Das Erbbaurecht und das Erbbaugrundstück (das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück) sind selbständige Gegenstände der Wertermittlung.

Der Verkehrswert des Erbbaurechts und der Verkehrswert des Erbbaugrundstücks sind unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere

  • der Höhe des erzielbaren Erbbauzinses und
  • seiner Anpassungsmöglichkeiten,
  • der Restlaufzeit des Erbbaurechts,
  • einer bei Zeitablauf zu zahlenden Entschädigung

sowie sonstiger den Wert beeinflussender Umstände zu ermitteln.

Der erzielbare Erbbauzins ist der im Erbbaurechtsvertrag vereinbarte und durch eine Anpassungsklausel (Wertsicherungsklausel) oder in sonstiger gesetzlich zulässiger Weise anzupassende Erbbauzins (vertraglich und gesetzlich erzielbarer Erbbauzins).

Bezüglich der Anpassungsmöglichkeiten ist zu unterscheiden, ob das Grundstück Wohnzwecken dient oder anderweitig genutzt wird. Denn die Anpassungsmöglichkeiten des Erbbauzinses sind bei Wohnnutzung im Allgemeinen begrenzt auf die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse[1]. Die Berücksichtigung von Änderungen der Bodenwertverhältnisse ist in der Regel ausgeschlossen (vgl. § 9a ErbbauVO). Bei Erbbaurechtsverträgen, die keine Regelung über die Anpassung enthalten, kann bei langen Laufzeiten ein Anpassungsanspruch wegen Wegfalls der objektiven Geschäftsgrundlage bestehen.[2]

Für den Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes (SachenRBerG) wird auf dessen § 46 und für den Anwendungsbereich des Erholungsnutzungsgesetzes (ErholNutzG) auf dessen § 4 hingewiesen.

Es ist zu beachten, dass bei Gesamtlaufzeiten des Erbbaurechtsvertrags unter 30 Jahren das Genehmigungserfordernis nach dem Preisangaben- und Preisklauselgesetz (PreisAngG) besteht.

Einflüsse aus besonderen vertraglichen Gestaltungen, die erheblich von den regional üblichen Vertragsgestaltungen abweichen (wie z.B. fehlende Wertsicherungsklauseln oder der Ausschluss der Anpassung), können wertbeeinflussend sein und sind gesondert zu bewerten, wenn sie nicht bei der Höhe des erzielbaren Erbbauzinses berücksichtigt wurden. Die üblichen Vertragsklauseln können bei den führenden Erbbaurechtsgebern (z.B. Kirchen, Gemeinden, Wohnungsbaugenossenschaften) erfragt werden. Als Anhalt kann auch der Mustererbbauvertrag des Deutschen Städtetages herangezogen werden (vgl. Anlage 10).

Der Umstand, dass ein Grundstück bereits bei Abschluss des Erbbaurechtsvertrags bebaut war, wird ggf. durch die Vereinbarung eines erhöhten Erbbauzinses berücksichtigt.

Der Wert des Erbbaurechts und des Erbbaugrundstücks sollte in erster Linie mit Hilfe des Vergleichswertverfahrens ermittelt werden. Erst wenn für die Anwendung dieses Verfahrens nicht genügend geeignete Vergleichspreise zur Verfügung stehen, ist auf die finanzmathematische Methode als Bewertungsmodell zurückzugreifen.

[1] Nach der Rechtssprechung des BGH wird unter dem Begriff "allgemeine wirtschaftliche Verhältnisse" ein Mittel aus der Änderung der Lebenshaltungskosten eines 4-Personen-Haushalts mit mittlerem Einkommen und der Änderung des Bruttoeinkommens der Industriearbeiter und der Angestellten in Industrie und Handel verstanden. Es ist jedoch zu beachten, dass der Lebenshaltungskostenindex eines 4-Personen-Haushalts vom Statistischen Bundesamt nicht mehr ermittelt wird. An seine Stelle ist der Verbraucherpreisindex für Deutschland getreten. .
[2] BGH Urteil vom 3. Mai 1985 V ZR 23/84: "Bei der Beurteilung, ob der ursprünglich vereinbarte Erbbauzins noch als eine wenigstens annähernd ausreichende Gegenleistung für das Erbbaurecht angesehen werden kann, ist die Grenze grundsätzlich bei einem Kaufkraftschwund dieses Entgelts um mehr als 60% zu ziehen" (Leitsatz Nr. 2). Dies entspricht einer Erhöhung des Verbraucherpreisindex zwischen den Stichtagen um 150%. .

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