Leitsatz (amtlich)
Beruhen hohe Anschaffungskosten für betriebliche Personenkraftfahrzeuge zum Teil auf Gründen der privaten Repräsentation, so sind Investitionszulagen nur von angemessenen Anschaffungskosten zu gewähren.
Normenkette
InvZulG § 4b
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) - eine KG - beantragte im März 1976 eine Investitionszulage nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) für einen Ferrari. Den PKW hatte der Komplementär und Geschäftsführer der KG im April 1975 auf seinen Namen gekauft. Die Anschaffungskosten betrugen 76 577 DM (ohne Mehrwertsteuer). Die Klägerin betreibt den Einzelhandel mit ... durch Filialgeschäfte.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte die Zulage durch Bescheid vom 31. März 1976 zunächst mit der Begründung ab, daß der Ferrari nicht von der Klägerin, sondern von dem Gesellschafter angeschafft worden sei.
In der Einspruchsentscheidung vom 22. März 1977 gewährte das FA dann aber die Zulage, nachdem die KG geltend gemacht hatte, daß der PKW nahezu ausschließlich für betriebliche Zwecke verwendet werde. Das FA beschränkte die Bemessungsgrundlage jedoch auf einen Betrag von 40 000 DM. Die darüber hinausgehenden Anschaffungskosten hielt es für unangemessen (§ 4 Abs. 5 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Es setzte die Zulage auf 3 000 DM (7,5 v. H. von 40 000 DM) fest. Der Restbetrag von 2 743 DM (7,5 v. H. von 36 577 DM) blieb streitig.
Im März 1977 beantragte die Klägerin eine weitere Investitionszulage für einen Porsche Turbo-Coupé. Der PKW war im Juni 1975 von der KG bestellt und im Mai 1976 geliefert worden. Die Anschaffungskosten betrugen 62 369,51 DM (ohne Mehrwertsteuer).
Das FA gewährte auch für diesen PKW nur eine Zulage von 3 000 DM. Der Restbetrag von 1 677 DM blieb streitig (Bescheid vom 28. April 1977, Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 1977).
Die Klägerin ist der Auffassung, daß die Anschaffung eines Ferrari und eines Porsche Turbo-Coupé in ihrem Fall nicht unangemessen sei. Sie verweist auf die Branche, in der sie tätig ist, sowie auf die von ihr erzielten Umsätze und Gewinne.
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) sind die PKW in der Bilanz der KG mit den vollen Anschaffungskosten aktiviert. Die Absetzung für Abnutzung (AfA) werden jedoch nur von den angemessenen Anschaffungskosten berechnet.
Das FG gab den Klagen in getrennten Urteilen statt. Es vertrat folgende Auffassung: Der Gesetzeswortlaut sei klar und eindeutig. Eine Auslegung zugunsten der Klägerin entspreche auch offensichtlich dem Willen des Gesetzgebers. Denn die Zielsetzung des § 4 b InvZulG sei es gewesen, die abgeschwächte Wirtschaftstätigkeit und die rückläufige Beschäftigung neu und nachhaltig zu beleben. Diesem Zweck hätten auch Wirtschaftsgüter gedient, die die Lebensführung der Steuerpflichtigen berührten, sei es, weil sie auch privat mitbenutzt würden, sei es, weil persönliche Beweggründe die hohen Anschaffungskosten mit hervorgerufen hätten. Das Urteil, das den Ferrari betrifft, ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1978 S. 286 (EFG 1978, 286) veröffentlicht. Das FG hat die Revisionen zugelassen.
Das FA hat gegen die Urteile Revision eingelegt. Es sieht in § 4 Abs. 5 EStG einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der auch im Investitionszulagenrecht anzuwenden sei. Der Sinn und Zweck des § 4 b InvZulG sei nicht nur gewesen, die Investitionsgüterindustrie durch Aufträge aus der Wirtschaft zu beleben, sondern es sei auch bezweckt gewesen, daß das die Aufträge erteilende Unternehmen selbst eine Belebung erfahre. Das sei aber nicht möglich gewesen mit Wirtschaftsgütern, soweit deren Anschaffung privat mitmotiviert gewesen sei.
Das FA beantragt, die FG-Urteile vom 15. Dezember 1977 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.
Die Klägerin hält daran fest, daß bei ihr besondere Verhältnisse vorlägen. Sie sei ein marktführendes Unternehmen. Im Hinblick auf die in dieser Branche und bei diesem Kreis von Geschäftsfreunden übliche Repräsentation müsse ihr Geschäftsführer ein Kfz der obersten Preisklasse fahren.
Die Verfahrensbeteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet. Der Senat hat die Revisionen zur gemeinsamen Entscheidung verbunden (§ 73 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Entscheidungsgründe
Die Revisionen sind begründet.
1. Nach § 4 b InvZulG i. d. F. vom 24. Februar 1975 (BGBl I 1975, 528, BStBl I 1975, 205) wird Steuerpflichtigen für begünstigte Investitionen, die sie in einem Betrieb (einer Betriebstätte) im Inland vornehmen, auf Antrag eine Investitionszulage gewährt. Begünstigte Investitionen sind vor allem die Anschaffung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Weitere Voraussetzung ist, daß die Wirtschaftsgüter in der Zeit vom 1. Dezember 1974 bis 30. Juni 1975 vom Steuerpflichtigen bestellt und in der Regel bis zum 30. Juni 1976 geliefert werden. Die Investitionszulage beträgt 7,5 v. H. der Anschaffungskosten.
