OFD Niedersachsen, Verfügung v. 18.11.2014, S 7100 - 435 - St 172

Ein Termingeschäft ist ein Vertrag über die Lieferung oder Abnahme von Waren (Warentermingeschäft, Terminkontrakt etc.), der erst zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt wird. Der dann zu entrichtende Gegenwert wird entweder bereits bei Vertragsabschluss vereinbart oder bestimmt sich aufgrund der börsenmäßig festgestellten Kurse. Terminmärkte enthalten ein ausgeprägtes spekulatives Element, weil die Verkäufer im Zeitablauf fallende Preise erwarten, die Käufer dagegen mit steigenden Preisen rechnen.

 

1. Allgemeines zu Forwards und Futures

Forwards und Futures sind unbedingte Termingeschäfte, die rechtlich bindend vereinbart werden und in welchen sich die Vertragsparteien verpflichten, zu einem bestimmten, zukünftigen Termin eine bestimmte Art und Menge eines Gutes zu kaufen oder zu verkaufen, wobei der Preis entweder bereits bei Vertragsabschluss vereinbart wird oder sich aufgrund des börsenmäßig festgestellten Kurses für die Ware im Erfüllungszeitpunkt bestimmt. Forwards werden außerbörslich (Over-The-Counter = OTC) gehandelt und haben Termingeschäfte über Waren verschiedener Art zum Gegenstand, während Futures in einem hoch standardisierten Verfahren an der Börse gehandelt werden, sich aber sonst nicht von den Forwards unterscheiden.

Die Vertragsparteien können den geschlossenen Forward oder Future ihrerseits mit allen Rechten und Pflichten an einen anderen Marktteilnehmer verkaufen und erhalten hierfür einen Preis, der sich aus der Marktlage im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses ergibt und somit nicht notwendig mit dem Preis identisch ist, zu dem die Ware später einmal geliefert oder abgenommen werden muss. In der Folge werden die Forwards und Futures bis zum Erfüllungsstichtag häufig mehrfach umgesetzt.

In der Praxis sind Verträge über Warentermingeschäfte nur ausnahmsweise auf eine (physische) Lieferung der Ware ausgerichtet. Zu einer Warenlieferung in Erfüllung des ursprünglichen Warentermingeschäfts kommt es nur in etwa 5 % der Fälle. Den Marktteilnehmern geht es vielmehr in erster Linie um die Erzielung von (Kurs-)Gewinnen und gelegentlich auch um die Absicherung von Marktrisiken. Um die nicht gewollte Warenlieferung zu verhindern, bemühen sich die Marktteilnehmer, bis zum Erfüllungszeitpunkt genau gegenläufige Futures oder Forwards zu erwerben, sodass gegenseitige Lieferansprüche bzw. Abnahmeverpflichtungen entstehen, die sich aufheben bzw. „neutralisieren” (sog. Glattstellung). In diesem Fall wird dann lediglich die Differenz der in den gegenläufigen Futures oder Forwards vereinbarten Preise zwischen den beiden Vertragspartnern ausgezahlt. Ist eine Glattstellung nicht möglich, bemühen sich die Kontrahenten häufig um eine förmliche Aufhebung des zugrunde liegenden Warentermingeschäfts, wobei eine u.U. entstandene Differenz zwischen Marktpreis und Kaufpreis ebenfalls ausgeglichen wird.

Im Ergebnis zielen Futures und Forwards darauf ab, durch zwei gegenläufige Geschäfte eine Gelddifferenz zu bestimmen, die der „Verlierer” des Geschäfts an den „Gewinner” zu bezahlen hat. In § 764 BGB a.F. waren diese Differenzgeschäfte dementsprechend ursprünglich als Spiel gewertet worden, durch das keine wirksamen Forderungen entstehen konnten. Diese Vorschrift wurde zwischenzeitlich jedoch aus Gründen des Anlegerschutzes zum 1.7.2002 gestrichen.

 

2. Umsatzsteuerliche Behandlung

 

2.1. Future-Kontrakte

Der Handel mit Futures beinhaltet weder einen Anschaffungs- oder Veräußerungsvorgang noch eine sonstige Leistung. Den Teilnehmern wird vielmehr nur zu „Spieleinnahmen” verholfen, die als Differenzgeschäfte zu behandeln sind und nicht Gegenstand eines Leistungsaustausches sein können. Zu einem Leistungsaustausch kommt es grundsätzlich erst, wenn und soweit die Ware bei Fälligkeit tatsächlich geliefert wird (BMF-Schreiben vom 19.12.1989, IV A 3 – S 7160 – 55/89, vom 10.4.2000, IV D 2 – S 7160c – 1/00, und vom 2.2.2005, IV A 5 – S 7100 – 16/05). Soweit im Zusammenhang mit dem Ausüben eines Future-Kontraktes förmliche Erklärungen (sog. Short Future und Long Future) gegenüber einer zwischengeschalteten Clearingstelle zum erstmaligen Entstehen echter Liefer- bzw. Abnahmeverpflichtungen führen, kann der Verkauf des Futures ab diesem Zeitpunkt ausnahmsweise einen steuerbaren Umsatz darstellen.

Beispiel 1 (für die Ausnahme):

Im Handel mit der Warenterminbörse (WTB) für den Agrarhandel in Hannover ist auf der einen Seite immer die WTB-Clearing-Bank (WTC) Vertragspartner der Future-Kontrakte. Sie garantiert die Erfüllung der Kontrakte.

Lieferorte sind im Voraus bestimmte Lagerhäuser, mit denen feste vertragliche Beziehungen seitens der WTB bestehen. Das autorisierte Lagerhaus stellt Lagerscheine aus, die ihrem Inhalt nach standardisiert sind. Diese Lagerscheine sind Wertpapiere, die ihrerseits gehandelt werden können.

Die Ausübung eines Future-Kontraktes geschieht in folgender Weise:

Zu einem festgelegten Zeitpunkt, etwa 20 Tage vor dem Liefertermin, werden die Inhaber von Future-Ko...

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