Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.12.1997; Aktenzeichen II R 27/97)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte aus dem Erwerbsvorgang vom 19. August 1993 hinsichtlich der Abtretung von Rückübertragungsansprüchen nach dem Vermögensgesetz zurecht Grunderwerbsteuer festgesetzt hat.

Mit notariellem Vertrag vom … 1993 (URNr. …) der Notarin A in A-Stadt kauften der Kläger und seine Ehefrau vom Veräußerer Herrn B dessen Rückübertragungsansprüche gemäß § 3 Abs. 1 Vermögensgesetz (VermG) für 55.000 DM. Unter II der o.g. Urkunde trat Herr B sämtliche Rückübertragungsansprüche gemäß § 3 VermG einschließlich des Anspruchs auf Rückübertragung des Eigentums und Durchführung der Grundbuchberichtigung gemäß § 34 VermG an die Eheleute BB als Abtretungsempfänger ab.

Der Beklagte setzte aus diesem Erwerbsvorgang mit Grunderwerbsteuerbescheid vom 28.11.1994 gemäß § 1 Abs.1 Nr. 5 GrEStG gegen den Kläger Grunderwerbsteuer in Höhe von 550 DM aus einer Gegenleistung von 55.000 DM fest, wobei der Anteil des Klägers 50 % betrug.

Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

Mit seiner Klage vom 18.06.1996 will der Kläger erreichen, daß die Grunderwerbsteuerfestsetzung aufgehoben wird. Zur Begründung führt er aus:

Die Übertragung eines Restitutionsanspruches an sich berechtige noch nicht zum Erwerb eines Grundstücks. Erst durch die Entscheidung des Vermögensamtes erfolge die Konkretisierung des übertragenen Rechts. Die Übertragung des Restitutionsanspruches beinhalte noch keinen Übereignungsanspruch, was § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG verlange. Ein Anspruch auf Übertragung des Eigentums werde erst durch die Entscheidung nach § 34 Abs. 1 VermG begründet. Außerdem wäre der Befreiungstatbestand des § 34 Abs. 3 VermG erfüllt.

Der Kläger beantragt,

den Grunderwerbsteuerbescheid vom 28.11.1994 aufzuheben. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er begründet seinen Antrag wie folgt:

Der Erwerb des Anspruchs auf Rückübertragung des Grundstücks sei ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang im Sinn des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sei auch ohne Entscheidung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen ein Recht abgetreten worden, das einen Übereignungsanspruch begründe, der auch hinreichend konkretisiert sei. Diese Entscheidung habe aber Bedeutung für die Entstehung der Steuerschuld, weil die Abtretung unter der aufschiebenden Bedingung eines bestandskräftigen Bescheides über die Rückgabe des Grundbesitzes erfolgt sei. Steuerfreiheit gemäß § 34 Abs. 3 Vermögensgesetz sei nicht gegeben, weil es sich bei dem Vorgang nicht um eine Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz, sondern um eine Abtretung von Herrn B auf den Kläger handele.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Grunderwerbsteuerpflicht ergibt sich nicht aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, sondern aus § 1Abs. 1 Nr. 5 GrEStG.

Der Kläger hat weder einen Kaufvertrag noch ein anderes Rechtsgeschäft abgeschlossen, das den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet. Anders als im Fall des BFH (Urteil vom 8.November 1995 II R 93/94, BStBl II 1996, 27f) hat der Kläger kein Grundstück gekauft, sondern lediglich die Rückübertragungsansprüche gemäß § 3 Abs. 1 VermG erworben.

Hinsichtlich der vereinbarten Abtretung der Rückübertragungsansprüche ist der Vertrag grunderwerbsteuerpflichtig gemäß § 1 Abs.1 Nr. 5 GrEStG.

Die positive Entscheidung des Vermögensamtes gem. § 34 Abs.1 VermG führt zu einer Änderung in der eigentumsrechtlichen Zuordnung und damit zu einer Übereignung i.S. des § 1 GrEStG.

§ 1 Abs.1 Nr. 5 GrEStG verlangt nicht, daß der abgetretene Übereignungsanspruch durch Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft begründet worden ist und auf eine Übereignung gem. §§ 873, 925 BGB gerichtet ist. Vielmehr schließt der Anspruch auf Übereignung begrifflich den gesetzlich begründeten Anspruch auf Eigentumsübertragung ein. In den §§ 873, 925 BGB hat nämlich der Gesetzgeber – ebenso wie bei § 34 VermG – den Begriff der „Übertragung” verwandt.

Dieser am Wortlaut orientierten Auslegung steht die Gesetzessystematik nicht entgegen. Ihr ist insbesondere kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß § 1 Abs.1 Nr. 5 GrEStG nur rechtsgeschäftlich begründete Übereignungsansprüche i.S. des § 1 Abs.1 Nr. 1 GrEStG erfaßt. Vielmehr läßt sich aus dem Umstand, daß der Gesetzgeber in § 1 Abs.1 Nr. 5 GrEStG nicht – wie bei § 1 Abs.1 Nr. 1 GrEStG – verlangt, daß der Anspruch durch ein Rechtsgeschäft begründet wurde, darauf schließen, daß § 1 Abs.1 Nr. 5 GrEStG auch den gesetzlichen Übereignungsanspruch erfaßt.

Es besteht schließlich auch kein sachlicher Grund dafür, die Abtretung eines gem. §§ 873, 925 BGB auf Eigentumsübertragung gerichteten Anspruchs anders zu behandeln als die Abtretung eines Anspruchs, der gem. § 34 VermG auf das gleiche Ziel gerichtet ist. Den Gesetzesmaterialen läßt sich eine den Wortlaut eingrenzende Interpret...

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