2. Die Voraussetzungen sind hier insoweit erfüllt, als beide PKW zum Anlagevermögen der Klägerin gehören. Dem steht die Regelung in § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG nicht entgegen. Das FG verweist zu Recht darauf, daß diese Bestimmung lediglich für Zwecke der Gewinnermittlung, also für die Bemessung der AfA, die Anschaffungskosten auf einen angemessenen Betrag begrenzt. Zur Frage der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen in Höhe der gesamten Anschaffungskosten enthält diese Regelung aber keine Aussage.
3. Dagegen hält der Senat die Auffassung des FG, soweit es um die Auslegung des Begriffs der Anschaffungskosten geht, für unzutreffend. Er ist vielmehr mit dem FA der Meinung, daß auch im Rahmen des § 4 b InvZulG die Anschaffungskosten von Wirtschaftsgütern, welche die private Lebensführung berühren, auf einen angemessenen Betrag beschränkt werden müssen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dies bereits in seiner Entscheidung vom 19. Juni 1975 VIII R 225/72 (BFHE 117, 195, BStBl II 1976, 97 - Perserteppich-Urteil -) zu dem gleichlautenden § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) zum Ausdruck gebracht. Er hat dieser Bestimmung im Wege der teleologischen Reduktion (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., S. 362, 377 f.) eine Einschränkung des Inhalts beigefügt, daß die Anschaffungskosten in entsprechender Anwendung des Gedankens des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG auf einen angemessenen Betrag zu beschränken sind, wenn es um die Anschaffung von die private Lebensführung berührenden Wirtschaftsgütern geht. Dabei war der Sinn und Zweck des Berlinförderungsgesetzes mit entscheidend, der auf eine Stärkung und Modernisierung der Berliner Wirtschaft gerichtet ist, ein Zweck, der durch Wirtschaftsgüter nicht erreicht werden kann, wenn und soweit sie der privaten Lebensführung dienen. Das Urteil hat in der Literatur allgemein Zustimmung gefunden (vgl. Tipke in Steuer und Wirtschaft 1976 S. 162; Söhn in Anmerkung zu Steuerrechtsprechung in Karteiform, Berlinförderungsgesetz, § 19, Rechtsspruch 13; Söffing in Deutsche Steuer-Zeitung Ausgabe A 1976 S. 279; Richter in Deutsches Steuerrecht 1977 S. 155).
Der Senat hat den Gedanken des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG und des § 12 Nr. 1 EStG inzwischen in weiteren Entscheidungen zum Investitionszulagerecht verwendet. So wurde für eine Geschirrspülmaschine, die vom Steuerpflichtigen mehr als nur in unbedeutendem Umfang privat mitbenutzt worden war, eine Investitionszulage ebenfalls versagt (vgl. Urteil vom 4. November 1977 III R 145/74, BFHE 124, 470, BStBl II 1978, 353). In einem früheren Urteil vom 20. Mai 1977 III R 135/74 (BFHE 122, 382, BStBl II 1977, 734) wurde für ein Gebäude eine Investitionszulage nach § 1 InvZulG 1969 insoweit abgelehnt, als es vom Steuerpflichtigen privat genutzt wurde.
In diesen Urteilen kommt der allgemeine Gedanke zum Ausdruck, daß Aufwendungen das steuerliche Einkommen nicht mindern dürfen, soweit sie durch die private Lebensführung veranlaßt sind. Söffing (a. a. O.) weist mit Recht darauf hin, daß Investitionszulagen nicht günstiger behandelt werden können als Steuervergünstigungen, weil zwischen beiden finanz- und wirtschaftspolitisch kein Unterschied bestehe.
Diese Grundsätze gelten auch für § 4 b InvZulG. Der Sinn und Zweck dieser Regelung steht dieser Auslegung nicht entgegen. Nach Bundestags-Drucksache 7/2979 S. 1 sollten mit der Einführung des (heutigen) § 4 b InvZulG zwar ganz allgemein die abgeschwächte Wirtschaftstätigkeit und die rückläufige Beschäftigung neu belebt werden. Es sollte für Unternehmer ein Anreiz zum Investieren geschaffen werden. Dabei kann aber nur an betriebliche Investitionen gedacht gewesen sein. Denn sonst wäre nicht verständlich, weshalb sich § 4 b InvZulG nur an die Unternehmer und nicht auch an die privaten Haushalte gewendet hat. Aber selbst betriebliche Investitionen können nur insoweit begünstigt sein als sie die Grundlage betrieblichen Aufwands bilden können.
4. Das FA ist der Ansicht, daß bei den hohen Anschaffungskosten und der Art der hier streitigen PKW Erwägungen der privaten Repräsentation mit eine Rolle gespielt haben. Dieser nach Ansicht des Senats der Lebenserfahrung entsprechenden Auffassung tritt der erkennende Senat bei. Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwände sind demgegenüber nicht überzeugend. Der Senat hält auch Anschaffungskosten für einen PKW in der Größenordnung von ca. 40 000 DM nach der Verkehrsauffassung für angemessen. Für diesen Betrag waren auf dem Markt Wagen erhältlich, die in jeder Beziehung den betrieblichen Bedürfnissen der Klägerin gerecht wurden.
5. Die Vorentscheidungen, die auf einer anderen Rechtsauffassung beruhen, waren aufzuheben, und die Klagen waren abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis brauchte der Senat nicht zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die Klägerin bezüglich des Ferrari anspruchsberechtigt war, obwohl nicht sie, sondern ihr Gesellschafter den PKW angeschafft hatte (Hinweis aber auf Tz. 8 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen vom 5. Mai 1977, BStBl I 1977, 246).
Fundstellen
BStBl II 1979, 387 |
BFHE 1979, 297 |