Sachverhalt

Bei dem Verfahren ging es um Fragen zur Auslegung der Steuerbefreiungsvorschriften in Artikel 15 Nrn. 4 und 8 der 6. EG-Richtlinie. Klägerin war ein griechisches Unternehmen, das ein Tankschiff betrieb, mit dem es Transporte von Kraftstoffen (Bunkeröle) zur Versorgung von Schiffen durchführte. Die Transporte wurden nicht in unmittelbarem Auftrag der Schiffseigner erbracht, sondern im Auftrag von einem dritten Unternehmen, das selbst - im Auftrag der Schiffseigner - die Bebunkerung der Schiffe vornahm.

Nach Artikel 15 Nr. 4 Buchst. a der Richtlinie befreien die Mitgliedstaaten - unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der Steuerbefreiung sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen - Lieferungen von Gegenständen zur Versorgung von Schiffen, die auf hoher See im entgeltlichen Passagierverkehr, zur Ausübung einer Handelstätigkeit, für gewerbliche Zwecke oder zur Fischerei eingesetzt sind. Nach Artikel 15 Nr. 5 der Richtlinie sind insbesondere auch Lieferungen, Umbauten, Instandsetzungen, Wartungen, Vercharterungen und Vermietungen der in Artikel 15 Nr. 4 Buchst. a und b bezeichneten Seeschiffe sowie Lieferungen, Vermietungen, Instandsetzungen und Wartungen der in diesen Schiffen eingebauten Gegenstände steuerbefreit. Nach Artikel 15 Nr. 8 der 6. EG-Richtlinie gilt die Steuerbefreiung schließlich auch für andere Dienstleistungen als die nach Artikel 15 Nr. 5 der Richtlinie, die für den unmittelbaren Bedarf der dort bezeichneten Seeschiffe und ihrer Ladungen bestimmt sind.

Fraglich in dem Verfahren war zum einen, ob sich in Artikel 15 Nr. 4 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie das Kriterium des Einsatzes der Schiffe auf hoher See auf alle in der Vorschrift genannten Zweckbestimmungen bezieht (also ob z.B. auch Schiffe zur Ausübung einer Handelstätigkeit auf hoher See eingesetzt sein müssen). Weiter hatte der EuGH darüber zu befinden, ob die Steuerbefreiung nach Artikel 15 Nr. 8 voraussetzt, dass die fragliche Dienstleistung unmittelbar gegenüber dem Betreiber (Reeder) eines Hochseeschiffes erbracht wird, oder ob die Leistung auch gegenüber einem Dritten erbracht werden kann, wenn sie nur letztlich für den unmittelbarem Bedarf des Schiffes bestimmt ist.

 

Entscheidung

Zur ersten Frage hat der EuGH - zutreffend - im Sinne einer engen Auslegung entschieden, dass das Kriterium des Einsatzes des Schiffes auf hoher See nicht nur für Schiffe im entgeltlichen Passagierverkehr gilt, sondern auch für Schiffe, die zur Ausübung einer Handelstätigkeit, für gewerbliche Zwecke oder zur Fischerei eingesetzt sind. Damit kommt eine Vorstufenbefreiung nicht für Umsätze zur Versorgung von Binnenhandelsschiffen oder Binnenschiffen in der Fischerei in Betracht. Alle in Artikel 15 Nr. 4 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie aufgeführten Nutzungsarten setzen voraus, dass die Schiffe auf hoher See eingesetzt werden.

Das deutsche Recht steht mit dieser Entscheidung m.E. in Einklang. Für die Steuerbefreiung nach § 8 Abs. 1 UStG reicht es nicht aus, wenn das Wasserfahrzeug objektiv zum Erwerb durch die Seeschifffahrt zu dienen bestimmt ist, es muss auch tatsächlich für diese Zwecke eingesetzt werden, bzw. es muss die Absicht bestehen, dass es tatsächlich für diese Zwecke eingesetzt wird (vgl. Abschnitt 145 Abs. 3 Satz 5 UStR). Diese im Vergleich zum Gesetzeswortlaut strengere Sicht ist gemessen an den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen, wo auf die tatsächliche Verwendung der begünstigten Schiffe abgestellt wird (Artikel 15 Nr. 4 Buchst. a und b der 6. EG-Richtlinie) sachgerecht.

Die zweite Frage, ob die Steuerbefreiung nach Artikel 15 Nr. 8 der 6. EG-Richtlinie nur für Umsätze unmittelbar an die Schiffsreeder gilt, hat der EuGH ganz klar bejaht. Er hat damit seine frühere zu Lieferungen ergangene Entscheidung - EuGH, Urteil v. 26.6.1990, C-185/89 (Velker International Oil Company) - bestätigt. In dieser Sache hatte der EuGH ausgehend von dem Grundsatz, dass die Steuerbefreiung für die Versorgungsleistungen in der Seeschifffahrt der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen gleichgestellt ist, entschieden, dass Artikel 15 Nr. 4 der 6. EG-Richtlinie nur für Lieferungen von Gegenständen an einen Betreiber von Schiffen gelten kann, der diese Gegenstände zur Versorgung der Schiffe verwendet. Die Steuerbefreiung kann sich deshalb nicht auf Lieferungen dieser Gegenstände erstrecken, die auf einer vorhergehenden Handelsstufe bewirkt werden. Allerdings ist es nicht erforderlich, dass die Verbringung der Gegenstände an Bord des Schiffes tatsächlich mit ihrer Lieferung an den Schiffsbetreiber zusammenfällt, so dass die Lagerung der Gegenstände nach ihrer Lieferung und vor dem tatsächlichen Versorgungsvorgang nicht zum Verlust der Steuerbefreiung führt.

Gleiches gilt nach der jetzigen Entscheidung für Dienstleistungen nach Artikel 15 Nr. 8 der 6. EG-Richtlinie. Die Befreiung gilt nur für Dienstleistungen, die die dem Reeder unmittelbar erbracht werden. Sie gi...

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