Sachverhalt

Bei dem Verfahren ging es um die Auslegung der Steuerbefreiung des Art. 15 Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie (ab 1.1.2007 Art. 148 Buchst. c MwStSystRL). Danach befreien die Mitgliedstaaten u.a. Vercharterungen und Vermietungen von Seeschiffen, die auf hoher See im entgeltlichen Passagierverkehr, zur Ausübung einer Handelstätigkeit, für gewerbliche Zwecke oder zur Fischerei eingesetzt sind.

Die Klägerin erbrachte Leistungen in Form der Bereitstellung eines Hochseeschiffes einschließlich dessen Besatzung. Das Schiff wurde von den jeweiligen Leistungsempfängern zu Vergnügungszwecken genutzt. Die Leistungen wurden von der Vorinstanz in der Weise beurteilt, dass eine Hauptleistung in Form der Vermietung des Schiffes und eine Nebenleistung in Form der Beförderung vorlagen. Im Ausgangsverfahren war umstritten, ob unter diesen Umständen der Tatbestand der Steuerbefreiung des Art. 15 Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie erfüllt war. Die luxemburgische Steuerverwaltung war der Auffassung, die Steuerbefreiung sei nicht anzuwenden, da das vermietete Schiff kein Handelsschiff, sondern eine Yacht sei.

 

Entscheidung

Der EuGH hat entschieden, dass die Steuerbefreiung voraussetzt, dass der Mieter das Schiff zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet. Wird das Schiff - wie im Ausgangsverfahren - an Personen vermietet, die es außerhalb jeglicher wirtschaftlicher Tätigkeit ausschließlich zu Vergnügungs- und nicht zu Gewinnzwecken nutzen, erfüllt die Vermietungsleistung nicht die in Art. 15 Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie enthaltenen Voraussetzungen der Steuerbefreiung. Zudem verweist der EuGH - dies kommt selten vor - auf die Begründung des Vorschlags der EU-Kommission v. 29.6.1973 für eine 6. EG-Richtlinie. Daraus ergebe sich, dass Vergnügungsschiffe von der in Art. 15 Nr. 5 der Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung ausgenommen und dass Dienstleistungen für den Endverbrauch, die mit diesen Schiffen zusammenhängen, steuerpflichtig sind.

Das EuGH-Urteil bestätigt die deutsche Rechtslage. Artikel 15 Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Artikel 148 Buchst. c MwStSystRL) wurde durch § 4 Nr. 2 i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG in nationales Recht umgesetzt. Danach sind folgende (Vor-)Umsätze für die Seeschifffahrt umsatzsteuerfrei: "die Lieferungen, Umbauten, Instandsetzungen, Wartungen, Vercharterungen und Vermietungen von Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, die dem Erwerb durch die Seeschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger zu dienen bestimmt sind (aus Positionen 8901 und 8902 00, aus Unterposition 8903 92 10, aus Position 8904 00 und aus Unterposition 8906 90 10 des Zolltarifs)".

Bei den begünstigten Wasserfahrzeugen muss es sich um solche handeln, die nach ihrer Bauart dem Erwerb durch die Seeschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger zu dienen bestimmt sind. Maßgebend ist die zolltarifliche Einordnung (vgl. BFH v. 20.02.1990, VIII R 172/84, BStBl II 1990, 760 und BFH v. 13.02.1992, V R 141/90, BStBl II 1992, 576). Zu den Wasserfahrzeugen gehören insbesondere Seeschiffe der Handelsschifffahrt. Zu den nicht begünstigten Wasserfahrzeugen gehören Wassersportfahrzeuge, insbesondere Hochseeyachten (BFH v. 13.02.1992, V R 141/90, BStBl II 1992, 576). Hochseeyachten erfüllen nicht die Voraussetzungen der begünstigten Wasserfahrzeuge, weil sie nicht auf hoher See im entgeltlichen Passagierverkehr zur Ausübung einer Handelstätigkeit für gewerbliche Zwecke oder zur Fischerei eingesetzt sind.

Die MwStSystRL sieht zwar in ihrem Artikel 148 Buchst. c keine zollrechtliche Abgrenzung der begünstigten Wasserfahrzeuge vor. Dieser im nationalen Recht vorgenommene Bezug dient der einfachen und korrekten Anwendung der Steuerbefreiung und ist somit eine Maßnahme im Sinne von Artikel 131 MwStSystRL.

Die zolltariflich abzugrenzenden Wasserfahrzeuge für die Seeschifffahrt müssen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG dem Erwerb durch die Seeschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger zu dienen bestimmt sein. Nach Abschn. 8.1 Abs. 2 UStAE bedeutet dies, dass die nach ihrer Bauart begünstigten Wasserfahrzeuge auch tatsächlich ausschließlich oder überwiegend in der Erwerbsschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger eingesetzt werden sollen.

 

Hinweis

Der Begriff "Erwerb durch die Seeschifffahrt" ist im Umsatzsteuerrecht nicht definiert. Er hat seinen Ursprung im Seehandelsrecht (BFH v. 13.02.1992, V R 140/90, BStBl II 1992, 573; BFH v. 13.02.1992, V R 141/90, BStBl II 1992, 576). Im Seehandelsrecht wird zwischen unmittelbarem und mittelbarem Erwerb durch die Seeschifffahrt unterschieden. Ein unmittelbarer Erwerb durch die Seeschifffahrt liegt danach vor, wenn das Schiff Personen oder Güter gegen Entgelt über See befördert oder dort seiner Bestimmung nach Schlepper- oder Bugsierdienste leistet. Es genügt auch ein mittelbarer Erwerb, d. h. ein Erwerb, der erst durch die Seefahrt ermöglicht wird, wie z. B. Hochseefischerei, Walfang, Bergung und Hilfe-Leistung in Seenot, gewerblicher Lotsendienst mit Lotsenschiffen auf See und Ähnliches (vgl. BFH v. 13.02.1992, V R 1...

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