Kommentar

1. Der Gewinn aus der Veräußerung einer freiberuflichen Praxis unterliegt nach § 18 Abs. 3 EStG i. V. m. § 16 Abs. 2 bis 4 EStG und § 34 EStG der Freibetragsregelung und dem ermäßigten Steuersatz, wenn der Steuerpflichtige die für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit wesentlichen wirtschaftlichen Grundlagen einschließlich des Mandantenstammes entgeltlich auf einen anderen überträgt und seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellt.

2. Von einer Veräußerung der wesentlichen Grundlagen der Praxis ist auch dann auszugehen, wenn einzelne Mandate zurückbehalten werden, auf die in den letzten 3 Jahren weniger als 10% der Gesamteinnahmen entfielen.

3. Der Veräußerer hat seine bisherige freiberufliche Tätigkeit auch dann eingestellt, wenn er künftig für den Erwerber nichtselbständig oder selbständig, beratend auf Rechnung und im Namen des Erwerbers tätig wird .

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.05.1994, I R 109/93

Anmerkung:

Das vorstehende Urteil verdient die Beachtung eines jeden Freiberuflers, der seine Praxis veräußern oder in eine GmbH einbringen will, an der er auch selbst beteiligt sein kann. Die Rechtsprechung verlangt als Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrags und des ermäßigten Steuersatzes auf den Gewinn aus der Veräußerung einer freiberuflichen Praxis nicht nur die Übertragung der wesentlichen Grundlagen der selbständigen Arbeit im ganzen auf einen anderen, sondern auch die Einstellung der Tätigkeit des Veräußerers am bisherigen Tätigkeitsort für eine gewisse Zeit.

Letztere Anforderung ist in der Literatur umstritten, weil die Rechtsprechung die Steuerbegünstigung des Freibetrags und der Steuerermäßigung nicht versagt, wenn ein Freiberufler seine Praxis in eine Sozietät gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen nach § 24 UmwStG einbringt und seine Tätigkeit nunmehr als Sozius fortsetzt. Als gestalterischen Ausweg aus dem Verbot einer Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit hat die Verwaltung bisher bereits die Lösung anerkannt, daß der Veräußerer künftig beim Erwerber als Angestellter arbeitet. In dem vorstehenden Urteil hat der BFH – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – nunmehr auch als Ausweg die Vereinbarung anerkannt, daß der Veräußerer künftig als selbständiger Mitarbeiter für Rechnung und im Namen des Erwerbers tätig wird. Denn dadurch wird der Mandantenstamm für den Erwerber genutzt.

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