Allgemeiner Ablauf der kapitalbedarfsorientierten Sanierungsfähigkeitsprüfung

Die Kapitalbedarfsplanung läuft analog zu den allgemein beschriebenen Inhalten der Sanierungsfähigkeitsprüfung[1] in 3 Prozessschritten ab. Im Rahmen der Sanierungsfähigkeitsprüfung ist für das Krisenunternehmen zunächst ein Kapitalbedarfsplan aus Sicht der gegenwärtigen Ist-Situation, d. h. ohne Berücksichtigung der verfügbaren Sanierungsinstrumente, zu erstellen (Schritt 1). Da in einem Kapitalbedarfsplan eines Krisenunternehmens tendenziell eine Kapitalbedarfsunterdeckung, d. h. ein Ausgabenüberschuss zu beobachten sein wird, sind in einem weiteren Schritt die verfügbaren Sanierungsinstrumente zu identifizieren und die wirksamen auszuwählen (Schritt 2). Auf Basis dieser Informationen sind schließlich die erwarteten Wirkungen der ausgewählten Sanierungsinstrumente in den Kapitalbedarfsplan zu integrieren. Anschließend ist zu prüfen, ob der Kapitalbedarf des Sanierungsunternehmens in ein Gleichgewicht gebracht werden kann (Schritt 3).

Schritt 1: Kapitalbedarfsplanung vor Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen

Zur operativen Durchführung der Kapitalbedarfsplanung sind zunächst die Planausgaben und die Planeinahmen zu prognostizieren. Der Prognosezeitraum umfasst dabei i. d. R. mehrere Jahre. Als Prognoseeinheit dient die Jahresbasis. In der Praxis der Kapitalbedarfsplanung wird die Langfristigkeit durch Aneinanderreihung mehrerer Kapitalbedarfspläne realisiert. Das Beispiel (s. Tab. 3) beschränkt sich aus Platzgründen jedoch lediglich auf ein Jahr.

 
Planausgaben (Kapitalbedarf) TEUR Planeinnahmen (Kapitalbedarfsdeckung) TEUR
1. Kapitalbindende Ausgaben 2.050 3. Kapitalfreisetzende Einnahmen 1.700
  1.1 Ausgaben zur Bezahlung eingesetzter Leistungsfaktoren

1.920
  3.1 Einnahmen aus der marktlichen Verwertung betrieblicher Leistungen (zu Selbstkostenpreisen) 1.600
    1.1.1 Menschliche Arbeit 1.200     3.1.1 Sachgüter 1.440
    1.1.2 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 420     3.1.2 Dienstleistungen 160
    1.1.3 Fremddienste und -rechte 180   3.2 Einnahmen aus der Veräußerung sonstigen Sach- und Finanzvermögens (zu Buchwerten) sowie aus der Kapitalrückzahlung (zum Nennwert)



100
    1.1.4 Kostensteuern 120   3.3 Auflösung von Kassenreserven 0
  1.2 Ausgaben infolge von Kapitalgewährung an andere Wirtschaftseinheiten

70
   
    1.2.1 Beteiligungen 50    
    1.2.2 Darlehen 20    
  1.3 Reservierung von Kasse 60    
2. Kapitalentziehende Ausgaben 1.100 4. Kapitalzuführende Einnahmen 260
  2.1 Real zu deckende Verluste (finanzielle Fehlbeträge) aus
180
  4.1 Finanzielle Überschüsse aus 180
    2.1.1 der marktlichen Verwertung betrieblicher Leistungen
120
    4.1.1 der marktlichen Verwertung betrieblicher Leistungen 160
    2.1.2 der Veräußerung sonstigen Sach- und Finanzvermögens (inkl. Kapitalrückzahlung)


60
    4.1.2 der Veräußerung sonstigen Sach- und Finanzvermögens (inkl. Kapitalrückzahlungen) 20
  2.2 Zins- und Dividendenausgaben als Entschädigungsleistungen für aufgenommenes Beteiligungs- und Darlehenskapital


900
  4.2 Zins- und Dividendeneinnahmen aus Kapitalgewährungen und Finanzvermögen 50
  2.3 (EEV-)Steuer- und Subventionsausgaben
20
  4.3 Einnahmen aus der Gewährung offener Subventionen 0
  2.4 Ausgaben infolge von Kapitalrückzahlungen
0
  4.4 Einnahmen aus der Aufnahme von Beteiligungs- und Darlehenskapital 30
Summe Planausgaben 3.150 Summe Planeinnahmen 1.960
Saldo 0 Saldo 1.190

Tab. 3: Kapitalbedarfsplan

In diesem Kapitalbedarfsplan ist ein strukturelles Ungleichgewicht erkennbar. Die Summe der Planausgaben beträgt ca. das 1,6-fache der Summe der Planeinnahmen. Die primäre Ursache dieses hohen Kapitalbedarfs liegt in der negativen Deckungsspanne im Rahmen der marktlichen Verwertung der Produkte und Dienstleistungen. Direkt ersichtlich wird die negative Deckungsspanne durch den Vergleich der Summe aus den Positionen 1.1 und 2.1.1 (1.920 + 120 = 2.140) mit der Summe der Positionen 3.1 und 4.1.1 (1.600 + 160 = 1.760).

Schritt 2: Identifikation der Sanierungsmaßnahmen

Auf Basis der Kapitalbedarfssituation sind im 2. Schritt die verfügbaren, wirksamen und durchsetzbaren Sanierungsmaßnahmen zu identifizieren. Das Ergebnis der Alternativensuche für das Beispielunternehmen ist in Tab. 4 dargestellt.

 
Sanierungsmaßnahme Wirkung
Durchführung einer Kapitalerhöhung durch Aufnahme eines neuen Gesellschafters Erhöhung der Einnahmen aus Beteiligungskapital um 1.000 TEUR,
Erhöhung der Zins- und Dividendenausgaben als Entschädigungsleistungen für aufgenommenes Beteiligungs- und Darlehenskapital um 50 TEUR
Vollständiger Verkauf einer defizitär arbeitenden Produktsparte, Optimierung der Produktionsverfahren zur Einsparung von Leistungsfaktoren Senkung der Ausgaben zur Bezahlung eingesetzter Leistungsfaktoren insgesamt um 720 TEUR (menschliche Arbeit um 500 TEUR, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe um 200 TEUR, Kostensteuern um 20 TEUR)
Durchsetzung höherer Absatzpreise Erhöhung der finanziellen Überschüsse aus der marktlichen Verwertung betrieblicher Leistungen u...

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