Leitsatz

Direktversicherungen sind Lebensversicherungen auf das Leben des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer zugunsten seiner Arbeitnehmer abschließt. Bezugsberechtigt sind demzufolge im Versicherungsfall der Arbeitnehmer oder dessen Hinterbliebenen. Die Möglichkeit der Lohnsteuer-Pauschalierung mit 20% besteht sowohl für Beitragsleistungen zu einer Lebensversicherung, die als Kapital- oder als Rentenversicherung vereinbart ist. Entscheidend ist das Todesfallrisiko bzw. das Erlebensfallsrisiko auf Seiten des Versicherers. Zur Abgrenzung von reinen Sparverträgen verlangt die Finanzverwaltung deshalb bei reinen Kapitalversicherungen eine Mindestlaufzeit von 5 Jahren (R 129 Abs. 2 Satz LStR). Das FG Baden-Württemberg hat abweichend hiervon die Lohnsteuer-Pauschalierung auch für die Beiträge einer als reinen Kapitalversicherung ausgestalteten Direktversicherung zugelassen, deren Laufzeit nur 2 Jahre betrug.

 

Sachverhalt

Bestandteil des Altersversorgungssystems der Firma war ein Gruppenversicherungsvertrag für eine Direktversicherung in Form einer reinen Kapitalversicherung. Als Höchsteintrittsalter war das 65. Lebensjahr, für die Fälligkeit der Versicherungssumme ein Endalter von 67 Jahren vorgesehen. Im Rahmen der durch die Firma veranlassten Vorruhestandsregelungen nahmen 4 Mitarbeiter die Möglichkeit in Anspruch, ihre Abfindungen als Einmalzahlungen zugunsten der betrieblichen Direktversicherung zu verwenden. Die Beitragsleistung wurde nach § 40 b EStG pauschal versteuert. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung machte das Finanzamt die Pauschalierung rückgängig und führte eine individuelle Nachversteuerung durch, weil die Laufzeit der Kapitalversicherung bei allen 4 Arbeitnehmern deutlich unter 5 Jahre lag.

 

Entscheidung

Nach dem Gesetzeswortlaut ist Voraussetzung für die Anwendung der Lohnsteuer-Pauschalierung bei Direktversicherungsbeiträge nur, dass die Versicherung nicht auf den Erlebensfall eines früheren als des 60. Lebensjahres abgeschlossen und eine vorzeitige Kündigung des Versicherungsvertrages seitens des Arbeitnehmers nicht möglich ist. Der von der Finanzverwaltung festgelegten Mindestlaufzeit von 5 Jahren fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Außerdem hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung mit dieser Frage bislang noch nicht beschäftigt. Der BFH hat das Vorliegen einer Direktversicherung im Sinne der steuerlichen Pauschalierungsvorschrift nur dann verneint, wenn das typische Todesfallwagnis und mit dem Vertragsabschluss auch das Rentenwagnis vertraglich ausgeschlossen worden sind (BFH-Urteil v. 9.11.1990 VI R 164/86, BStBl 1991 II S. 189). Ist keines der beiden Risiken vom Versicherer zu tragen, fehlt das für eine Lebensversicherung typische Risiko. Eine solche Versicherung ist einem reinen Sparvertrag vergleichbar, der nicht als Direktversicherung im Sinne des § 40 b Abs. 1 EStG anerkannt werden kann. Vorliegend ist das Merkmal des Todesfallrisikos auch bei der geringeren als 5-jährigen Laufzeit erfüllt. Der Arbeitgeber muss im Todesfall dieselbe Versicherungssumme wie im Erlebensfall zahlen und damit mehr als ihm an Deckungskapital vor Ablauf der Versicherungsdauer zur Verfügung steht. Auch wenn das riskierte Kapital bei den Arbeitnehmern mit einer Laufzeit der Versicherung von 2 Jahren relativ gering ist, reicht es aus, um von einem Lebensversicherungsrisiko zu sprechen.

 

Hinweis

Es gibt derzeit keine weiteren finanzgerichtlichen Entscheidungen, die das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg bestätigen können. Um auf der sicheren Seite zu bleiben, ist deshalb anzuraten bei Direktversicherungen, die anlässlich des Ausscheidens aus der Firma geschlossen werden, etwa um die sog. Vervielfältigungsregelung in Anspruch zu nehmen (§ 40 b Abs. 2 Satz 3 EStG), als Form der Lebensversicherung eine Rentenversicherung gegen Einmalbeitrag zu wählen und gleichzeitig die Möglichkeit des Kapitalwahlrechts auszuschließen. Hier liegt in der Unbestimmbarkeit der Laufzeit stets ein Versicherungsrisiko, auch wenn die Direktversicherung unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalls abgeschlossen wird. Eine bestimmte Laufzeit des Versicherungsvertrages ist bei reinen Rentenversicherungen auch aus Sicht der Finanzverwaltung nicht zu beachten (vgl. R 129 Abs. 2 Satz 6 LStR).

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.12.2002, 7 K 175/99

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