Neben Klauseln in den DBA (nach § 2 AO Vorrang vor nationalen Vorschriften) bestehen in den Abs. 8 bis 11 des § 50d EStG nationale Rückfallklauseln, die eine doppelte Nichtbesteuerung von DBA-Einkünften vermeiden sollen. § 50d Abs. 9 EStG macht zur Verhinderung der Nichtbesteuerung oder Geringbesteuerung bestimmter Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen die Anwendung der Freistellungsmethode auf diese Einkünfte von deren Besteuerung im anderen Staat abhängig. Nach der bis 2016 gültigen Fassung des § 50d Abs. 9 EStG ist die Freistellung von Einkünften ausgeschlossen, wenn

  • sie aufgrund der Anwendung eines DBA durch den anderen Staat von einer Besteuerung dort ausgenommen oder dort nur zu einem durch das Abkommen begrenzten Steuersatz besteuert werden können (§ 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG) oder
  • der Steuerpflichtige im anderen Staat mit den Einkünften aufgrund einer dort nur beschränkten Steuerpflicht nicht besteuert wird (§ 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG).

Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, dass diese Regelungen auch dann Anwendung finden, wenn die Einkünfte im anderen Staat nur teilweise nicht besteuert werden[1], weil sie den unbesteuerten Teil der Einkünfte als "unbesteuerte Einkünfte" im Sinne der Abkommensvorschriften versteht. Der BFH ist dagegen in seinen Urteilen vom 20.5.2015[2] in Bezug auf § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG zu dem Ergebnis gekommen, dass die Freistellung der Einkünfte unbeschadet des in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG angeordneten Rückfalls des Besteuerungsrechts auch dann zu gewähren ist, wenn der andere Vertragsstaat das ihm abkommensrechtlich zugewiesene Besteuerungsrecht an den Einkünften im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nur für einen Teil der Einkünfte wahrnimmt.

Eine solche unterschiedliche Wirkung des Rückfalls des Besteuerungsrechts, je nachdem ob Einkünfte gar nicht oder zu einem (ggf. nur sehr kleinen) Teil der Besteuerung unterlegen haben, würde jedoch zu unbilligen Ergebnissen führen. Aufgrund der Zielrichtung der Regelungen zum Rückfall des Besteuerungsrechts, die tatsächliche Besteuerung bestimmter Einkünfte unabhängig davon sicherzustellen, ob außerdem weitere besteuerte Einkünfte vorliegen oder Teile der jeweiligen Einkunftsart besteuert worden sind, sollen sie nicht nur Anwendung finden, wenn die betreffenden Einkünfte insgesamt nicht besteuert werden. Vielmehr sollen sie ebenso – wenn sie im anderen Staat nur teilweise nicht besteuert werden – auf die unbesteuerten Einkunftsteile anzuwenden sein.

Durch die Einfügung von "soweit" statt "wenn" in § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG wird für die Zukunft ab 2017 sichergestellt, dass die Regelung, falls Einkünfte im anderen Staat nur teilweise nicht besteuert werden oder nur teilweise einer geringen Besteuerung unterliegen, auf diesen Teil Anwendung findet.

Ein vergleichbares Problem besteht bei den DBA-Rückfallklauseln. Durch die Anfügung von § 50d Abs. 9 Satz 4 EStG wird dies auch für alle DBA-Regelungen (subject-to-tax Klauseln) sichergestellt, die die Einbeziehung von Teilen von Einkünften nicht bereits ausdrücklich vorsehen.

 
Hinweis

Einheitlich ermittelte ausländische Einkünfte

Die Regelung führt zu einer Atomisierung bislang einheitlich ermittelter ausländischer Einkünfte. Steuerpflichtige, Berater und die Finanzverwaltung müssen damit in die Details der ausländischen Steuererklärung einstiegen, um evtl. unversteuerte "Teile von Einkünften" zu identifizieren. Dies betrifft nicht nur die originäre Besteuerung des Arbeitnehmers bzw. Unternehmens selbst, sondern auch die Frage, ob und in welchem Umfang ein Arbeitslohn eines ins Ausland entsandten Arbeitnehmers künftig noch freigestellt werden kann und wie die Arbeitgeberhaftung vermieden werden kann.

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