Leitsatz

Umzugskosten können beruflich veranlasst sein, wenn der Umzug zu einer wesentlichen Erleichterung der Arbeitsbedingungen führt. Eine solche Erleichterung kann auch anzunehmen sein, wenn ein Umzug erfolgt, um für jeden Ehegatten in der neuen Wohnung ein Arbeitszimmer einzurichten, damit diese im Homeoffice wieder ungestört ihrer jeweiligen Tätigkeit nachgehen können.

 

Sachverhalt

Die Steuerpflichtigen (Eheleute) arbeiteten im Streitjahr 2020 beide als Arbeitnehmer im Homeoffice. Mit Beginn des Homeoffices Mitte März 2020 nutzten sie den Esstisch nicht nur als Esstisch der Familie, sondern zudem als Schreibtisch. Dort war indes nur Platz für einen großen Bildschirm, obwohl beide Eheleute einen großen Bildschirm benötigten. Auch sonst konnte ein solcher in der Wohnung nicht aufgestellt werden. Da die Ehefrau in ihrer Arbeit zudem durch die vielen Telefonate des Ehemannes gestört wurde, wechselten sie sich nach Möglichkeit mit der Nutzung des Esstisches ab. Dies war nur möglich, weil beide in gewissem Maße die Arbeitszeit frei einteilen konnten. Im April 2020 suchten die Steuerpflichtigen nach einer Wohnung, die es ihnen ermöglichen würde, zwei Arbeitszimmer einzurichten. Die sodann angemietete Wohnung lag etwa 1,6 km von der bisherigen Wohnung entfernt und ermöglichte den Steuerpflichtigen aufgrund ihrer Größe die Einrichtung von zwei Arbeitszimmern. Die entstandenen Umzugskosten machten die Eheleute als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch die Nutzung zweier Arbeitszimmer begründe keine berufliche Veranlassung des Umzugs. Zwar habe der Umzug die Einrichtung zweier Arbeitszimmer ermöglicht, aber der Fahrtweg habe sich für beide Steuerpflichtige hierdurch nicht verändert.

 

Entscheidung

Das FG gab der eingelegten Klage statt. Im Streitfall war zwar eine erhebliche Verkürzung des Arbeitswegs nicht eingetreten, denn das Homeoffice der Steuerpflichtigen war nicht als erste Tätigkeitsstätte einzuordnen. Das FG kam jedoch zu der Überzeugung, dass der Umzug zu einer wesentlichen Verbesserung und Erleichterung der Arbeitsbedingungen der Steuerpflichtigen geführt hatte. Denn der Umzug ermöglichte erst eine ungestörte Ausübung der nichtselbständigen Tätigkeit beider Eheleute.

Die Einrichtung von zwei Arbeitszimmern war angesichts der verschiedenen Arbeitsweisen der Eheleute erforderlich für die (ungestörte) Ausübung der jeweiligen Tätigkeit. Durch die räumlich getrennte Arbeitsmöglichkeit konnten beide weiterhin zur Zufriedenheit ihrer Arbeitgeber ihrer Tätigkeit nachgehen und mussten sich nicht einem Risiko von schlechteren Arbeitsergebnissen mit möglichen negativen Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis aussetzen. Die neue Wohnung wich auch nicht derart von der bisherigen Wohnung ab, dass hier Anlass zur Annahme bestand, eine Erhöhung des Wohnkomforts sei Anlass für den Umzug gewesen. Eine private Mitveranlassung dahingehend, dass die Einrichtung eines abgeschlossenen Arbeitszimmers in der neuen Wohnung zur ungestörten Nutzung des ansonsten mit der Arbeitsecke belasteten Wohnraums führt, stand dem nach Auffassung des FG nicht entgegen. Auch bei der Verkürzung der Wegstrecke um mehr als eine Stunde ist der private Hinzugewinn an Freizeit durch Einsparung der Fahrtstrecke der beruflichen Veranlassung irrelevant.

 

Hinweis

Soweit ersichtlich, ist dies die erste Gerichtsentscheidung, die sich mit verbesserten Arbeitsbedingungen im Homeoffice und damit einher gehender beruflicher Veranlassung für hierdurch entstandene Umzugskosten beschäftigt. Die Finanzverwaltung hat gegen die Entscheidung Revision eingelegt, Az beim BFH VI R 3/23. Man darf gespannt sein, ob auch der BFH in derartigen Fällen die zumindest gegebene berufliche Mitveranlassung als für den Werbungskostenabzug der Umzugskosten ausreichend ansieht.

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Urteil vom 23.02.2023, 5 K 190/22FH Hamburg, Urteil v. 23.02.2023, 5 K 190/22

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