Leitsatz

Wird einem Arbeitnehmer anlässlich der betriebsbedingten Aufhebung seines Arbeitsvertrags eine Erhöhung seiner Entlassungsentschädigung für den Fall zugesagt, dass künftig ein für ihn günstigerer Sozialplan aufgestellt werden sollte, so steht eine solche in einem späteren Veranlagungszeitraum zufließende Nachbesserung der tarifbegünstigten Besteuerung der Hauptentschädigung auch dann nicht entgegen, wenn sie 42,3 % der Hauptentschädigung beträgt.

 

Normenkette

§ 24 Nr. 1 EStG , § 34 EStG

 

Sachverhalt

Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde wegen der Aufgabe des Produktionsstandorts seiner Firma vorzeitig zum 30.9.1993 beendet. Entsprechend dem Aufhebungsvertrag, dem ein Sozialplan vom 18.3.1993 zugrunde lag, erhielt der Kläger im Streitjahr 1993 eine Abfindung von 54.052 DM. Gleichzeitig war vereinbart, dass die Abfindung neu geregelt werden sollte, wenn sich aus dem nächstgültigen Sozialplan ein höherer Betrag ergeben sollte. Als zum 20.7.1994 ein neuer Sozialplan aufgestellt wurde, erhielt der Kläger eine weitere Abfindungszahlung von 22.862 DM.

Das FA änderte daraufhin den Einkommensteuerbescheid 1993 und unterwarf die Abfindung dem vollen Steuersatz. Das FG wies die Klage ab; der Abfindungsbetrag sei nicht zusammengeballt zugeflossen.

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und gab der Klage statt. Es liege ein Ausnahmefall vom Grundsatz des zusammengeballten Zuflusses vor, da die Nachzahlung als Entschädigungszusatzleistung zu beurteilen sei.

 

Hinweis

1. Zur Nachbesserung einer bereits ausgezahlten Entlassungsentschädigung kommt es im Allgemeinen aus zweierlei Gründen: Entweder hatte der Arbeitgeber von vornherein die Abfindung falsch berechnet oder es ist nachträglich ein Ereignis eingetreten, für das der Arbeitgeber eine Erhöhung der Abfindung versprochen hatte. In beiden Fällen kann die Nachzahlung, wenn sie sozial motiviert ist und eine bestimmte Höhe nicht überschreitet, eine Entschädigungszusatzleistung darstellen. Als solche ist die Nachzahlung auch dann für die begünstigte Besteuerung der Hauptentschädigungsleistung unschädlich, wenn sie in einem späteren Veranlagungszeitraum zufließt.

Einen Fall der versehentlichen Falschberechnung hat der BFH im Urteil vom 21.1.2004, XI R 22/03 (BFH-PR 2004, 223) entschieden.

Dem Besprechungsurteil liegt ein Sachverhalt zugrunde, in dem der Arbeitgeber dem entlassenen Arbeitnehmer für den Fall, dass künftig ein verbesserter Sozialplan aufgestellt werden sollte, eine Nachbesserung zugesagt hatte.

2. Die Voraussetzungen für die Beurteilung der Nachzahlung als unschädliche Entschädigungszusatzleistung lagen hier vor:

Die soziale Motivation der Nachzahlung ergibt sich bereits daraus, dass sie auf einem Sozialplan beruht, d.h. auf einer Vereinbarung über Ausgleich und Milderung der wirtschaftlichen Nachteile eines Arbeitnehmers infolge einer geplanten Betriebsveränderung (§ 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG).

Die Höhe der Nachbesserungszahlung ist nicht zu beanstanden, da sie die Höhe der Hauptleistung "bei weitem" nicht erreicht. Die Aufstockung beträgt 42,3 % der Hauptentschädigung bzw. 29,7 % der Gesamtentschädigung.

3. Das FA hatte aus der Grundsatzentscheidung des BFH zu den unschädlichen Entschädigungszusatzleistungen (BFH, Urteil vom 14.8.2001, XI R 22/00, BFH-PR 2002, 121) geschlossen, dass darunter nur zweckgebundene Geldleistungen fallen könnten (dort: Übernahme der Kosten für eine sog. Outplacement-Beratung). Dies hat der BFH ausdrücklich verneint und dabei auf sein Urteil XI R 16/01 vom 6.3.2002 (BFH-PR 2002, 442) verwiesen. Bereits dort hatte er vergleichbare nachträglich zugestandene Leistungen aus einem Härtefond als sozial motivierte Zusatzleistungen beurteilt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.1.2004, XI R 33/02

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