Sachverhalt

Bei dem slowakischen Verfahren ging es um die Auslegung von Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie im Hinblick auf das Recht auf Vorsteuerabzug. Die Klägerin, eine Handelsgesellschaft, meldete - gemeinsam mit zwei weiteren Unternehmen - ein bestimmtes technisches Verfahren zur Patentierung an. Die Klägerin besaß als Mitanmelderin der Erfindung bereits zu diesem Zeitpunkt das Recht zur Nutzung des technischen Verfahrens. Nach Anmeldung übertrug eines der weiteren Unternehmen seinen Anteil an den Rechten an der Erfindung steuerpflichtig auf die Klägerin.

Hinsichtlich der von dem weiteren Unternehmen der Klägerin für die Anteilsübertragung ausgestellten Rechnung mit Steuerausweis verweigerte die slowakische Steuerverwaltung der Klägerin den Vorsteuerabzug. Sie begründete dies damit, dass bereits vor der Übertragung die Klägerin zur Nutzung des technischen Verfahrens berechtigt gewesen sei. Durch die Anteilsübertragung habe sich daran nichts geändert. Diese habe offenbar nur Einfluss auf den der Klägerin bei einer etwaigen Veräußerung oder Lizenzierung des Rechts an der Erfindung zustehenden Anteils an dem Erlös bzw. den Lizenzgebühren.

Das vorlegende Gericht fragte den EuGH vor diesem Hintergrund im Wesentlichen, ob der Erwerb der Anteilsrechte für Zwecke des Unternehmens der Klägerin erfolgte.

 

Entscheidung

Der EuGH hat unter Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung entschieden, dass das Recht auf Vorsteuerabzug als Bestandteil des Mechanismus der MwSt ein grundlegendes Prinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist und grundsätzlich nicht eingeschränkt werden kann. Der Unternehmer kann folglich die MwSt auf Vorbezüge, die er für die Ausübung seiner besteuerten Tätigkeit erworben hat, vollständig als Vorsteuer geltend machen. Im vorliegenden Fall ist es nach der EuGH-Entscheidung Sache des vorlegenden Gerichts, über die Frage zu entscheiden, ob die nationalen Rechtsvorschriften einem Miterfinder die Übertragung seines Anteils an dem gemeinschaftlichen Patentrecht erlauben. Nach Auffassung des EuGH kann die Übertragung eines Anteils an einem gemeinschaftlichen Recht an einer Erfindung, auch wenn für diese noch kein Patent eingetragen wurde, grundsätzlich eine unternehmerische Tätigkeit sein, die der MwSt unterliegt. Daraus folgt, dass ein solcher Umsatz ein Vorsteuerabzugsrecht entstehen lassen kann.

Zu der weiteren Vorlagefrage, ob im vorliegenden Fall der Vorsteuerabzug missbräuchlich ausgeübt worden sein kann, hat der EuGH entschieden, dass es ebenfalls Sache des vorlegenden Gerichts ist, ob im Hinblick auf die Urteile des EuGH vom 21.2.2006, C-255/06 (Halifax u. a.) und v. 21.2.2006, C-223/03 (University of Huddersfield) der hier streitige Umsatz als Teil einer missbräuchlichen Praxis angesehen werden kann. Erheblich ist dabei insbesondere, dass für die fragliche Erfindung noch kein Patent eingetragen wurde, dass das Recht an der Erfindung mehreren Personen zusteht, von denen fast alle unter derselben Adresse ansässig sind und von ein und derselben natürlichen Person vertreten werden, dass die geltend gemachte Vorsteuer als Ausgangssteuer nicht entrichtet wurde und dass die Gesellschaft, die den Anteil an dem gemeinschaftlichen Recht übertragen hat, ohne Liquidation aufgelöst wurde.

 

Hinweis

Das deutsche Umsatzsteuerrecht steht mit dem Urteil, dass prinzipiell im entschiedenen Fall ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, im Einklang. Denn auch der Erwerb eines erhöhten Anteils an dem Recht an einer Erfindung dient - zumindest im Hinblick auf eine etwaige spätere Veräußerung oder Lizenzierung des Rechts - den Zwecken des Unternehmens.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 27.10.2011, C-504/10

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