Leitsatz

Die Übernahme der Beiträge für die Mitgliedschaft einer angestellten Rechtsanwältin im Deutschen Anwaltsverein führt zu Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse handelt.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte als Arbeitgeber für einen angestellten Rechtsanwalt Beiträge an die Rechtsanwaltskammer i.H.v. jährlich 198 EUR und an den Deutschen Anwaltverein i.H.v. 225 EUR (2004), 265 EUR (2005) und 169 EUR (2006) gezahlt. Die Beiträge hatte sie nicht als Arbeitslohn beurteilt und daher keinen LSt-Abzug vorgenommen. Nach einer LSt-Außenprüfung erließ das FA einen Haftungsbescheid über LSt und Solidaritätszuschlag.

Die dagegen erhobene Klage wies das FG (Sächsisches FG vom 21.02.2008, 1 K 1262/07, Haufe-Index 2023690, EFG 2008, 1551) ab.

 

Entscheidung

Der BFH wies auch die dagegen erhobene Revision, in der nur noch die Beiträge an den Deutschen Anwaltverein streitig waren, als unbegründet zurück. Die Würdigung des FG, in der Übernahme der Mitgliedsbeiträge zum deutschen Anwaltverein Arbeitslohn zu sehen, war aus den unter Praxishinweisen dargestellten Gründen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Hinweis

Im Besprechungsfall führt der LSt-Senat seine schon bekannte Rechtsprechung dazu, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Vorteil noch aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse zuwendet und damit kein Lohn i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG vorliegt, fort.

Im Streitfall qualifizierte der BFH die Übernahme von Beiträgen zum Deutschen Anwaltverein als Arbeitslohn. Das war absehbar, nachdem er ein Jahr zuvor schon entschieden hatte, dass vom Arbeitgeber übernommene Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung eines Rechtsanwalts (BFH, Urteil vom 26.07.2007, VI R 64/06, BFH/NV 2007, 1993, BFH/PR 2007, 454) und die zu den Berufskammern der Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater (BFH, Urteil vom 17.01.2008, VI R 26/06, BFH/NV 2008, 665, BFH/PR 2008, 253) übernommenen Beiträge Arbeitslohn darstellen.

1. Grundlage der Differenzierung ist das in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG enthaltene Tatbestandsmerkmal "für". Dem entnimmt der BFH in ständiger Rechtsprechung, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Kein Arbeitslohn sind dagegen  solche Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen.

Die revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbare Gesamtwürdigung dieser Vorteile hat dabei insbesondere deren Anlass, Art und Höhe, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme und die besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck zu berücksichtigen. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist dagegen neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und ist Lohn.

2. Anhand dieses Rechtsmaßstabs gelangte der BFH hier zu dem Ergebnis, dass die finanzgerichtliche Gesamtwürdigung, die übernommenen Beiträge als Lohn zu qualifizieren, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Die vom FG als entscheidungserheblich angesehenen Aspekte, dass etwa der Deutsche Anwaltverein seinen Mitgliedern eine Reihe von Vorteilen anbiete (Förderung und Initiierung des für die Berufsausübung notwendigen Erfahrungs- und Informationsaustauschs, Stellenmarkt, eigener Rechtsschutz, Rabatte, Sonderkonditionen bei Autoherstellern, Hotelketten, Bürotechnik- und Telekommunikationsanbietern) sprächen nachvollziehbar für ein eigenes Interesse des Arbeitnehmers an der von der Klägerin finanzierten Mitgliedschaft. Auch wenn durch die Mitgliedschaft die Zahl der Mandate erhöht, der Bezug kostenloser, für die Tätigkeit notwendige Zeitschriften ermöglicht und Fortbildungskosten reduziert worden seien, habe das FG zu dem Schluss kommen können, dass das Interesse an der Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein nicht völlig in den Hintergrund getreten sei.

3. Der BFH vergleicht sodann den vorliegenden Streitfall mit seinen Entscheidungen zur Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwältin und der Beiträge zu den Berufskammern der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater (s.o.) und beurteilt das eigenbetriebliche Interesse der Arbeitgeber in jenen Fällen als jeweils noch stärker ausgeprägt als hier, sodass die Übernahme der Beiträge zum Anwaltverein erst recht Arbeitslohn sein könne.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.02.2009 – VI R 32/08

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