Leitsatz

1. Unternehmer i.S. eines Zurechnungssubjekts gewerblicher Tätigkeit (§ 15 EStG) ist der Urheber des Handels, der Produktion oder der Dienstleistungen, mithin des Inbegriffs derjenigen Tätigkeiten, die Gegenstand des als rechtliche und/oder organisatorische Wirkungseinheit verfassten Betriebs sind.

2. Überlässt der Unternehmer eine in seinem Betrieb erwirtschaftete Erwerbschance aus privaten Gründen einem Anderen zur Nutzung, verfügt er damit über bezogenes Einkommen.

3. Zur Frage der Steuerumgehung bei Einschaltung von nahen Angehörigen in einen gewerblichen Grundstückshandel.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1 EStG , § 12 EStG , § 15 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb im Juni des Streitjahrs 1990 für 1,75 Mio. DM mehrere nebeneinander liegende unbebaute Parzellen (insgesamt ca. 16.400 qm). Einen Monat später verkaufte er diese Grundstücke an seine noch in Ausbildung befindlichen Söhne. Noch am selben Tag veräußerten die Söhne Teilflächen von ca. 12.000 qm zum Preis von 1,8 Mio. DM an die X-Wohnbau GmbH. Die übrigen Teilflächen verkauften die Söhne rd. einen Monat später für 375.000 DM an die Stadt S. Nach den allerdings mit begründeten Revisionsrügen angefochtenen Feststellungen des FG hatte der Kläger bereits vor seinem Erwerb der Grundstücke intensive Maßnahmen entfaltet, um bei den zuständigen Planungsbehörden der Stadt S die Bebaubarkeit der Parzellen zu erreichen.

Das Finanzamt meinte, dass sich der Kläger als gewerblicher Grundstückshändler betätigt habe. Er habe die Grundstücke aus dem Betriebsvermögen seines gewerblichen Grundstückshandels teilentgeltlich an seine Söhne übertragen. Dieses Übertragungsgeschäft habe eine "gemischte Entnahme" dargestellt und zur vollständigen Aufdeckung der in den Grundstücken enthaltenen stillen Reserven geführt.

Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab (vgl. EFG 2004, 984). Die Revision des Klägers hatte Erfolg und führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

 

Entscheidung

Treffe es nach den vom FG im zweiten Rechtsgang nachzuholenden tatsächlichen Feststellungen zu, dass der Kläger seinen Söhnen die von ihm selbst durch seine nachhaltig betriebene Einflussnahme auf die bauplanungsrechtlichen Maßnahmen der Stadt S erwirtschafteten Geschäftschancen überlassen habe, welche sodann von den Söhnen ohne zusätzliches unternehmerisches Bewirken genutzt worden seien, so sei dem Kläger der wirtschaftliche Handlungs- und Erfolgstatbestand der Grundstücksgeschäfte in Gestalt der endgültigen Verwertungserlöse zuzurechnen.

 

Hinweis

Das Hauptproblem des vorliegenden Falls betrifft die vom Kläger vorgenommene Zwischenschaltung seiner Söhne in die von ihm getätigten bzw. initiierten Grundstücksgeschäfte. Mit solchen "Zwischenschaltungen" hatte sich der BFH schon mehrfach zu befassen. Zumeist hat er dieses Problem unter Rückgriff auf § 42 AO erörtert. So hat er § 42 AO für anwendbar gehalten, wenn die Mittel des zwischengeschalteten Rechtsträgers für den Kaufpreis ganz oder zu einem erheblichen Teil vom "dahinter stehenden Steuerpflichtigen selbst stammten oder im Wesentlichen erst aus dem Verkaufserlös für den Weiterverkauf der Objekte aufgebracht werden mussten" (vgl. z.B. BFH, Urteile vom 12.7.1991, III R 47/88, BStBl II 1992, 143; vom 18.3.2004, III R 25/02, BFH-PR 2004, 312).

Entsprechendes hat der BFH angenommen, wenn eine vom Steuerpflichtigen beherrschte Zwischengesellschaft in der Weise eingeschaltet wurde, dass der Verwertungsgewinn in fremdunüblicher Weise in einem einzigen (nicht "nachhaltigen") Verkaufsakt an diese Gesellschaft abgeschöpft wurde, während die Gesellschaft bei der folgenden nachhaltigen Vermarktung der Grundstücke keinen oder nur einen geringen Gewinn erzielte (BFH, Urteil vom 12.7.1991, III R 47/88, BStBl II 1992, 143) oder die Gesellschafter einer Grundstücksgesellschaft ihre Anteile vor Veräußerung des zuvor erworbenen bebauten Grundstücks zu unüblichen Bedingungen an ihre Ehegatten veräußerten, wobei zumindest der erste Enderwerber im Zeitpunkt der Übertragung der Anteile bereits gefunden war, so dass die "dazwischengeschaltete Übertragung der Anteile keinen erkennbaren Sinn hatte" (BFH, Beschluss vom 6.5.1998, IV B 108/97, BFH/NV 1999, 146). Gleiches soll gelten, wenn der Steuerpflichtige selbst das Anschaffungs- und Veräußerungsgeschehen beherrscht und den Erlös aus der Veräußerung der zeitnah durch Familienangehörige weiter übertragenen Grundstücke für sich selbst vereinnahmt (BFH, Beschluss vom 17.10.2002, X B 13/02, BFH/NV 2003, 162; BFH, Urteil vom 18.9.2002, X R 183/96, BFH-PR 2003, 124).

Der Streitfall kommt der letztgenannten Konstellation nahe. Interessant ist, dass das Besprechungsurteil das von ihm befürwortete Ergebnis ohne Rekurs auf § 42 AO unter Zuhilfenahme der insbesondere aus dem Strafrecht bekannten Rechtsfigur der "mittelbaren Tatherrschaft" begründet (vgl. auch schon BFH, Urteile vom 17.6.1998, X R 68/95, BStBl II 1998, 667 und vom 18.9.2002, X R 183/96, BFH-PR 2003, 124).

 

Link zur Entscheidung

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