Sachverhalt

Bei dem ungarischen Verfahren ging es um den Vorsteuerabzug aus Rechnungen, wenn dem Rechnungsaussteller eine Lizenz entzogen wurde oder wenn der Rechnungsaussteller eigene Arbeitnehmer "schwarz" beschäftigt.

Im Jahr 2007 führte der Kläger als Einzelunternehmer im Auftrag von Generalunternehmern Bauarbeiten aus. Für einen Teil der Arbeiten griff er auf einen Subunternehmer S zurück, mit dem er die entsprechende Subunternehmerverträge abschloss. Diese Verträge beinhalteten die Verpflichtung, ein Baubuch zu führen und eine Ausführungsbescheinigung auszustellen. Der Kläger behauptete, die Rechnungen des S bar bezahlt zu haben. Die Bauabnahme und die Bestätigung erfolgten bei Übergabe durch den Kläger an die Kunden. Nach den Baubüchern hatte S 8 bis 14 Arbeitnehmer auf dem Bau eingesetzt. S war seinen steuerlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten seit 2003 nicht nachgekommen und hatte der ungarischen Steuerverwaltung auch nicht mitgeteilt, dass seiner Belegschaft weder fest angestellte Arbeitnehmer noch Zeitarbeitnehmer angehörten. Am 20.6.2007 widerrief der zuständige Stadtdirektor die Lizenz von S. Dieser hatte 20 Rechnungen ausgestellt, die der Kläger akzeptiert und für die er den Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte. Die Steuerverwaltung wies darauf hin, dass der Rechnungsblock, dem die von S ausgestellten Rechnungen entnommen worden waren, am 7.7.2007 erworben und ein Teil der Rechnungen rückdatiert worden sei. Die in den von S ausgestellten Rechnungen ausgewiesene MwSt berechtige den Kläger nicht zum Vorsteuerabzug, da S seit dem 20.6.2007 nicht mehr steuerpflichtig gewesen sei und daher keine gültigen Rechnungen mehr habe ausstellen können. Zudem rechtfertigt die ungarische Behörde den Ausschluss des Rechts auf Vorsteuerabzug des Klägers damit, dass S den Rechnungsblock nach dem Ausstellungsdatum der Rechnungen erworben habe. Die Steuerverwaltung rügte den Kläger, da er sich weder über die Identität der Personen, die die Arbeiten tatsächlich ausgeführt hätten, noch über die Eigenschaft, in der sie an ihnen beteiligt gewesen seien, Gewissheit verschafft habe.

 

Entscheidung

Die Frage, ob einem Unternehmer der Vorsteuerabzug aus einer Rechnung mit der Begründung versagt werden kann, dass dem Rechnungsaussteller die Einzelunternehmerlizenz entzogen worden sei, bevor er die fraglichen Leistungen erbracht oder die betreffende Rechnung ausgestellt habe, hat der EuGH nachvollziehbar verneint. Demnach hängt eine Unternehmereigenschaft des Rechnungssausstellers nicht von dessen Erfassung in einem Unternehmerregister ab, sondern ist ausschließlich nach den Kriterien von Art. 9 MwStSystRL zu beurteilen. Art. 213 Abs. 1 MwStSystRL bestimmt zwar, dass die Aufnahme der Tätigkeit als Steuerpflichtiger anzuzeigen ist. Dies ermächtigt die Mitgliedstaaten aber nicht, wenn eine solche Anzeige unterbleibt, dem Unternehmer, der diese Anzeige unterlässt, den Vorsteuerabzug zu versagen (vgl. auch EuGH, Urteil v. 21.3.2000, C-110/98 bis C-147/98 (Gabalfrisa u. a.), EuGH, Urteil v. 21.10.2010, C-385/09 (Nidera Handelscompagnie). Dieses Verbot des Vorsteuerausschlusses hat der EuGH auch bereits auf den Empfänger einer Dienstleistung desjenigen übertragen, der seine Anzeigepflichten verletzt hat (EuGH, Urteil v. 22.12.2010, Dankowski, C-438/09). Insofern war auch im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass der EuGH das Vorsteuerabzugsrecht bejaht, wenn der Rechnungsaussteller materiell-rechtlich Unternehmer ist und dieser einen Umsatz an das Unternehmen des Rechnungsempfängers ausgeführt hat.

Nach den weiteren Urteilsgründen darf der Vorsteuerabzug auch nicht mit der Begründung versagt werden, der Rechnungsaussteller habe Unregelmäßigkeiten begangen. Die Finanzbehörde muss in diesem Fall als Rechtfertigung der Verweigerung des Vorsteuerabzugs anhand objektiver Umstände nachweisen, dass der Unternehmer, der aus der Rechnung den Vorsteuerabzug geltend machen will, wusste oder hätte wissen müssen, dass der betreffende in der Rechnung ausgewiesene Eingangsumsatz in eine vom Rechnungsaussteller oder einem anderen Unternehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe der Leistungskette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war. Insoweit wiederholt der EuGH eine Kernaussage seines Urteils v. 21.6.2012, verb. Rs. C-80/11 und C-142/11 (Mahagében und Dávid).

Auch die Frage, ob die Tatsache, dass der Kläger nicht überprüft hat, ob zwischen den auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmern und dem Rechnungsaussteller eine Rechtsbeziehung bestand und ob der Rechnungsaussteller die Arbeitnehmer angemeldet hatte, objektiv den Schluss zulässt, dass der Kläger als Rechnungsempfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war, hat der EuGH wegen der Vergleichbarkeit der Fälle mit Bezug auf sein v. 21.6.2012, verb. Rs. C-80/11 und C-142/11 (Mahagében und Dávid) beantwortet. Danach ist es grundsätzlich Sache der Steuerbehörden ist, bei den Unternehmern die erford...

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