auch auf Rückgewähr dessen, was die Klägerin als Inhaberin des dinglich durch die Auflassungsvormerkung gesicherten Anspruchs auf den Grundstückserwerb erlangt hat.
a) Zwar hat der BGH erkannt, bei Anfechtung einer Auflassungsvormerkung könne der Klageantrag auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück lauten. Dieser Antrag enthalte das Begehren, daß der Anfechtungsgegner bei einer Zwangsversteigerung gegenüber dem Gläubiger von der Vormerkung keinen Gebrauch machen dürfe (BGH-Urteil in ZIP 1996, 1516). Nach den Entscheidungsgründen hält der BGH es aber für erforderlich, daß sich die Zielrichtung der Anfechtung auf die Auflassungsvormerkung eindeutig aus der Begründung des Klageantrags ergibt.
Im Streitfall hat indes der mit dem angefochtenen Duldungsbescheid geltend gemachte Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück (der Klägerin) --wie oben ausgeführt-- eine weitergehende Zielrichtung, als ihn ein Anspruch gegen die Klägerin auf Verzicht auf die Sicherungsrechte hätte, die ihr nach der im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung gemäß § 883 BGB gegenüber dem FA als Vollstreckungsgläubiger des Grundstückseigentümers zustehen könnten. Da der Anspruch aus dem Grundstücksveräußerungsvertrag und die Auflassungsvormerkung mit der Eintragung des Berechtigten als Eigentümer im Grundbuch erlischt, wenn mit der Eintragung des neuen Eigentümers der Sicherungszweck der Auflassungsvormerkung erfüllt ist, kann der auf Rückgewähr des Vollrechts gerichtete Anspruch nach § 7 AnfG nicht auch den Anspruch auf Verzicht auf die Rechte aus dem Grundstücksveräußerungsvertrag i.V.m. der Auflassungsvormerkung umfassen. Beide Ansprüche schließen sich vielmehr aus. Danach ist es auch nicht möglich, den Duldungsbescheid nach § 100 Abs.1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung nur insoweit aufzuheben, als mit ihm die (angebliche) Eigentumsübertragung angefochten wird, ihn aber hinsichtlich einer davon umfaßten Anfechtung der aufgrund des Kaufvertrages erlangten Auflassungsvormerkung zu bestätigen.
b) Ein an sich in Betracht kommender Duldungsanspruch gegen die Klägerin als durch die Auflassungsvormerkung abgesicherte Anspruchsberechtigte aus dem Grundstückskaufvertrag (vgl. dazu BGHZ 130, 314, 325; ZIP 1996, 1516) wäre daher, wenn ihn das FA für gerechtfertigt hielte, mit einem besonderen, vor allem auch in seiner Begründung darauf ausgerichteten Duldungsbescheid geltend zu machen. Das folgt aus § 9 AnfG, der für die Klage, der im Verfahren nach § 191 AO 1977 der Duldungsbescheid gleichsteht, die genaue Bezeichnung des Gegenstandes voraussetzt, dessen Rückgewähr nach § 7 AnfG begehrt wird. Denn nach § 9 AnfG hat der Klageantrag bzw. Duldungsbescheid bestimmt zu bezeichnen, in welchem Umfang und in welcher Weise die Rückgewähr bewirkt werden soll (vgl. zum Duldungsbescheid als Verwaltungsakt auch § 119 Abs.1 AO 1977).
Da Gegenstand des vorliegenden Duldungsbescheids der (angebliche) Eigentumserwerb der Klägerin und die Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück und nicht der durch Auflassungsvormerkung gesicherte Anspruch aus dem Kaufvertrag ist, kann der Senat über die Berechtigung eines Duldungsbescheids, der auf Rückgewähr des durch die Vormerkung gesicherten Eigentumsübertragungsanspruchs gerichtet wäre und gemäß § 9 AnfG den Verzicht auf die Sicherungsrechte aus der Auflassungsvormerkung zum Ausdruck bringen müßte, jedenfalls in diesem Verfahren nicht entscheiden.
Deshalb hat auch die Revision unter dem vom FA hilfsweise geltend gemachten Gesichtspunkt der Anfechtung der bewilligten Auflassungsvormerkung als unentgeltliche Verfügung i.S. von § 3 Abs.1 Nr.3 AnfG keinen Erfolg.
Fundstellen
Haufe-Index 65874 |
BFH/NV 1997, 73 |
BStBl II 1997, 17 |
BFHE 181, 268 |
BFHE 1997, 268 |
BB 1997, 141 (Leitsatz) |
DB 1997, 144 (Leitsatz) |
DStR 1997, 113-115 (Leitsatz und Gründe) |
DStRE 1997, 122 (Leitsatz) |
DStZ 1997, 231-232 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1997, 207-208 (Leitsatz) |
StE 1997, 35 (Kurzwiedergabe) |