Leitsatz

Ein Arbeitgeber ist weder unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs noch durch die Zielrichtung des § 40a EStG gehindert, nach Ablauf des Kalenderjahrs die Pauschalversteuerung des Arbeitslohns für die in seinem Betrieb angestellte Ehefrau rückgängig zu machen und zur Lohn-Regelbesteuerung überzugehen.

 

Normenkette

§ 40a EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein Einzelunternehmer, hatte seine Ehefrau bis Ende Juli 1994 in seinem Betrieb beschäftigt. Für 1994 erhielt sie insgesamt 2.980 DM als Arbeitslohn, den der Kläger pauschal nach § 40a Abs. 2 EStG versteuerte. Mit berichtigter LSt-Anmeldung vom 2.8.1995 machte der Kläger die pauschale Versteuerung des Arbeitslohns seiner Ehefrau rückgängig. Diese berücksichtigte den Lohn in der gemeinsamen ESt-Erklärung für 1994.

Das FA vertrat die Auffassung, der Kläger sei an die zu Beginn des Jahrs 1994 gewählte Art der LSt-Erhebung gebunden. Ein Wechsel der Besteuerungsart scheide aus. Die Klage des Klägers gegen den vom FA erlassenen LSt-Nachforderungsbescheid war erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil des FG und den LSt-Nachforderungsbescheid des FA auf. Der Kläger habe die pauschale Versteuerung des Arbeitslohns seiner angestellten Ehefrau auch nach Ablauf des Kalenderjahrs rückgängig machen können. Ein Gestaltungsmissbrauch könne in dem Wechsel der Besteuerungsart nicht gesehen werden.

 

Hinweis

1. Nach § 40a Abs. 2 Satz 1 EStG kann der Arbeitgeber unter Verzicht auf die Vorlage einer LSt-Karte bei Arbeitnehmern, die nur in geringem Umfang gegen geringen Arbeitslohn beschäftigt werden, die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz erheben. Wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ergibt, steht allein dem Arbeitgeber die Wahl zwischen Pauschalierung und Regelbesteuerung zu.

2. Das Besprechungsurteil führt die Frage, ob und ggf. unter welchen Umständen ein Wechsel in der bezeichneten Erhebungsart möglich ist, einer weiteren Klärung zu. Der BFH hebt zunächst hervor, dass die LSt-Anmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 168 Satz 1 AO). Solange dieser Vorbehalt wirksam ist, kann der Arbeitgeber grundsätzlich die Wahl der Besteuerungsart ändern.

3. Bereits früher (Urteil vom 20.12.1991, VI R 32/89, BStBl II 1992, 695) hatte der BFH allerdings entschieden, dass der – grundsätzlich jederzeit mögliche – Übergang vom LSt-Abzug auf der Grundlage einer LSt-Karte zur LSt-Pauschalierung nach § 40a EStG (oder umgekehrt) im Lauf eines Kalenderjahrs dann als Gestaltungsmissbrauch zu beurteilen ist, wenn der Wechsel in der Besteuerungsart allein zum Ziel hat, durch Ausnutzen der mit Lohneinkünften zusammenhängenden Freibeträge für einen Teil des Lohns einer Besteuerung zu entgehen. Charakteristisch für das Vorliegen des Rechtsmissbrauchs war in jenem Fall der (ständige) Wechsel zwischen Pauschalierung und normalem LSt-Abzug während des laufenden Jahrs. Durch die Kombination von Pauschalbesteuerung und Regelbesteuerung sollten die Vorteile beider Besteuerungsarten kumulativ ausgenutzt werden.

4. Die herrschende Meinung hat einen Rechtsmissbrauch indes dann verneint, wenn der Arbeitgeber nach Ablauf des Kalenderjahrs die zunächst vorgenommene LSt-Pauschalierung (für das gesamte Kalenderjahr) rückgängig macht. Dieser Auffassung hat sich der BFH angeschlossen.

5. Beachten Sie, dass das Wahlrecht des Arbeitgebers – in zeitlicher Hinsicht – nur ausgeübt werden kann, solange die LSt-Bescheinigung noch nicht ausgeschrieben ist (vgl. § 41c Abs. 3 EStG), eine LSt-Anmeldung noch berichtigt werden kann und noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Diese Fallgestaltungen waren im Besprechungsfall nicht einschlägig.

6. Der Übergang von der LSt-Pauschalierung zur Regelbesteuerung kann sich z.B. empfehlen, wenn eine LSt-Erstattung aufgrund eines Verlustausgleichs möglich ist oder hohe Werbungskosten des Arbeitnehmers anfallen. Zu beachten ist, dass der LSt-Pauschalierung Abgeltungswirkung zukommt (vgl. hierzu auch BFH, Beschluss vom 19.2.2002, VI B 240/01, BFH-PR 2002, 321).

7. In der Besprechungsentscheidung war die Auffassung des unterlegenen FA offenbar maßgeblich geprägt durch Ausführungen im o.a. BFH-Urteil in BStBl II 1992, 695. Dort hatte der BFH u.a. ausgeführt, "daher sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer für ein Kalenderjahr an die zu Beginn des Jahrs gewählte Art der LSt-Erhebung gebunden", sofern nicht Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses einen Wechsel in der Art der LSt-Erhebung rechtfertigen. Die Aussage in Bezug auf die Bindungswirkung war aber ersichtlich (nur) auf den dort entschiedenen Fall bezogen; ihr kam – wie sich aus den o.a. Hinweisen ergibt – keine über den entschiedenen Fall hinausgehende Bedeutung zu.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.11.2003, VI R 10/99

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